Porträt

laut.de-Biographie

New Order

Neue Ordnung. Genau das ist es, was die Band aus Manchester Anfang der 80er Jahre, aber auch nach der Reunion im Jahr 2000 auszeichnet: der Drang, die Dinge neu zueinander in Beziehung zu setzen und dabei alte, lieb gewonnene Konventionen immer wieder in Frage zu stellen. So gelten New Order mit ihrer Mischung aus Dancefloor inspirierten Synthieklängen und traditionellem, britisch-unterkühltem Indiesound als einzigartige Grenzgänger irgendwo zwischen tiefem Underground und luftigem Pophimmel.

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Erstaunlich, denn die Anfänge der Band stehen unter keinem guten Stern. Gitarrist Bernard Sumner, Bassist Peter Hook und Schlagzeuger Stephen Morris sind mit ihrem Sänger Ian Curtis gerade dabei, unter dem Namen Joy Division die Musikgeschichte zu verändern, als sich Curtis im Mai 1980 erhängt. Anschließend löst sich die Band erst mal auf, um Ende 1980 mit Sumner als neuem Sänger und Morris' Partnerin Gillian Gilbert am Synthesizer als New Order wieder aufzutauchen. Fungiert der neu formierte Vierer auf der 1981 veröffentlichten Debüt-LP "Movement" noch als Konkursverwalter der musikalischen Vergangenheit, so beginnen New Order schon kurz darauf, ein eigenständiges Profil aufzubauen und emanzipieren sich als Band von Joy Division.

Mit dem Song "Temptation" von 1982 gelingt ein erster Clubhit, der andeutet, was die Zukunft bringen würde: Indiesongs im cluborientierten Synthiegewand, die Synthese von Kopf und Beinen. Mit dem visionären Maxi-Ungetüm "Blue Monday", einer Mixtur aus monotonem Wave-Rock und elektronischen Sounds, schaffen New Order 1983 den Durchbruch nach ganz oben. Nur im Maxi-Format veröffentlicht, ist der Song bald die bestverkaufte 12" aller Zeiten, die bis heute bei Techno-Clubabenden mühelos für einen vollen Dancefloor sorgt.

1982 eröffnet die Band außerdem gemeinsam mit dem 2007 verstorbenen Factory-Labelboss Tony Wilson den Club Hacienda in Manchester, der in den Folgejahren das Nachtleben der Stadt und bald des gesamten Königreichs nachhaltig verändern sollte. Laurent Garnier startete dort seine Karriere und 1985 wirbelte eine gewisse Madonna über die Hacienda-Bühne. Die House- und Rave-Bewegung hatte hier ihren Ursprung.

Die nächsten Album-Schläge "Low-Life" und "Brotherhood" folgen 1985 und 1986, und werfen wieder Hit-Singles ab: "Bizarre Love Triangle", "Sub-Culture" und "The Perfect Kiss". Alle drei finden sich auch auf der Doppel-Compilation "Substance" (1987) als 12"-Versionen ein. Natürlich darf da der Ober-Hit "True Faith" nicht fehlen, mit dem die Band weltweit die Charts hinauf klettert. Als sich 1988/89 ganz England im Acid-House-Fieber austobt, erinnern sich viele Musikerkollegen plötzlich wieder an die synthetischen Pioniertaten von New Order und feiern die Band als Wegbereiter der neuen House-Musik.

New Order fühlen sich geehrt und lassen ihrerseits auf dem Folgealbum "Technique" von 1989 den neuen Clubsound miteinfließen. Danach gönnt sich das Quartett eine Ruhepause und einzelne Mitglieder gehen Soloprojekten nach (Electronic, The Other Two, Revenge). Mit "World In Motion" spielen die begeisterten Fußball-Fans noch den englischen Titelsong für die WM 1990 in Italien ein und landen damit ironischerweise ihre bis heute einzige Nummer Eins-Single.

Drei Jahre darauf kehren New Order mit dem vergleichbar poppigen Werk "Republic" auf die Bildfläche zurück, können aber nicht an die großen Hits der späten 80er anknüpfen. Aus der einstmals eingeschworenen Bandeinheit entwickelten sich mit den Jahren streitlustige Querköpfe, die zu lange zu eng miteinander durch die Welt gondeln mussten. Aus psychischem Stress resultiert bald künstlerische Leere.

Kurz nach der Album-Veröffentlichung verbreiten sich Gerüchte, wonach Sumner und Hook seit längerem nicht mehr die engste Beziehung zueinander pflegten und der New Order-Sänger das "Republic"-Album beinahe im Alleingang aufgenommen habe. Zwangsläufig trennen sich die Wege der glorreichen Vier anschließend für ganze sieben Jahre. Bassist Hook begräbt sein Projekt Revenge und nimmt zwei Alben mit dem neuen Baby Monaco auf. Erst 1999 erscheint mit "Brutal" wieder ein New Order-Lebenszeichen auf dem Soundtrack zum Danny Boyle-Film "The Beach".

Im Jahr 2000 scheinen alte Animositäten dann endgültig beigelegt zu sein. New Order kündigen unter allgemeinem Jubel an, wieder Hand in Hand zusammen ins Studio gehen zu wollen. Das Comeback-Album "Get Ready" entschädigt ein Jahr später für die lange Wartezeit auf neues Studio-Material und ruft bei Kritikern und Hörern einhellig Lobeshymnen hervor. Das Plattencover ziert die deutsche Schauspielerin Nicolette Krebitz.

Da sich Keyboarderin Gillian Gilbert aufgrund ihrer kranken Tochter nicht vorstellen kann, auf Tournee zu gehen, darf Pumpkins-Chef und New Order-Fan Billy Corgan für wenige Promotion-Konzerte mit auf die Bühne, nachdem er schon am Song "Turn My Way" mitgearbeitet hatte. Auf der anschließenden Welt-Tournee übernimmt Sumners Electronic-Mitstreiter Phil Cunningham den Gitarristen-Part.

Nach einer längeren Pause erscheint 2005 das letzte Album in der bekannten Besetzung: "Waiting For The Siren's Call" kann mangels Hitsingles nicht an den Erfolg des Vorgängers anschließen. Im Mai 2007 verbreitet Peter Hook die Kunde, dass sich New Order schon nach dem letzten Konzert 2006 aufgelöst hätten: "Es ist sehr traurig und es ist schwer, damit fertig zu werden, aber so ist das Leben. Du erholst dich, du schüttelst es ab und du fängst von neuem an." Sumner und Morris bezeichnen die Aussage als Hooks persönliche Meinung und verkünden den Fortbestand der Gruppe mit dem neuen Basser Tom Chapman. Ein hässlicher Rosenkrieg in der Öffentlichkeit ist die Folge.

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Während Sumner mit Cunningham und Jake Evans als Bad Lieutenant Alben veröffentlicht, stellt Hook die Gruppe Freebass zusammen, die sich aber noch vor Veröffentlichung ihres Debütalbums 2010 trennt. Im selben Jahr gründet er mit Freunden The Light, ein Gedenkprojekt an Ian Curtis und Joy Division, deren Songs er live auf die Bühne bringt und schreibt Bücher ("How Not To Run A Club", "Unknown Pleasures"). Vor allem mit seinen Joy Division-Erinnerungen in Musik- und Buchform zerschneidet Hook das Tischtuch zwischen sich und seinen Ex-Kollegen.

"Lost Sirens", eine Outtakes-Sammlung der "Waiting For The Siren's Call"-Sessions, dient 2013 als Wegweiser in eine neue, auf den ersten Blick ungewohnte New Order-Ära. Mit "Music Complete" erscheint 2015 das ersten Hooky-freie Album der Engländer, in dem viele Kritiker das beste Werk seit "Technique" sehen.

Sumner macht für die Entwicklung vor allem Peter Hooks Ausstieg verantwortlich. "Letztendlich klingt unser neues Album auch deshalb so happy und uptempo, weil es keine Konkurrenzkämpfe mehr innerhalb der Band gibt und der Typ, der alle runter gezogen hat, die Band verlassen hat", erzählt er der Morgenpost. "New Order sind wieder eine Einheit." Hook steuert weiter dagegen und führt mit seinen The Light auch komplette New-Order-Alben live auf. Derweil streiten Anwälte hinter den Kulissen für beide Seiten um Anteile an der Marke New Order.

Nostalgieschübe erlauben sich aber auch New Order: So erinnert die Deluxe Edition von "Movement" 2019 an das ursprünglich erste New-Order-Album und enthält die übliche Anzahl an raren Songdemos. Im selben Jahr erscheint auch ein Mitschnitt ihrer fünf Auftritte in Manchester aus dem Jahr 2017. "(No,12k,Lg,17Mif) New Order + Liam Gillick" ist ein Doppelalbum voller Fan-Favoriten inklusive ausgewählter Joy-Division-Perlen, die die Band in den historischen Old Granada Studios einspielte. Auf jener Bühne hatten Sumner und Morris 1978 als Joy Division ihren ersten TV-Auftritt.

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