Porträt

laut.de-Biographie

The Stooges

Die wenn nicht bekannteste, so doch verruchteste Rockband aus Detroit, möglicherweise sogar die größte und mit Sicherheit die dreckigste aller Zeiten wird im Jahr 1967 von Iggy Pop gegründet. Mit den Asheton-Brüdern Ron (Gitarre), Scott (Schlagzeug), dem Bassisten Dave Alexander und eben Iggy als Sänger und Hauptsongwriter geben die Stooges an Halloween 1967 ihr erstes Konzert an der Universität von Michigan. 1968 folgen zahlreiche weitere Konzerte.

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Bald ist die Band für ihre sehr eigenen und individuellen Auftritte bekannt und berüchtigt. Ein wilder, brutaler und dilettantischer Sound, der mit dem selbstzerstörerischen Charme einfacher, aber gefürchteter Burschen aus der Arbeiterklasse daherkommt. Iggy stürzt sich bei seinen Gigs auch ins Publikum, was damals noch für ordentliches Aufsehen sorgt. Zumindest gilt er heute als einer der Miterfinder des Stagediving. Manchmal geht er sogar so weit und ritzt sich mit Glasscherben blutige Wunden in die nackte Brust, wovon er heute noch Narben davon trägt. Auch mit Erdnussbutter und Rinderhackfleisch hat er sich schon vor aller Augen beschmiert und diese anschließend ins Publikum geschmissen. Raw Power!

Die groteske Bühnenperformance Iggys findet (leider) auch mehr öffentliche Beachtung als die musikalischen Fähigkeiten der Stooges. Dass sie 1968 trotzdem einen Major-Deal bekommen kann nur als glückliche Fügung gesehen werden, denn ein A&R von Elektra ist eines Abends im Publikum, als sie in Detroit für die MC5 im Vorprogramm spielen.

1969 erscheint ihr erstes Album "The Stooges", das Ex-Velvet Underground-Mann John Cale produziert. Es enthält Szenehits wie "I Wanna Be Your Dog" und "1969", die ihren Erfolg aber erst viel später einfahren. So folgen die harten Jungs weiter ihrem Ruf der "bösen Junkies". Auch ihr zweites Album "Fun House" (1970) erfährt zunächst kaum Anerkennung. Dave Alexander verlässt schließlich die Band (er stirbt 1975) und Ron Asheton übernimmt den Part des Bassisten, während der neue Gitarrist James Williamson zu ihnen stößt.

1972 trifft Iggy Pop auf David Bowie, und dieser beschließt, Iggy und die Stooges endlich auch zu Plattenstars zu machen. Er verschafft ihnen einen neuen Vertrag mit Columbia und produziert ihr drittes Album "Raw Power" (1973). Doch auch diese Scheibe beschert der Band keinen kommerziellen Erfolg. Einige Kritiker sehen die Ursache ausgerechnet in Bowies Produktion, doch eigentlich fußt der legendäre Ruf der Stooges ohnehin auf ihren wilden Live-Konzerten. 1974 lösen sich die Stooges schließlich reichlich desillusioniert und mental völlig am Ende auf.

Mit dem zu jener Zeit schwer kokainsüchtigen Bowie plant Iggy einen Ortswechsel in Richtung Europa, um dort vom weißen Pulver wegzukommen. Dass sie sich für den Entzug gerade die damalige Welt-Heroin-Hauptstadt Berlin aussuchen, erweist sich schon bald als Schuss in die Vene: beide fangen an zu fixen. Irgendwie schaffen sie es am Ende aber doch und Bowie unterstützt Iggy bei seiner weiteren Karriere, indem er seine ersten beiden Soloalben produziert.

Ron Asheton gründet derweil mit Ex-Stooges-Keyboarder Scott Thurston und Ex-MC5-Drummer Dennis Thompson die Band The New Order, die jedoch nichts mit der späteren Manchester-Formation zu tun hat. The New Order veröffentlichen nur ein Album. James Williamson beteiligt sich derweil weiter an zahlreichen Konzerten von Iggy Pop. In den 80er und 90er Jahren stehen die Stooges zwar durchweg im Schatten von Iggy Pops Solokariere, doch Bands wie Monster Magnet, Soundgarden und nicht zuletzt Nirvana halten die Fahne für die Psychedelic Punkrocker weiter hoch. 2003 kommt es schließlich zur lange für unmöglich gehaltenen Live-Reunion der Urmitglieder. Iggy, die Asheton-Brüder und "Fun House"-Tenor-Saxophonist Steve Mackay spielen zunächst in ihrem Heimatland und bestätigen im Sommer 2004 auch einige Club- und Festival-Gigs in Europa.

Auf Tour versteht man sich dann derart gut, dass sogar das alte Tabuthema Comeback-Album angesprochen wird. Schon Ende der 90er fragte Asheton bei Iggy an, der diese Idee aber wenig erbaulich fand. Als sich die alten Freunde aber im Oktober 2006 bei Neuzeit-Produzentengenie Steve Albini (Pixies, Nirvana, Mclusky, Jon Spencer) in dessen Chicagoer Studio einfinden, sprühen alle nur so vor Tatendrang. Natürlich vor allem Albini selbst, der berechtigte Sorgen hegte: "Ich wollte natürlich unter keinen Umständen der Typ sein, der die Stooges-Platte versaut", gesteht er anschließend im Interview mit dem "Uncut"-Magazin. Am Ende der Sessions sind 15 neue Songs im Kasten, von denen zwölf auf das Comeback-Album "The Weirdness" gelangen.

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Den Platz des Ur-Bassers Dave Alexander nimmt in der neuen Besetzung Minutemen-Mann Mike Watt ein, der schon 2002 bei der Allstarband A Tribute To The Stooges als singender Bassist mit J. Mascis und den Asheton-Brüdern auf die Bühnenbretter stieg. Auch Steve Mackay ist wieder dabei. Als Gast besuchte Brendan Benson von den Raconteurs die Jungs im Studio, um sie auf dem Song "Free And Freaky" gesanglich zu begleiten. So sehr das nun nach Friede, Freude, Eierkuchen klingt, Iggy macht keinen Hehl daraus, dass die Zusammenarbeit mit den Ashetons auch im Alter nicht immer von Harmonie begleitet ist: "Manchmal ist es aufregend und manchmal ziemlich beängstigend, aber das macht mir nichts aus. Ich kenne diese Typen schon sehr lange und wahrscheinlich besser als irgendjemand anderen."

Auch Neu-Basser Watt klingt nicht vollkommen entspannt: "Ein großer Teil meiner Ausbildung bei den Stooges dreht sich darum, zu lernen, mich zu beherrschen. Das ist manchmal wirklich die Hölle, aber ich lerne schon viel dazu." Mit seinem Privatleben ist Iggy dagegen ausnehmend zufrieden, wie er der "New York Daily News" mitteilt: "Zum ersten Mal habe ich alles, was ich immer wollte: Coole Autos, heißen Sex, eine gute Band, die die Leute wirklich mögen, ordentliche Gigs. Und ich wache nicht auf und fühle mich krank". Das Comeback-Album "The Weirdness" erscheint im März 2007 und ist das erste Studioalbum der Band seit dem von David Bowie produzierten Werk "Raw Power" (1973). Den hohen Erwartungen halten die neuen Songs trotz Produzent Steve Albini jedoch nicht Stand - zu großartig sind die Meisterleistungen von einst.

Rückblickend ist leider festzustellen, dass die Reunion gerade noch rechtzeitig über die Bühne ging. Am 6. Januar 2009 wird Stooges-Gründungsmitglied Ron Asheton tot in seinem Haus in Ann Arbor, Michigan aufgefunden. Iggy Pop und Kollegen sind über den Verlust des Freundes schockiert. In einem gemeinsamen Nachruf ehren sie den Mann als "großartigen und unersetzbaren Freund, Bruder, Musiker und Kamerad. Alle, die ihn auch jenseits seiner Fassade als Mr. Cool kannten, wissen, dass er ein warmherziger und aufrichtiger Mensch war, der immer an die guten Absichten der Menschen geglaubt hat - auch dann, wenn dies nicht der Fall war."

Ron Ashetons Tod bedeutet jedoch nicht das Ende der Band. Im Gedenken an den Gitarristen ("His spirit lives on", Pop) zieht man 2010 erneut in den außerordentlichen Bühnenkampf, 2013 folgt das 'zweite' Stooges-Comebackalbum "Ready To Die". Es ist das letzte Werk für Rons Bruder Scott Asheton und Steve Mackay. Der Drummer stirbt im März 2014, der Saxofonist im Oktober 2015.

Ihr musikalisches und popkulturelles Erbe wird 2016 im Film "Gimme Danger" festgehalten. Langzeit-Fan Jim Jarmusch ("Ghost Dog", "Coffee And Cigarettes") kümmert sich um Regie und Drehbuch. Obwohl er auch Interviews mit den Asheton-Brüdern aus den Archiven zaubert, zeigt der Film doch in erster Linie die Geschichte der Stooges, wie sie das einzige noch lebende Bandmitglied Iggy Pop erinnert. Im September 2017 erscheint der Film auf DVD und Blu-ray.

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2017 Gimme Danger

Kritik von Michael Schuh

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Surftipps

  • Iggy & The Stooges

    Aktuell.

    https://www.facebook.com/iggyandthestooges
  • Iggy Pop

    Die Frontsau solo.

    http://www.iggypop.com/
  • Mike Watt

    Der Stooges-Basser führt Blog.

    http://www.hootpage.com/

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