Porträt

laut.de-Biographie

Helmet

Helmet sind ein Meilenstein der Rockmusikszene von New York City. Irgendwo in der New Yorker Hardcore-Szene angesiedelt, hatten sich Helmet von Beginn an ihre eigene Nische eingerichtet, die später zahlreiche andere Bands beeinflussen sollte – nicht nur hinsichtlich musikalischer Einflüsse, sondern auch in Bezug auf Image und Auftreten.

Helmet: Knochen gebrochen Album verschoben
Helmet Knochen gebrochen Album verschoben
Sieben Jahre warten treue Helmet-Fans bereits ungeduldig auf ein neues musikalisches Lebenszeichen von Page Hamilton. Nun verlängert sich die Wartezeit um weitere drei Wochen: Der Meister hat sich das Schlüsselbein gebrochen.
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So hatten Helmet einerseits nie Skrupel, die brachialen Sounds des NYHC mit einer jazz-beeinflussten Rhythmik in Einklang zu bringen und dadurch untanzbar komplexe und zeitgleich mitreißend energiegeladene Songkreationen zu erschaffen. Andererseits verließen sie sich ausschließlich auf ihre Musik und deren Aussage und erlegten sich somit ein Image auf, welches keines war.

Auf eine Frage in einem Interview in der Zeitschrift "Visions" im Jahre 1995 antwortet Page Hamilton, Gründer, Songwriter, Sänger und Gitarrist der Band, trocken: "Muss ich wie ein Penner aussehen, nur weil ich harte Musik mache?" Die Konsequenz besteht in einer Bühnenpräsenz, deren Optik gerne mal den Eindruck vermittelt, es hätten sich ein paar High School-Kids auf die Bühne verirrt – oder vielleicht auch der schüchterne Typ von nebenan. Wäre da nur nicht dieser erschlagende, grooveorientierte Sound.

Eben jener hat tiefgreifende Ursprünge und wird von Page Hamilton kreiert, als dieser von seiner Heimat Portland/Oregon nach NYC zieht und nach seinem Abschluss des Studiums der Jazzgitarre den verzerrten Gitarrensound des Rock'n'Rolls für sich entdeckt. So sammelt er erste Erfahrungen mit seiner damaligen Truppe Band Of Susans und verarbeitet dort erstmals Einflüsse von Sonic Youth, Killing Joke oder Steve Albinis Big Black.

Zusammen mit dem langjährigen Freund Henry Bogdan am Bass, dem australischen Gitarristen Peter Mengede und dem klassisch ausgebildeten Schlagzeuger John Stanier, der als Urgestein der Hardcore-Szene Floridas gilt, werden 1989 Helmet geboren. Auf dem Underground Label Amphetamine Reptile erscheint im selben Jahr die erste Single "Born Annoying/Rumble", welche die New Yorker Szene ganz schön durcheinander wirbelt. Diese Mischung aus Noise, Metal, Hardcore und Jazz ist für die meisten Freunde der härteren Szene absolutes Neuland.

Als man sich 1991 mit dem NYHC-Mastermind Don Fury (u.a. Sick Of It All, Snapcase, Gorilla Biscuits) erneut ins Tonstudio zurück zieht, setzen sie den eingeschlagenen Kurs konsequent fortgesetzt mit dem Resultat des ersten Albums "Strap It On". Bereits zu diesem Zeitpunkt beginnt sich die Musikindustrie für die Band zu interessieren. Ein Jahr später kommt das Album über den US-Major Interscope erneut in die Läden.

Helmet - Left
Helmet Left
Drei Punkte dank ewiger Liebe.
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Mit Wharton Tiers (u.a. Unsane, Quicksand) und Steve Albini (Shellac, Nirvana, Bush, Neurosis) als Engineers halten Helmet im selben Jahr auch schon ihren zweiten Longplayer-Output für die Öffentlichkeit bereit: Was auf dem diesmal in Eigenregie produzierten und von Andy Wallace (u.a. Faith No More, Ben Folds Five) abgemischten Album "Meantime" zu hören ist, zeigt die musikalische Seite der Band auf ausgereiftem Niveau, mit verbessertem Sound und kompromissloser denn je. Entsprechend euphorisch sind die Reaktionen seitens Presse und Publikum. Trotz zweier Videos ("Unsung", "In The Meantime") bleibt der erhoffte Durchbruch aber aus.

Zwischen den Touren mit Faith No More und Ministry liefern Helmet ein weiteres musikalisches Experiment mit dem Beitrag zu dem "Judgement Night"-Sampler. Das Ergebnis mit den irischen Hip Hoppern House Of Pain trägt den Titel "Just Another Victim", wurde angeblich getrennt und mehr oder weniger ohne das Wissen des anderen aufgenommen und ist ein Renner in jeder Alternative-Disco. Page Hamilton distanziert sich jedoch seltsamerweise später von dem Projekt.

Vor dem dritten Album trennt sich die Band von Gitarrist Peter Mengede - nicht friedlich, wie seinerzeit zu lesen war. Peter Mengede gründet 1999 zusammen mit ehemaligen Mitgliedern von Quicksand und Murphy's Law die Band Handsome, die sich bereits nach einem Album für den Major Sony wieder auflöst. Ein Nachfolger für Mengede findet sich mit Rob Echeverria (Ex-Rest In Pieces), der 1994 auf dem Album "Betty" bereits zu hören ist. Das gemeinsam mit T-Ray (u.a. hed (PE), Snot) produzierte und erneut von Andy Wallace abgemischte Album zeigt Helmet von einer eingängigeren, aber auch vielfältigeren Seite. Einerseits weisen die Songs eine wesentlich melodischere Prägung auf, andererseits erhalten unverzerrte Jazz-Gitarren Einzug in den Sound von Helmet. Es folgen erneut Videos zu "Wilma's Rainbow", "Biscuits For Smut" und "Milquetoast", die Band erhält mehr Airplay als jemals zuvor.

Rob macht sich aber bald wieder in Richtung Biohazard davon und um die Zeit zum nächsten Album ein wenig zu verkürzen, erscheint '95 über Amphetamine Records "Born Annoying" mit diversen älteren, unveröffentlichten Songs und den gesammelten Singles der Band. Danach verstreicht eine lange Zeit, bevor das vierte reguläre Album erscheint. Page Hamilton beteiligt sich an dem Album "Zulutime" des deutschen Gitarrenvirtuosen Caspar Brötzmann (Einstürzende Neubauten). Helmet liefern in dieser Zeit zudem diverse Beiträge zu Soundtracks ("Johnny Mnemonic", "Feeling Minnesota", "The Jerk Boys") und Tribute-Samplern (Enconium - Led Zeppelin-Tribute). In diesem Zusammenhang ist auch der außergewöhnliche Sampler "Saturday Afternoon – Cartoons Greatest Hits" erwähnenswert, für den Helmet den Titelsong der US-Superhelden-Trickfilmserie "Gigantor" covern.

Anstatt sich einen zweiten Gitarristen für die nächste Scheibe zu suchen, nimmt Page Hamilton die Gitarren komplett alleine auf. Als das Resultat der Aufnahmen mit Dave Sardy (u.a. Barkmarket, Orange 9mm, Cop Shoot Cop) vorliegt, erweist sich dies als nicht zufriedenstellend. Deshlab überarbeitet Terry Date (u.a. Deftones, Pantera, Prong) das Album komplett noch einmal und es erscheint schließlich 1997. "Aftertaste" ist mit Abstand das poppigste und zugänglichste Album der Band. Rechtzeitig zur Welttournee findet sich mit Chris Traynor (Ex- Orange 9mm) ein Mann für die zweite Gitarre.

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Helmet "Alle hingen an Bowies Rockzipfel"
Beim Interview diktierte Helmet-Kopf Page Hamilton dem LAUT-Redakteur, wie dieser die neue Scheibe zu besprechen habe: "Schreib einfach: Page Hamilton ist das unangefochte Genie der Rockmusik und sollte eine eigene Religion bekommen." Ganz schön selbstbewusst!

Auf der Scheibe kündigt sich bereits an, dass die musikalischen Möglichkeiten der Band weitgehend ausgeschöpft sind. Nach der Tournee geben Helmet 1999 ihre Auflösung bekannt. Ein Großteil der Bandmitglieder ist nach wie vor musikalisch aktiv. Drummer John Stanier gründet gemeinsam mit Mike Patton (Ex-Faith No More, Fantomas, Mr. Bungle), Kevin Rutmanis (Melvins) und Duane Denison (ex-The Jesus Lizard) die Band Tomahawk. Henry Bogdan begleitet Caspar Brötzmann auf seinen Tourneen. Auch Page Hamilton bleibt nicht untätig. Er kollaboriert u.a. mit Trent Reznor für dessen Album "Fragile", arbeitet mit Charlie Clouser (ebenfalls NIN) am Projekt Tapeworm und wird von seinem Jugendidol David Bowie als Live-Gitarrist für die "Hours"-Tour engagiert.

Kurz darauf hilft er den Australiern von Silverchair auf deren Tournee aus. Zudem schreibt er immer mal wieder an Filmsoundtracks mit ("Heat", "Three Seasons"). Ende 2002 wird bekannt, dass Hamilton endlich wieder eine eigene Band zusammen gestellt hat: Gandhi. Mit dabei sind Sänger/Bassist Christian Bongers, Sänger/Gitarrist John Andrews, Gitarrist Anthony Truglio und Drummer Matt Flynn. Im August 2002 spielt die Band ihre ersten Shows an der US-Ostküste, in denen auch einige Helmet-Songs zum Besten gegeben werden. Im Oktober findet Hamilton dennoch Zeit, mit Limp Bizkit ins Studio zu gehen, um einige Gitarrenparts für deren neues Album beizusteuern.

Anno 2003 will es Hamilton noch mal wissen: er beschließt die Rückkehr von Helmet. Seine ehemaligen Bandkollegen wollen von einem Comeback nichts wissen, und so engagiert der Gitarrist und Sänger ein alternatives, schlagkräftiges Line up: Drummer John Tempesta (Testament, White Zombie, Rob Zombie), Bassist Frank Bello (zu der Zeit Ex-Anthrax) sowie den ehemaliegen Kollegen Chris Traynor (inzwischen Ex-Bush). Das neue Album soll bereits Mitte des folgenden Jahres erscheinen. Der Deal mit der alten Plattenfirma Interscope steht, und das Quartett verkriecht sich ab Januar in Los Angeles im Studio. Zuvor erscheint im Februar 2004 die ultimative Helmet-Retrospektive "Unsung: The Best Of Helmet (1991-1997)".

Im Herbst 2004 bringt ein Sportunfall die Releasepläne zunächst durcheinander. Bei einer Mountainbike-Tour bricht sich Hamilton das Schlüsselbein, alle PR-Aktivitäten werden bis auf Weiteres abgesagt. Doch schnell steht fest, dass die Tour nur um wenige Wochen verschoben werden muss. Am 5. Oktober 2004 ist es so weit: Size Matters, das erste Helmet-Album nach über sieben Jahren, steht endlich im Handel. Im Januar 2005 geht es auch schon wieder im Tourzirkus los und sie sind Teil der 'Sno-Core'-Tour.

Frank Bello quittiert seinen Dienst, um bei den wiedervereinten Anthrax seinen alten Platz einzunehmen und gibt den Viersaiter an Jeremy Chatelain (Ex-Handsome) ab. Neben Festivals wie Rock am Ring und Rock im Park spielen Helmet in Europa auch als Support für Slipknot oder Papa Roach. Da die Verkaufszahlen aber weit hinter den Vorgaben zurückbleiben, sind sie im November den Deal mit Interscope schon wieder los. Davon lassen sich Page und seine Mannen allerdings nicht entmutigen.

Im Februar 2006 unterschreiben sie bei Warcon Enterprises und verbarrikadieren sich im Studio. Im Sommer des Jahres sind sie Teil der Warped-Tour und veröffentlichen in den Staaten im Juli das nächste Album "Monochrome". Im Oktober steht mit Basser John Fuller und Drummer Kyle Stevenson aber eine komplett neue Rhythmussektion am Start.

Mit der geht es auf Tour im Vorprogramm von Guns N'Roses, jedoch lassen die Kanadier John Fuller nicht ins Land, weswegen Rob De Luca einspringen muss. Für die Australien-Dates im März 2007 ist John aber wieder mit dabei. Helmet ist fortan in erster Linie ein Soloprojekt Hamiltons mit wechselnd angeheuerten Musikern.

Auf dieser Basis erscheint 2010 "Seeing Eye Dog". Doch der Schuss geht nach hinten los. Fans und Medien zeigen sich gleichermaßen enttänuscht und bescheren Helmet den ersten echte Flop ihrer Karriere. Die öffentliche Ablehnung des Albums geht an Hamilton nicht spurlos vorüber. Volle sechs Jahre lang gibt es - bis auf vereinzelte Gigs - kein echtes Lebenszeichen der Legende.

Das ändert sich im Herbst 2016. "Dead To The World" verzeichnet einen deutlichen Formanstieg und ausgereiftes Songwriting. Die wiedergefundene Leidenschaft ist gleichwohl Resultat des politischen und sozialen Niedergangs seiner Heimat. Tief betroffen von der Spaltung Amerikas im Allgemeinen, sowie Donald Trumps Aufstieg im Besonderen legen Helmet eine leidenschaftlich engespielte Platte vor.

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Helmet: "Alle hingen an Bowies Rockzipfel"

September 2004 "Alle hingen an Bowies Rockzipfel"

Interview von Michael Edele

Beim Interview diktierte Helmet-Kopf Page Hamilton dem LAUT-Redakteur, wie dieser die neue Scheibe zu besprechen habe: "Schreib einfach: Page Hamilton ist das unangefochte Genie der Rockmusik und sollte eine eigene Religion bekommen." Ganz schön selbstbewusst! (0 Kommentare)

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Helmet - Left: Album-Cover
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  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2023 Left

Kritik von Stefan Johannesberg

Drei Punkte dank ewiger Liebe. (0 Kommentare)

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Area 4 Festival, 25.06.05 Gesichtsakrobatik at its best.

Gesichtsakrobatik at its best., Area 4 Festival, 25.06.05 | © laut.de (Fotograf: Matthias Manthe) Gesichtsakrobatik at its best., Area 4 Festival, 25.06.05 | © laut.de (Fotograf: Matthias Manthe) Gesichtsakrobatik at its best., Area 4 Festival, 25.06.05 | © laut.de (Fotograf: Matthias Manthe) Gesichtsakrobatik at its best., Area 4 Festival, 25.06.05 | © laut.de (Fotograf: Matthias Manthe)

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