"What is Rap?
Well I'm gon' tell you.
We gotta tell y'all, babe.
I'm gon' tell you what is Rap!"

Seit 1979 die Sugarhill Gang mit "Rapper's Delight" den ersten kommerziell produzierten Rap-Song in den Äther schickte, unternahm bei weitem nicht nur die Dungeon Family einen Versuch, in Worte zu fassen, was das mittlerweile weltumspannende Phänomen Rap ausmacht. Sprache? Poesie? Prosa? Musik? Rap, Rhyme and Poetry, ist all das - und in der Summe viel mehr.

Rap beruft sich auf die Tradition afrikanischer Griots, umherwandernder Geschichtenerzähler, deren Worte seit Jahrhunderten Kultur und Überlieferungen ihrer Völker bewahren. Ähnlich wie das jamaikanische Toasting entwickelt sich Rap aus der Interaktion des Künstlers mit seinem Publikum.

Der einst gebräuchlichere Ausdruck "Emceeing" erlaubt einen Blick auf den Ursprung. Aus Song-Ansagen, Begrüßungen und Shout-Outs, Kommentaren, Sprüchen, Lobpreisungen einer höheren Macht oder schnöder Selbstbeweihräucherung entsteht eine eigene Kunstform. Länger werdende Texte mit immer komplexeren Reimen und Inhalten nehmen mehr und mehr Raum ein. Der Job ist vom DJ schließlich nicht mehr alleine zu bewältigen, er stellt sich einen Hypeman zur Seite. Das Mikrofon verleiht die Macht, der Mic Controller schwingt sich zum Master of Ceremony empor.

Den Zeilen der ersten kommerziell erfolgreichen Acts auf den Pfaden der Pioniere Kool DJ Herc oder DJ Hollywood ist diese Herkunft noch deutlich anzumerken: "Clap your hands everybody / If you got what it takes / 'Cause I'm Kurtis Blow / And I want you to know / That these are the breaks" macht Kurtis Blow seine Absichten unzweifelhaft deutlich. Nach den ausufernden Selbst-Vorstellungen der Furious Five kann jeder Fan die Namen der Herren auch dann herunterrasseln, wenn er soeben aus dem Tiefschlaf gerissen wurde: "We're one, two, three, four, five MCs / I'm Melle Mel and I rock it so well / And I'm Mr. Ness because I rocks the best / Rahiem in all the ladies' dreams / And I'm Cowboy to make ya jump for joy / I'm Kid Creole playin' the role. Dig this."

Kool Moe Dee erweitert das Spiel um eine neue Variante. Er integriert das Wettstreit-Element in die Rap-Musik. Als erster MC betont er im Duell nicht nur die eigenen Talente, sondern reitet ausgiebig und genüsslich auf den Schwächen seines Gegners herum. Sein Publikum erlebt die Geburtsstunde des Battle-Rap, der sich, neben zahllosen anderen Spielarten zu einem eigenen Sub-Genre entwickelt.

Waren die ersten Rap-Nummern noch reine Party-Songs, eröffnen sich in immer kunstvoller arrangierten Worten, ausgetüftelten Reimen, Alliterationen und Assonanzen ungeahnte Möglichkeiten. "The Message", ein Report aus dem Dreck der alltäglichen Realität von Grandmaster Flash & The Furious Five, stellt nur ein Beispiel unter unzähligen Tracks, die neben einem Lebensgefühl auch eine Botschaft zu vermitteln trachten. Public Enemy bezeichnen Hip Hop als "CNN of the Black Community". Rap, eine der vier Säulen der Hip Hop-Kultur, bildet ihr Sprachrohr.

Es bleibt nicht bei der Black Community. Hip Hop - und damit Rap - wird zur grenzüberschreitenden Bewegung. Sprechgesang ist zwar nach wie vor nicht jedermanns Sache, vor den Erklärungen der Fantastischen Vier kann jedoch auch ein deutschsprachiges Publikum kaum noch die Ohren verschließen: "Es hat ein für allemal mit Hip Hop nichts zu tun / Sich auf seinem alten Ghettoimage auszuruh'n / Zum Einen hat's für mich den Sinn zu sagen, wer ich bin / Zu beschreiben wo ich herkomm, und da ist's halt nicht so schlimm. / Zum Andern kann ich was ich denke so zum Ausdruck bringen / Indem ich meine Sprache nutze, doch vermeiden kann zu singen. / Das hat natürlich den Effekt, dass sich einige erschrecken / Denn ich kann mich ja jetzt gar nicht hinter Rap-Klisches verstecken. / Dennoch wird es einem ohne diese nie gelingen, in Germanien 'ne Hip Hop-Jam in Schwung zu bringen. / Drum zieh' ich die Konsequenz, die ich im Folgenden erklär': / Ich sag' 'Heb die Hand hoch' statt 'put your hands up in the air' / Ich sag 'He Leute, was geht ab' statt 'say ho' und 'motherfucker' / Hast du's jetzt noch nicht kapiert, na, dann scheiß dich halt vom Acker."

Mit Geschichte, Entwicklung und Auswirkungen der Macht von Rap ließen sich Bände füllen, nach deren Lektüre jemand, den das Fieber nicht gepackt hat, die Antwort auf die Frage "Was ist Rap?" dennoch bestenfalls streift. Überlassen wir das Schlusswort einem, der unter dem passenden Titel "Rap" ein umwerfendes Beispiel dafür liefert, dass Rap gleich drei Wünsche auf einmal befriedigen kann - Battle, Storytelling und Technik. Curse verbreitet - gemeinsam mit Heulboje Xavier Naidoo - eine überaus brauchbare Definition seines Genres: "Rap ist Soulmusik. / Sie ist da für die, die sie lieben und sie ehren. / Also vergiss es nie."

Vergiss es nie!