Porträt

laut.de-Biographie

Flaming Lips

Nach einer Party mit viel Alkohol und derbem Drogenkonsum formieren sich Mark Coyne und Michael Ivins 1983 zum Kern einer außergewöhnlichen Kombo. Die Namensgebung basiert auf Assoziationen an die Porno-Streifen und Drogen-Filme der Jungs. Bis zum ersten Release 1984 glaubt keiner wirklich an die Band. Doch dann wird aus einer Schnapsidee eine ernstzunehmende Formation, die sich ihr Equipment vor der ersten Jam-Session aus dem örtlichen Gotteshaus zusammenklaut.

Flaming Lips feat. Miley Cyrus: Video zu "We A Famly"
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Nach etlichen Verwurstelungen des Batman-Themas covern die Oklahoma-Boys, deren "Do You Realize" 2009 von den Einwohnern zur offiziellen Hymne des Bundesstaats erkoren wird, anfangs hauptsächlich Who-Songs. Marks Bruder Wayne mimt den Klampfer: "I learned to play fairly well within a couple of weeks, and everyone thought I was going to be the next Hendrix or something. I never really got much better than I was after those first two weeks ...". Mark versucht sich am Mikro, Michael gibt sich mit vier Saiten zufrieden. Ihr Debüt geben die Entflammten in einem Transvestiten-Klub ihrer Heimatstadt Oklahoma City.

Auf grünem Vinyl releasen die Lips im Jahr 1985 ihr erstes Album "The Flaming Lips". Dabei greifen sie auf ihr eigenes Label zurück und legen mit diesen Lovely Sorts Of Death Records selbst Hand an den Silberling. Wayne entwickelt sich als Singer/Songwriter neben seinem Job als Gitarrist zum unentbehrlichen Mitglied der Band, da Mark ausscheidet. Zu dritt, Richard English reiht sich ein, begeben sich die Lips auf den Weg zum Ruhm. Die folgenden beiden Jahre krönt die "Acid-Bubblegum"-Band (MTV) jeweils mit einem Neuling. Während eines Gigs mit den Butthole Surfers in New York lernen sie Konzert-Promoter Jonathan Donahue kennen und mit ihm die aufsteigenden Mercury Rev.

Nach der 1988er Platte "Telepathic Surgery" reduzieren sich die Lips auf Coyne und Ivins. Unspektakuläre Releases in den Achtzigern lassen zuvor nicht erwarten, dass sich Warner 1990 meldet und ihnen einen Plattenvertrag anbietet. Das daraus resultierende Album macht die Flaming Lips in Insider-Kreisen zu einem Geheim-Tipp. Ausgedehnte Touren folgen, während derer die Band, fortan unterstützt von Gitarrist Ronald Jones und Schlagzeuger Steven Drodz, in einem Truck durch Amerika ziehen. Die folgende Hallen-Tournee wird durch den legendären Auftritt der Kombo in der Teen-Soap Beverly Hills 90210 gekrönt. Schauspieler Ian Ziering alias Steve Tayler beweist in der Sendung Geschmack, als er meint: "You know, I've never been a big fan of alternative music, but these guys rocked the house!"

Ein weiterer Höhepunkt der Band-Geschichte folgt mit "Clouds Taste Metallic". Die Single "Bad Taste" wird in den Soundtrack von "Batman Forever" aufgenommen und der Name Flaming Lips der Musikwelt ein Begriff. Der kommerzielle Erfolg von "Transmissions From the Satellite Heart" bringt den vier Herren endgültig Kultstatus ein. Allerdings steigt Jones bald aus, angeblich wegen Differenzen zwischen ihm und Steven.

Als Trio releasen die Flaming Lips 1997 das Album "Zaireeka", das Coyne überzeugt ankündigt: "So different and exciting it will either make us millionaires or break us." Aus dem kompletten Werk, das vier CDs enthält, koppelt Richard Linklater die Single "Hot Day" für seinen Streifen "SubUrbia" aus. 1999 bis 2002 herrscht Stille um die Flaming Lips, die sich eine Auszeit gönnen, um danach mit einer von Kritikern hochgelobten Scheibe wieder in die Welt der Clubs und Gigs einzutauchen.

The Flaming Lips - American Head
The Flaming Lips American Head
Wayne Coyne feiert mit dem jungen Tom Petty.
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Danach hört man erst 2005 wieder ein Lebenszeichen der Lips, dafür aber richtig. Nach einem Songbeitrag für den Spongebob-Soundtrack lüften nach Jamiroquai und Nightmares On Wax auch die Oklahoma Boys für die Reihe "Late Night Tales" ihren Plattenschrank und fördern ein abenteuerlich wie somnambules Meisterwerk zu Tage. Mit dabei sind u.a. Songs von Roxy Music, Faust, Björk, Radiohead, Lush, Sebadoh und den Chemical Brothers.

Außerdem sitzt die Band mit Bradley Beesley an einer DVD-Dokumentation, der über 400 Stunden Ausgangsmaterial zugrunde liegt. Unter dem Titel "The Fearless Freaks" erscheint die Doppel-DVD 2005. Außerdem darf man sich am neuen Song "Bohemian Rhapsody" erfreuen, einer Lips'schen Umarbeitung des Queen-Klassikers für ein Tribute-Album an die britischen Hardrocker. Nach Angaben von Sänger Wayne Coyne traute sich keine der anderen teilnehmenden Bands an jenen Hit von 1975, und zunächst auch seine eigene Band nicht. "Doch schließlich wagten wir uns doch daran, wohl wissend, dass damit alle Welt dieses aufgeblasene Ding mit den verrückten Stimmen und dem verspulten Mittelteil assoziiert. Ich denke, wir haben den Song noch ein wenig intensiver und auch ein wenig trauriger gemacht. Um es in den Flaming Lips-Kontext zu stellen, haben wir den Mittelteil mit opernhaften Fanfaren bestückt."

Opern-Fanfaren findet man auf dem anschließenden, regulären Flaming Lips-Studioalbum "At War With The Mystics" (2006) erscheint, dann nicht. Stattdessen darf sich der Fan wieder über einige durchgeknallte und psychedelische Indie-Popsongs freuen.

Wayne Coyne erklärt vorab schon mal den im Titel verwendeten Kriegsbegriff: "Als wir mit dem begannen, was zu 'At War With The Mystics' geworden ist, konnten wir den Kampf zwischen dem denkenden Geist und den geistlosen Fanatikern (der immer wichtiger und ungewinnbarer wird, je weiter die Zeit voran schreitet) nicht vorhersehen. Wir hatten einfach den Einfluss nicht eingeplant, den die Weltpolitik, religiöse Freaks, großspurige Lügner und dieser furchtbare Krieg auf unsere Songs und unsere Seelen haben würden."

Im Zuge des "Embryonic"-Releases 2009 kündigt das Quartett bereits das nächste Kapitel Bandgeschichte an: Eine Kollabo mit den Experimental-Rockern von Stardeath And White Dwarfs sowie Henry Rollins und Peaches. Aber nicht einfach ein Album mit neuen Songs, sondern eine Neuinterpretation des Pink Floyd-Klassikers "The Dark Side Of The Moon" (1973). Das ambitionierte Werk erscheint unter dem naheliegenden Titel "The Dark Side Of The Moon" im Folgejahr.

Weitere Kollabos folgen 2012 auf dem Album "The Flaming Lips And Heady Fwends". Die drei werden unter anderem von Bon Iver, Kesha oder Yoko Ono unterstützt. Sich frei von Genregrenzen mit Gästen auszutoben, scheint Coyne auch in den Folgejahren am meisten Vergnügen zu bereiten. Wie immer wird vor nichts Halt gemacht, nicht einmal vor Beatles-Meilensteinen. Auch diverse gemeinsam mit Miley Cyrus veranstaltete Späße fallen in diese Rubrik.

Nebenbei brechen die Flaming Lips noch Jay-Zs Weltrekord, die meisten Livegigs innerhalb von 24 Stunden zu geben. Die Amerikaner spielen 2012 ganze acht Konzerte zwischen Memphis und New Orleans. In Deutschland erreichen die Lips ihre höchste Hitlisten-Platzierung 2017: "Oczy Mlody" erklimmt Platz 88 in den Album-Charts, für eine Woche.

Multimedial geht mit dem folgenden Longplayer "King's Mouth: Music And Songs" (2019) eine Kunst-Installation einher. Inmitten einer riesigen Metallfigur in Form eines Kopfes können Fans eine LED-Lichtshow erleben. Der Kopf steht wohl für denjenigen des Königs, der in der Album-Story als Riesenbaby zur Welt kommt.

"American Head" (2020) bietet musikalisch eine Hommage an Tom Petty und führt zu einem denkwürdigen Auftritt in Oklahoma City, bei dem Zuschauer und Band in riesigen Plastikkugeln eingepackt sind, um sich vor Covid-19 zu schützen. Es ist nicht die einzige Aktivität im ersten Corona-Jahr: Mit der erst 14-jährigen Nell Smith, die bei Konzerten in Kanada als Papagei verkleidet in den ersten Reihen all ihre Songs mitsang, nehmen die Lips das Nick Cave-Coveralbum "Where The Viaduct Looms" auf, das 2021 erscheint.

Im August 2021 kündigt Michael Ivins an, die Band verlassen zu haben. Der Bassist war das letzte verbliebene Gründungsmitglied neben Frontmann Wayne Coyne, der vorübergehend Willie Nelsons Sohn Micah als Ersatz verpflichtet.

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Live in St. Gallen Sänger Wayne Coyne schwebt über das Publikum.

Sänger Wayne Coyne schwebt über das Publikum., Live in St. Gallen | © Laut.de (Fotograf: Michael Matter) Sänger Wayne Coyne schwebt über das Publikum., Live in St. Gallen | © Laut.de (Fotograf: Michael Matter) Sänger Wayne Coyne schwebt über das Publikum., Live in St. Gallen | ©  (Fotograf: Michael Matter) Sänger Wayne Coyne schwebt über das Publikum., Live in St. Gallen | © Laut.de (Fotograf: Michael Matter)

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