Porträt

laut.de-Biographie

Flying Lotus

Steven Ellison war bereits Musiker, da hatte er selbst noch keinen Schimmer. So besagt es zumindest die Legende: Unterwegs mit seiner Großtante und seinem Cousin wurde Ellison eines Tages von einem interessierten Taxifahrer gefragt, ob die Damen und Herren Musiker seien. Die Tante, Alice Coltrane, bejahte. Sie alle seien Musiker, nur der jugendliche Ellison wisse es selbst noch nicht. Ein Erlebnis, das großen Einfluss auf den jungen Mann aus der namhaften Coltrane-Familie hatte. Aus Steven Ellison wurde Flying Lotus, und aus Flying Lotus ein gefeierter Beatfrickler mit Hip Hop-/ Soul- und Electro-Obsession.

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Irgendwo im Nirgendwo von Kalifornien, in Winnetka, hat Steven Ellison sein kleines Studio. Am Rande der Weltmetropole Los Angeles entstehen seine musikalischen Laptop-Spielereien. Der allmächtige RZA wohnt wenige Straßen weiter, was letztendlich ein wenig von der Verwunderung nimmt, wie an diesem trostlosen Ort ein Sound entstehen kann, der so am Puls der Zeit schlägt.

Die Musik liegt also in der Familie: Alice Coltrane, die Musikerin, Frau und spirituelle Muse an John Coltranes Seite, ist die Großtante und Ravi Coltrane, deren Saxophon-spielender Sohn, Flying Lotus' Cousin. Seinem Alter entsprechend interessiert sich das Achtziger-Jahre-Baby aber eher für die Musik seiner Zeit als für den Jazz: Hip Hop und Electro stehen bei Steven auf dem Programm. Die Initialzündung, die ersten Soundexperimente ernster zu nehmen, kommt bei der genannten Taxi-Episode.

Der Schlafzimmerproduzent heuert beim amerikanischen Cartoon-Sender für Erwachsene, Adult Swim, an, der über eine Werbung auf dem eigenen Kanal nach neuen Beatbastlern suchte. Bei der TV-Station kümmert sich FlyLo um die musikalische Untermalung der durchgeknallten Comicstreifen. Die musikalische Karriere nimmt aber immer ernstere Zügean. In seiner Heimatstadt Los Angeles trifft er auf Gleichgesinnte: Daedelus, Georgia Anne Muldrow und Carlos Niño. Letzterer ist kein unbeschriebenes Blatt im Leftfield-Musikgeschäft und beschert dem ambitionierten Flying Lotus seinen ersten Auftritt auf seiner "Sound Of LA"-Compilation Anfang 2006.

Flying Lotus - Flamagra
Flying Lotus Flamagra
Desorientierender Loop-Jazz im 8Bit-Feuertempel.
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Das ortsansässige Independent-Label Plug Research wird auf den Newcomer aufmerksam und nimmt ihn mitsamt seiner Elektrofrickeleien und Hip Hop-Drums unter Vertrag. Bald folgt das Debütalbum "1983", auf dem der 22-jährige Flying Lotus seiner Leidenschaft für Lo-Fi-Töne, Computerspiel-Soundtracks und Dilla-Drums frönt. Die Palette der Einflüsse ist vielfältig: Lateinamerikanische Bongos reihen sich an wabernde Spacewellen, Free Jazz-Töne lullen klassische Rap-Drumpatterns ein. Leftfield-Hip Hop-Freunde und Electro-affine Bohemians haben ihren neuen Helden gefunden.

2007 unterschreibt FlyLo beim prestigeträchtigen englischen Label Warp Records und reiht sich neben Jamie Lidell, Aphex Twin, Boards of Canada und Nightmares on Wax in einen beeindruckenden Künstlerkatalog ein. Auf die Willkomens-EP "Reset" folgt Mitte 2008 schließlich das Warp-Debüt "Los Angeles", das Szene und Kritiker mit großem Lob begrüßen. Wie sollte es auch anders sein, in einer Zeit, in der Kanye West Grammy-verdächtig Daft Punk sampelt und Dubstep die heißesten Clubs von Berlin bis Tokyo volldröhnt. Flying Lotus kann glücklich sein, dass dank Pharrell, Dizzee, Burial und Justice auch ein Computer-Nerd aus Winnetka, Kalifornien im Jahr 2008 musikalisch den trendigen Ton angeben kann. Damit das auch so bleibt, gründet Flying Lotus sein eigenes Label Brainfeeder, auf dem nicht nur er, sondern auch die Laptop-Macker Ras G und Samiyam die Knöpfchen drehen.

Ob das 2010 veröffentlichte "Cosmogramma" nun sperrig und genial oder einfach nur sperrig und schwer zugänglich ist, daran scheiden sich die Geister. Die Musikkritik nimmt das Album größtenteils begeistert auf und "Cosmogramma" findet seinen Platz in zahlreichen Jahresbestenlisten.

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  • 20 Aug.
    Hamburg
    Stadtpark Freilichtbühne
  • 21 Aug.
    Berlin
    Wuhlheide
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Auch der Nachfolger "Until The Quiet Comes" ist nur bedingt in der Easy Listening-Sektion einzuordnen. An der Schnittstelle zwischen Elektro, Jazz und Hip Hop angesiedelt, ist das Album so herausfordernd wie belohnend. Im selben Jahr springt Flying Lotus mit Maske und gepitchter Stimme auch als Rapper Captain Murphy über die Bühnen. Ebenfalls in die Kategorie "Kurioses" fällt der Radiosender, den Flying Lotus im Spiel "GTA V" betreibt.

Auch andere Musiker nehmen gerne die Dienste des kalifornischen Tüftlers in Anspruch. Flying Lotus arbeitet 2015 an Kendrick Lamars To Pimp A Butterfly mit. Zudem produziert er das Album "Drunk" seines langjährigen Bassisten Thundercat.

Nach dem Release von "You're Dead!" wird es in den nächsten Jahren dennoch ziemlich still um den umtriebigen Musiker. Ellison wendet sich lieber anderen Aufgaben zu und veröffentlicht mit "Kuso" sein Regiedebüt. Somit kommt die Ankündigung seines sechsten Albums "Flamagra" ziemlich überraschend. Für die Videoauskopplung "Fire Is Coming" lässt er sich von der Kultserie "Twin Peaks" inspirieren und steckt den Regisseur David Lynch in einen Plüschwolf.

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Alben

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2 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Neues Album "You're Dead!" kommt übrigens am 6. Oktober, bestätigte Features sind K-Dot (https://soundcloud.com/cezurcorpus/flying-…) Snoop und Herbie Hancock (!), außerdem, wie beim Vorgänger, Niki Randa und Thundercat. Laura Darlington scheint diesmal leider keine Parts beizusteuern.

    Nicht von dem Album, aber gerade mein Lieblingstrack: FlyLos Remix von Massive Attacks "Girl I Love You" und seinem eigenen "Zodiac Shit" (scheint mir).
    http://www.youtube.com/watch?v=A56VWqQdq_s

    • Vor 9 Jahren

      Der hat nach "Until the quiet comes" und v.a. nach diesem völlig uninspirierten und selbstbeweihräuchernden Radiosender für GTAV auch einiges wiedergutzumachen bei mir.
      Was hat der sich bei der völlig willkürlichen Auslegung des Konzepts "Radio-DJ für Rockstars GTA" bloß gedacht? Eine Stunde lang breites Gequatsche und von der eigenen Genialität seiner Sounds geschickt geben (und dann auch noch, statt anderer Künstler, zu 80% eigene, lahme 08/15-Studiopresets abnudeln).

      Er sah es wohl mehr als gut bezahlte Auftragsarbeit und Promo-Maschine. Schade, wenn man auf die z.T. umfassenden Inspirationskompendien schaut, die andere als DJ engagierte Musiker für die Reihe bereits kompilierten. Chance auf ein interessantes Mixtape vertan.

    • Vor 9 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 9 Jahren

      fand teil 5 musikalisch eh den schwächsten ableger der serie.hoffe, dass wenn das game endlich für den pc erscheint,man wie früher eigene playlists abspielen kann.

    • Vor 9 Jahren

      Der musikalisch schwächste Teil war für mich ganz ehrlich IV.
      Bei V verteilen sich Tracks, die ich im Vorfeld der VÖ des Spiels bereits durch einen befreundeten DJ kannte und feierte, auf 5 Sender.
      Einiges, wie das herrliche Video mit Nick Offerman("Ron Swanson") zu Fidlar "Cocaine" hab ich sogar erst durch das Spiel endeckt und insgesamt findet sich auf allen Sendern Musik, die zufällig im gesamten Spiel auftauchende oder im singleplayer-modus gezielt provozierte Situationen herrlch passend (und häufiger auch textlich: "Get out of my car..." :D ) untermalt.

    • Vor 9 Jahren

      IV war für mich aufgrund des nyhc senders natürlich ein feuchter traum.
      bei V sind mir die hiphop und elektro sender auf dauer einfach zu dominant.
      los santos soll immerhin LA darstellen,heimat von x rockbands und dafür ist der rockanteil für meinen geschmack zu gering ausgefallen, bzw die auswahl der songs zu schwach geraten, wenn man mal daran denkt, wieviel geile gitarrentruppen der sonnenstaat uns über die jahrzehnte hinweg beschehrt hat.

      anyway,freu mich auf jedenfall schon drauf, mit eigens erstellter playlist leicht angeboozed im cabrio stundenlang durch los santos zu cruisen und dieses riesige game einfach nur auf mich wirken zu lassen :-)