4. September 2020

"Frauen sollten einfach nicht leiden"

Interview geführt von

2020 ein Album zu veröffentlichen heißt, dass man den Release kaum mit Konzerten feiern kann. Another Sky aus England macht gerade eben diese Erfahrung, das Quartett aus London hat kürzlich sein Debüt-Album "I Slept On The Floor" veröffentlicht.

Kennengelernt hat sich die Band im Musikstudium an der Goldsmith University, seit knapp vier Jahren machen sie mit ihren zwischen Radiohead und Coldplay rangierenden Songs und der markanten Stimme von Sängerin Catrin Vincent auf sich aufmerksam. Im Zoom-Interview erzählt Vincent von ihren Erfahrungen als Frau in der Musikindustrie, von den Inspirationen der Bandmitglieder und von Reaktionen auf ihre politischen Texte.

Erst mal: Herzlichen Glückwunsch zu eurem Album!

Vielen Dank!

Unter normalen Umständen wäre die Platte wahrscheinlich euer richtiger Durchbruch gewesen und ihr hättet dieses Jahr überall tolle Festival-Slots gehabt. Wie ist das so, sein Debüt zu veröffentlichen, ohne Konzerte zu spielen?

Das ist irgendwie traurig und das hat mich erst ein paar Tage nach dem Release so richtig getroffen. Wir haben in einen Live-Stream über Zoom gespielt, bei Banquet Records in London, was wirklich toll war. Aber da ist mir aufgefallen, dass wir eigentlich gerade Konzerte im ganzen Land spielen sollten und das war ein echt trauriger Moment, wo ich realisiert habe: Ah, deshalb tourt man also, wenn man ein Album releast.

Aber wir versuchen momentan kreativ zu werden und spannende Möglichkeiten zu finden, um unsere Musik aufzunehmen und hoffen einfach, dass das klappt. Ehrlich gesagt hätte es auch kein anderes Jahr gegeben, um das Album zu veröffentlichen. Wir arbeiten jetzt schon so lange daran und es musste jetzt raus.

Habt ihr denn alle Songs des Albums schon live gespielt?

Der einzige Song den wir bisher nicht richtig gespielt haben ist "Only Rain", aber Jack (Whitehall, der Gitarrist der Band, Anm. d. Red.) und ich haben den Song neulich im Live-Stream gespielt. Wir freuen uns aber schon sehr drauf, den Song als ganze Band zu performen, weil sich die Stücke immer ändern, wenn wir sie live spielen. Wir finden dann gemeinsam neue Bedeutungen in den Songs.

Man liest überall, dass ihr alle ziemlich verschiedene Musikgeschmäcker habt. Coldplay, Radiohead, Tracy Chapman… Wie habt ihr dann trotzdem zusammengefunden?

Darüber haben wir neulich geredet und wir haben gemerkt, dass wir uns da nicht richtig drüber unterhalten haben, was wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass wir überhaupt noch zusammen Musik machen. Es gab nie einen Streit darüber, wie wir klingen wollen. Wir mochten die Talk Talk-Alben, weil die sich anfühlten wie ein "Fuck you" an das System, weil sie so experimentell waren und dann wurden sie von EMI verklagt, weil sie nicht Mainstream genug waren. Wir haben geliebt, dass sie das gemacht haben, dass sie sich dahin gebracht haben und diese großartigen Werke veröffentlicht haben, die den Post-Rock beeinflusst haben.

Außerdem mochten wir Jon Hopkins "Immunity", das kam ungefähr raus, als wir die Band gegründet haben. Textlich war ich seit meiner Kindheit massiv beeinflusst von Tracy Chapman… Aber weißt du, was komisch ist? Wir haben uns gegenseitig nie wirklich viel Musik gezeigt, wir haben uns einfach in einem Raum getroffen und gejammt und es einfach passieren lassen. Danach haben wir dann überlegt, wo es herkam, wir haben uns Songteile angehört und gesagt: "Oh ja, das klingt nach… diesem und jenen." Es ist immer witzig zu hören, was andere Leute sagen, wie wir klingen. Viele sagen: "Ihr liebt bestimmt Everything Everything." Dabei haben wir die tatsächlich nie gehört. Offensichtlich wurden wir von den selben Künstlern inspiriert wie die und deshalb klingen wir ähnlich.

Tatsächlich wollte ich genau darüber sowieso mit dir reden: Ich habe einige Musiker und Bands zusammengetragen, mit denen ihr verglichen werdet: Imogen Heap, Coldplay, Radiohead, Explosions In The Sky, London Grammar, Daughter, Florence & The Machine, Peter Gabriel. Mich erinnert ihr manchmal an Bombay Bicycle Club und Laura Marling.

Oh, cool. Das sind echt gute Referenzen! Danke.

Gibt es Künstler, von denen Leute sagen, ihr klingt ähnlich, wo du aber denkst: "Nein, das sehe ich echt gar nicht."

Als wir angefangen haben, haben viele Leute immer Radiohead gennant. Und die anderen drei haben Radiohead gehört, aber ich nicht, zumindest nicht viel. Ich habe immer gefragt: "Echt?" Inzwischen bin ich ein Riesenfan, genau deshalb, weil Leute das immer gesagt haben. Ich höre die Ähnlichkeiten, aber die entstehen nicht bewusst, obwohl Leute das immer denken. Ein unterbewusster Einfluss, denke ich.

Wenn Leute gesagt haben, dass ich wie Peter Gabriel singe, dann habe ich das nicht eingesehen. Ich liebe Peter Gabriel, aber den Vergleich konnte ich nie verstehen. Ich verstehe, wenn man uns mit Alt-J vergleicht. Wir spielen mit Song-Strukturen auf eine ähnliche Art und Weise.

Was ist mit Coldplay? Verstehst du den Vergleich? Den Stadion Rock-Sound?

Auf jeden Fall, Jack ist total von Coldplay inspiriert, bei einigen seiner Gitarren-Riffs. Besonders bei "Fell In Love With The City", also die spielen schon auch irgendwie mit rein, aber auch eher unterbewusst. Imogen Heap ist aber absolut bewusst, ich bin ein großer Fan von ihr.

Der Titeltrack klingt ziemlich nach Imogen Heap.

Das ist echt witzig, ich habe ein Review gelesen, in dem geschrieben wurde, dass der Song sich zu sehr nach Radiohead anhört. Die haben auch einen Song mit einer Orgel, der ein bisschen ähnlich klingt. Dabei dachte ich, dass ich zerrissen werde, weil der Song so klingt wie von Imogen Heap oder Justin Vernon von Bon Iver. Das hat mich auf jeden Fall echt zum lachen gebracht, weil ich dachte: "Ha, niemandem ist aufgefallen, dass ich gerade komplett von Imogen Heap geklaut habe." (lacht)

"Musik ist dann am stärksten, wenn sie Dinge in Angriff nimmt."

Ich habe ein Zitat von dir gefunden, in einem Interview mit dem Independent. Da hast du gesagt: "Ich will dass das Album Mitgefühl wieder cool macht, wenn ich es mir aussuchen könnte." Hast du das Gefühl, dass die Menschen in den letzten Monaten schon mitfühlender geworden sind? Im Rahmen der BLM-Protesten beispielsweise?

Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass das der Fall ist. Ich weiß, dass noch viel Arbeit getan werden muss und Menschen sind immer noch sehr skeptisch, was virtue signalling und Social Media-Proteste angeht, was ich total verstehe, aber… Es hat mich schockiert und es hat mich dazu veranlasst, mehr darüber zu lesen und mir dann Gedanken darüber zu machen und ich weiß, dass es auch andere Leute schockiert hat. Es hat sich ein bisschen angefühlt wie ein kollektives Auflehnen. Es ist einfach eine Reise und es wird massive Rückschläge geben, aber das zeigt uns nur, dass wir kämpfen müssen.

Ich weiß noch, ein guter Freund von mir, der Soziologie studiert, der hat darüber geredet, dass wir uns insgesamt mehr in Richtung Humanismus bewegen. In Richtung eines Lebens mit mehr Mitgefühl und ich glaube das kommt nur mit Fortschritt und ... ich weiß nicht genau, was ich sagen möchte. (lacht) Ich glaube, ich will sagen, dass ... ja, dass Mitgefühl wieder cool wird.

Den Song "Avalanche" habt ihr schon vor einiger Zeit geschrieben, richtig?

Ich glaube sogar schon Ende 2016.

In dem Song gibt es die Zeile: "When you hold them to account / They'll spit you / Just a bad taste in their mouth". Eigentlich fühlt es sich gut an richtig zu liegen, aber in diesem Fall, mit den jüngsten Fällen von Polizeigewalt in den USA, hat es sich wahrscheinlich eher schlecht angefühlt, oder?

Es ist traurig, aber ich halte mich an dem Glauben fest, dass die Relevanz des Songs nur bedeutet, dass mehr Leute die Problematik auch wahrnehmen. Als wir den Song veröffentlicht haben, haben uns einige Leute sowas gesagt wie: "Mein Onkel ist Polizist, das kannst du doch nicht schreiben!" Das war ein Backlash, weil das noch keine Mainstream-Gedanken waren. Ich weiß noch, dass ich echt Angst davor hatte, den Song zu veröffentlichen, aber er hat sich wie einer unserer ehrlichsten angefühlt. Und jetzt, auch wenn es traurig ist ... Fühlt es sich fast so an, als wäre der Song noch relevanter, weil die Gesellschaft eben mehr von dem Inhalt wahrnimmt. Mehr Bewusstsein für Polizeigewalt bringt uns zu dem Punkt, an dem wir das Problem lösen können.

Hast Du das Gefühl, dass mehr Leute es kritisch sehen, dass eure Musik politisch ist oder gibt es gar viele, die euch dafür applaudieren, dass ihr euch äußert?

Das ist eine echt gute Frage! Ich weiß noch, bevor wir unter Vertrag genommen und unsere Musik so groß veröffentlicht wurde, hatten wir ein Gespräch mit jemandem, der gesagt hat: "Catrin, deine Texte sind ziemlich politisch und ihr seid schon eine politische Band." Und da war dann direkt dieses Gefühl davon, in eine Schublade gesteckt zu werden und das wollten wir nicht. Da gab es dann ein paar Spannungen, weil wir damit zu kämpfen hatten, auf diese Art und Weise in eine Kategorie sortiert zu werden. Dabei habe ich das Gefühl, Musik ist dann am stärksten, wenn sie Dinge in Angriff nimmt und ich habe erlebt, dass Künstlern das Gefühl vermittelt wird, sie sollten das nicht tun oder dass es gefährlich ist. Du stößt Leute ab, aber gleichzeitig würde ich auch nicht gerne Musik machen, die jedem gefällt. Weil das einfach langweilig ist. (lacht)

Aber es war eine schwierige Zeit, weil ich mich an einem Punkt komplett alleine gefühlt habe, wie diese verrückte left wing person, aber inzwischen habe ich das Gefühl, dass das mehr akzeptiert ist. Nur wir werden immer wieder auf Gegenwind stoßen. Was toll ist, ist, dass ein Freund von mir jetzt im Zuge der BLM-Proteste auch politischer geworden ist und der erzählt mir, dass er viel Backlash von seinen Fans dafür bekommt. Das hat mich daran erinnert, wie wir bei Jools Holland aufgetreten sind. Der Song hieß "Chillers" und es geht darum, genervt von reichen Leuten zu sein. Am Anfang haben wir dafür auch Kritik bekommen, aber es hat uns geholfen, eine Fanbase zu bekommen, die auch an das glaubt, worüber wir singen. Für uns ist es also viel einfacher, auch jetzt noch politisch zu sein, als für Leute, die einfach Musik machen und erst später politisch aktiv werden und deren Fanbase dann genervt davon ist… Tut mir leid, das ist eine echt lange Antwort. (lacht) Wir haben uns auf jeden Fall in eine Lage gebracht, die es uns ermöglicht, uns politisch zu äußern, was wir hoffentlich weiterhin tun können. Andererseits gibt es auch Bereiche, in denen wir nicht unterstützt werden, weil unsere Musik zu polarisierend ist.

Es ist eine schwierige Position, in der ich bin, weil einige Leute mir vorwerfen, dass ich nur virtue signalling betreibe und über Dinge schreibe, die außerhalb meiner Erfahrung liegen. Aber alles, was auf diesem Album erwähnt wird, ist etwas, das jemand, den ich kenne, erlebt hat oder das ich selbst miterlebt habe und alle Unterdrückung gehört irgendwie zusammen. Die Debatte um weißen Feminismus ist sehr interessant, weil sich der weiße Feminismus für einige Zeit nur auf weiße Frauen beschränkt hat und deren Hürden. Aber wenn man sich eine Unterdrückungsform anschaut, muss man sich eigentlich alle anschauen, weil alles miteinander verbunden ist. Und ich glaube, dass man empathischer in Bezug auf Diskriminierungserfahrungen sein kann, wenn man selber diskriminiert wurde, auch wenn es nicht exakt das Gleiche war. Jetzt ist es eine sehr lange Antwort. (lacht)

"Ich glaube, Männer müssen sich mehr involvieren."

Du hast eben gesagt, dass die Musik, die du schreibst, gar nicht für jeden sein soll. Ich habe eine Person gefunden, für die eure Songs wahrscheinlich nicht gemacht sind. Unter einem Interview mit dir, in dem du über Tracy Chapman und Frauen in der Musikbranche redest, lautete ein Kommentar: "Boring feminism questions". Entmutigen oder ermutigen dich solche Leute?

Das ist witzig, weil ich durch dieses Interview Sofia (die Interviewerin, Anm. d. Red.) kennengelernt habe und wir sind dadurch gute Freunde geworden, wegen der Fragen, die sie mir gestellt hat. Wir bekommen so viele Kommentare ab, ich habe sogar viele transphobische Kommentare abbekommen, die wirklich meine Augen geöffnet haben, wie Transphobie Betroffene wirklich mitnehmen kann. Ich wusste, dass es das gibt, aber selbst habe die Erfahrung vorher nie gemacht, aber es gab Leute, die unter unser Video beim Tiny Desk Concert transphobische Kommentare gepostet haben. So Sachen wie: "He's a trans" oder "That's not a woman, it's a trap."

Als ich anfangs solche Kommentare gelesen habe, habe ich die internalisiert. Wir haben auch bei unserem Auftritt bei Jools Holland Sachen abbekommen wie: "Sing' nie wieder!". Bei der Facebook-Seite von Jools Holland gibt es einen Kreis von vor allem älteren weißen Männern, die echt jede Frau angreifen, die bei Jools auftritt. Einer der Kommentare bei uns war: "Sie ist keine einzigartige Sängerin, Björk ist eine einzigartige Sängerin!". Dann habe ich runtegescrollt, zu Björks letztem Auftritt und da habe ich den selben Hate gefunden. Die mochten Björk überhaupt nicht.

Also, wenn ich diese Kommentare abkriege, dann hat mich das anfangs entmutigt. So, wie wenn Leute nach Gigs zu mir kamen und gesagt haben, dass ich mich besser anziehen müsse. Frauen machen da so viele Erfahrungen, in jedem Bereich. Wenn ich jetzt solche Kommentare lese, dann ist das bei mir wie so ein roter Knopf, den ich drücken möchte. Ich will die ganzen Themen dann noch viel mehr aufgreifen. Es gab aber auch wirklich Zeiten, da wollte ich aufhören Musik zu machen, weil es für meine psychische Gesundheit nicht gut war, einige der Sachen gesagt zu bekommen, die mir gesagt wurden. Ach… Ich werde nicht aufgeben, aber ich habe gemerkt, wie schnell einem das seine Energie und seine Identität entziehen kann. Also, ich will nicht aufgeben, aber wenn sich diese Sachen nicht ändern, dann weiß ich nicht, wie Frauen in der Musikindustrie weiterhin existieren und psychisch gesund bleiben sollen. Ich weiß, das klingt dramatisch und in allen Jobs leiden Frauen, aber das ist genau der Punkt. (lacht) Frauen sollten einfach nicht leiden.

Es ist immer noch schlimm, Männer-dominierte Line-Ups zu sehen, weil ich so viele Frauen kenne, die Besseres verdient haben. Ich habe heute mit Jack darüber geredet, dass es fast schon zyklisch ist. Je mehr die Leute Indie-Bands hören, die nur aus Männern bestehen, desto mehr wird ihnen davon angezeigt und gezeigt, dass das die Kultur ist und deshalb erwarten sie auch mehr männliche Indie-Musiker. Aber wenn du als Frau in einer Indie- oder Rock-Band anfängst, dann wirst du zurückgewiesen, weil Leute das nicht gewohnt sind. Ich erinnere mich noch, Gary Lightbody von Snow Patrol hat einen unserer Songs geteilt, in einer sehr netten Art und Weise und viele Kommenare waren so: "Weibliche Vocals? Nicht für mich." Die haben auf das Video geklickt, gesehen, dass ich eine Frau bin und waren wieder weg. Dass hat mir damals gezeigt, wie sexistisch es zugehen kann. Ich weiß nicht, was die Antwort auf diese Probleme ist. Ich glaube, Männer müssen sich mehr involvieren und wirklich verstehen, was Frauen durchmachen und mit ihnen zusammen kämpfen.

Mit der BLM-Bewegung habe ich beschlossen, meine Musikbibliothek zu diversifizieren. Ich habe mal gegooglet und ein fantastisches Dokument gefunden, in dem schwarze Künstler aufgelistet waren und ich habe Musik entdeckt, die ich liebe und es ist frustrierend, dass mir diese Musik durch meine rassistische Sozialisation bisher verborgen geblieben ist. Dann dachte ich, okay, dass muss auch mit Frauen passieren und es passiert schon. Viele unserer Fans sind Männer in den 50ern. Also kann sich offensichtlich etwas ändern.

Es gibt da eine Geschichte, die ich immer gerne erzähle: Ich war mal ziemlich krank, mit einer Brustinfektion. Da habe ich mich das erste Mal in einem privaten Krankenhaus behandeln lassen und ich habe mein Erspartes aufgewendet, um mir eine Kamera in den Hals einführen zulassen, um sicher zu gehen, dass ich singen kann. Da habe ich mir dann viele Gedanken gemacht um Reichtum und, dass ich wahrscheinlich in Zukunft keine privaten Behandlungen mehr bezahlen kann. Dann haben wir ein Konzert gespielt und ich dachte: Musik machen ist echt hart, ich habe überhaupt keine finanzielle Sicherheit.

Aber ganz vorne im Publikum war dieser Typ, über 60. Und wir haben den Song "Tree" gespielt, in dem es darum geht, dass ich mir wünsche, dass Männer ihre femininen Seiten mehr zeigen können. Ich habe diesen Typ gesehen, der die Lyrics mitgesungen hat, als würde sein Leben davon abhängen. Da dachte ich mir: Ich mache das für dich, scheiß' auf private Krankenhäuser, scheiß' drauf, ob ich mir Zeug leisten kann, das hier ist, warum ich das mache. Damit Leute wie er das Gefühl haben, dass sie gesehen werden. Du kannst alleine auf Gigs gehen und Songs mitsingen, die während deinen Lebzeiten nicht im Mainstream zu hören waren. (lacht) Vielen Dank fürs Zuhören, die Antwort ist echt weit ausgeholt, aber das sind Fragen, die mir nicht oft gestellt werden.

Welche schwarzen Künstler hast du beispielsweise entdeckt?

Gerade ist das vor allem Arlo Parks, sie hat diesen Song "Black Dog" und die Lyrics sind wirklich einzigartig, sie ist eine Dichterin. Ich habe diese großartige Playlist gemacht, mit Hilfe eines Freundes, der ganz viel experimentelle Musik hört und dann mit einem Thread bei Reddit. Ich habe entdeckt: Klein, Lifetime, Matana Roberts, Nazar, Sons Of Kemet und Eliza Shaddad.

Ich habe gelesen, dass du auf diesem Album auch dein Aufwachsen in einer ziemlich konservativen Stadt verarbeitest. Hast du das Gefühl, dass die Verarbeitung mit der Veröffentlichung nun abgeschlossen ist?

Ich glaube leider, dass ich derzeit merke, dass das immer wieder auftauchen wird. Ich denke oft an ein Zitat, dass ich von einem Twitter-Influencer habe. (lacht) "Wachsen passiert nicht in einer gerade Linie, es ist eine Spirale. Darum kommen wir immer wieder zu den selben Situationen und den selben Realisationen zurück, aber jedes Mal mit einem tieferen Verständnis." Und ich versuche, genau das zu leben.

Eine letzte Frage: Ihr habt ein Tiny Desk Concert gespielt und zwischen zwei Songs hast du erzählt, dass du dir die Konzerte früher selber immer angeguckt hast und gesagt, wie krass es ist, jetzt selber dort zu spielen. Gibt es andere ähnliche Bucketlist-Punkte, zum Beispiel mal in einer amerikanischen Late-Night-Show zu spielen?

Das wäre großartig. Ich wäre super aufgeregt, aber das wäre echt großartig! Ansonsten: Royal Albert Hall, Glastonbury, all diese Klischee-Sachen. Max hat mal Red Rock gesagt, er ist Halb-Amerikaner. Bei Naomi wäre es sicher Glastonbury und große Arenen. Wir haben alle verschiedene Bucketlists, aber Tiny Desk war auf jeden Fall riesig, wir konnten das kaum glauben. Ich war so aufgeregt. Ich war bei Jools Holland und beim Tiny Desk noch nicht 100% zufrieden mit meiner Gesangsperformance, aber ich nehme mir das Lektion, um bei den nächsten großen Gigs besser vorbereitet zu sein.

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LAUT.DE-PORTRÄT Another Sky

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