Porträt

laut.de-Biographie

Devin Townsend

Es gibt viele Künstler, die ihr Talent an mehreren Instrumenten und in diversen musikalischen Richtungen ausleben. Bei kaum jemandem jedoch liegen Genie und Wahnsinn so dicht beieinander wie bei Devin Townsend.

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Gitarrenwizard Steve Vai holt den damals 19-Jährigen für seine "Sex & Religion"-Scheibe ans Mikro und beweist damit sein außergewöhnliches Gespür für begabte junge Musiker.

Neben einigen Arbeiten mit The Wildhearts, Front Line Assembly oder IR8, dem Projekt des Ex-Metallica-Bassers Jason Newsted, macht er vor allem mit seiner eigenen Band Strapping Young Lad von sich Reden.

Neben der Brutalität, die Devin dort auslebt, schlummert in seiner Seele noch eine wesentlich sanftere Seite. Der erste Versuch, diese zweite Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen, "Ocean Machine-Biomech", erscheint 1997, in dem Jahr, in dem er auch Stuck Mojos "Pigwalk" produziert. Mit von der Partie sind Drummer Marty Chapman und Basser JR "Squid" Harder.

Die Musik gerät weniger brachial, dafür melodischer, die Zerrissenheit des Frontmanns bleibt allerdings ebenfalls deutlich vernehmbar. Als er sich kurz darauf in psychiatrische Behandlung begibt, hält sich die Verwunderung in überschaubaren Grenzen.

Mit dem zwei Jahre später veröffentlichten "Infintiy" knüpft er nur bedingt an den Vorgänger an. Neben Devin spielen dieses Mal sein SYL-Kollege Gene Hoglan das Schlagzeug, Christian Olde Wolber von Fear Factory den Bass und Andy Codrington ein paar Sachen am Saxophon ein.

Eher nach Strapping Young Lad klingt das 2000er Album "Physicist". Auch nicht unbedingt leichter zu konsumieren (wenn auch wieder deutlich ausgeglichener) wirkt die 2001 folgende Scheibe "Terria". Gene ist wieder mit dabei, den Bass bedient Craig McFarland, die Keyboards Jamie Meyer.

Zusammen mit Kill II This und Godflesh geht Devin mit seiner Soloband auf Englandtour. Statt sich auf seine eigene Musik zu konzentrieren, bringt sich der Workaholic ständig in andere Projekte und Bands ein. Auch als Produzent erfreut er sich hoher Nachfrage, zum Beispiel bei Soilwork, Lamb Of God und Misery Signals.

2003 erscheint mit "Accelerated Evolution" ein weiterer Meilenstein harter Musikgeschichte. Endlich hat Townsend eine feste Besatzung gefunden: Gitarrist Brian Waddel, Bassist Mike Young, Keyboarder Dave Young und Drummer Ryan Van Poederooyen. Er nutzt die Devin Townsend Band als selischen Ausgleich zu den Wutausbrüchen von Strapping Young Lad.

Mit Haupt- und Soloformation geht Devin im Oktober desselben Jahres auf Tour. Die Doppelbelastung verkraftet er recht souverän. In Zukunft plant er sogar, seine Mitmusiker am Songwritingprozess teilhaben zu lassen.

Devin Townsend - Lightwork
Devin Townsend Lightwork
Weniger ist hier immer noch viel.
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Zunächst trägt er aber seinen Teil zum nächsten Ayreon-Werk "The Human Equation" bei, bevor er seine extreme Seite mit seiner Hauptband erneut zum Ausdruck bringt. Das bläst den Kopf frei, um sich auch wieder eher fröhlichen Sachen zu widmen. Die bringt er in Form von "Synchestra" aufs Tonband.

Dass er dabei nicht unbedingt konventionell vorgeht, versteht sich von selbst. In den Staaten sind er und seine Band ab Mitte Februar mit Opeth und Dark Tranquillity unterwegs.

Allerdings kündigt Townsend wenig später an, Strapping Young Lad und auch die Devin Townsend Band zu Grabe tragen zu wollen. Für erstere fehle ihm nach der Geburt seine Sohnes schlicht und ergreifend die notwendige Aggression. Da er es leid sei, auf Tour zu gehen, habe sich auch die Devin Townsend Band erledigt.

Gene Hoglan nutzt die Freizeit, um sowohl das neue Meldrum-Album einzukloppen als auch live bei Unearth auszuhelfen. Devin selbst beweist einmal mehr, wie nahe Genie und Wahnsinn einander sind. Er veröffentlicht Mitte Mai "Ziltoid The Omniscent".

Dabei handelt es sich nach seiner Aussage um "ein vierdimensionales Alien, das zur Erde gekommen ist und momentan fünf Meilen über Qatar schwebt. Von dort schickt es Nachrichten, die aus Musik, Videos und Wörtern bestehen".

Der Kerl sieht aus wie dem Genlabor der Muppet Show entsprungen und braucht den perfekten Treibstoff für seine Zeitmaschine, den es nur hier auf Erden gibt: schwarzen Kaffee. So sehr Townsend auch was am Sträußchen hat, so genial gerät seine Musik.

Devin Townsend kündigt jede Menge Veröffentlichungen an. Den ersten Nachschub gibt es Ende Mai 2009 in Form von "Ki", das allerdings über weite Strecken zu belanglos klingt, als dass es mit den bisherigen Alben konkurrieren könnte.

Einfallsreicher zeigt er sich auf dem Ende des Jahres erscheinenden zweite Teil "Addicted". Das Album lässt sich kaum mit den voran gegangenen Veröffentlichungen vergleichen, da er zum einen immer wieder recht atonal zu Werke geht, und zum anderen mit Anneke van Giersbergen (Agua De Annique/Ex-The Gathering) mehrfach auf eine Gastsängerin zurück greift.

Seine extreme Genrebandbreite stellt HevyDevy mit dem Doppelrelease "Deconstruction" / "Ghost" unter Beweis. Ersteres greift auf Strapping Young Lad-Erfahrung zurück, bietet komplexe, verschwurbelte Songmonster und findet seinen genial-verrückten Höhepunkt im 16-minütigen Irrealitätsgewichse "The Mighty Masturbator". "Ghost" bietet derweil das genaue musikalische Gegenteil: atmosphärische Ambientklänge, sommerliche Wohlfühlsongs, entspannte Meditationsballaden.

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Devin Townsend "Ich habe keine Mötley Crüe-Storys"
Devin Townsend über "Transcendence", Religion und ein potentielles Bandprojekt.
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Unter dem Motto "It's epic, it's loud, it's 'Epicloud'" bannt Townsend den kompletten Facettenreichtum der vorhergehenden Devin Townsend Project-Veröffentlichungen "Ki", "Addicted", "Deconstruction" und "Ghost" auf eine Platte. Das Ergebnis ist vermutlich das bisher poppigste Album des Kanadiers.

Im Anschluss widmet er sich einem, wie er es selbst ausdrückt, "unglaublich dämlichen und kitschigen Projekt". Dieses erscheint im Mai 2014 unter dem Namen "Casualties Of Cool" und entpuppt sich als Country - die äußersten Grenzen von Devins Schaffens- und Genrespektrum scheinen noch lange nicht erreicht und der townsendsche Kreativitätspool nicht ausgeschöpft zu sein.

Townsend finanziert das Album mittels einer überaus erfolgreichen Pledgekampagne. Bereits nach wenigen Stunden ist das Ziel erreicht, am Ende der Aktion stehen weit über 500 Prozent des geplanten Budgets zu Buche. Kein Wunder, bietet Devin doch gewohnt exzentrische Pledge-Geschenke. Ein persönliches Geburtstagsständchen? Kein Problem. Das Haustier hat noch keinen Namen? Devin fällt bestimmt einer ein.

Zum Zeitpunkt des Releases befindet sich Townsend bereits mitten im Aufnahmeprozess seines nächsten Projektes. Die Fortsetzung der Ziltoid-Story nimmt Gestalt an. Für "Z2" verwendet der Musiker Teile des überschüssigen "Cuasualties"-Geldes. Den Rest spendet er an Tierheime.

Im Package befindlich ist neben der Ziltoid-Platte auch noch das nächste DTP-Album "Sky Blue", das eigentlich den Abschluss dieses Projekts bilden sollte. Doch schließlich hat Townsend bald wieder zu viel Material für dieses Banner und seine Band (Ryan van Poederooyen, Brian Wadell, Dave Young, Mike St-Jean) zu lieb gewonnen, um damit aufzuhören. Also gibts 2016 den siebten Streich "Transcendence", der eine facettenreiche Zusammenfassung des Schaffens des Kanadiers bietet. Ja, er ist heavy, ja er mag Musicals und ja, es ist bombastisch, aber verdammt: Es ist gut.

Anlässlich des zwanzigsten Geburtstags seines Solodebüts "Ocean Machine-Biomech" lässt sich Heavy Devy etwas ganz Besonderes einfallen. Der Rahmen ist mit der imposanten Kulisse des römischen Amphitheaters im bulgarischen Plowdiw angemessen gewählt. Für die Komplettaufführung stößt Original-Tieftöner John Harder zur Band.

Im ersten Teil des Abends gibt der Kanadier ein Best Of-Set ausgewählter Fanfavoriten zum Besten. Verstärkt vom ortansässigen Orchester ergibt dies eine volle Bühne mit voluminösem Sound, was die Live-Nachlese "Ocean Machine - Live At The Ancient Roman Theatre Plovdiv" in gewohnt guter Bild- und Tonqualität festhält.

Diese Platte besiegelt das Ende des Devin Townsend Projektes. Der Mastermind hält an der Maxime des steten Wandels fest. Tobt er sich gerne auf Albumlänge in einem Stil aus, bündelt der Multiinstrumentalist auf "Empath" sämtliche Facetten.

Townsends Musik zeichnet eine immense Vielgestaltigkeit aus. Mental immer und überall zu finden, erschafft er kontinuierlich Referenzwerke. Ihren Zusammenhalt gewinnen die Platten durch den raumgreifenden Klang, hervorgebracht durch Multitracking-Experimente und Hallfahnen in Milchstraßen-Ausmaß. Stilistisch limitiert er sich nicht: Metal, Pop, Prog, Ambient, New Age und klassischer Bombast spielen allesamt eine Rolle im kosmischen Surroundsystem als das Devins Geist zu bezeichnen ist.

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1 Kommentar

  • Vor 4 Jahren

    Ich will Devin Townsend nicht schlecht reden. Aber ein wenig nervt mich, dass er eine Art versimpelte Version von Mastodon rüberbringt. Und selbst die Machart der Plattencover ist von Mastodon abgekupfert. Das hat leider einen Beigeschmack...