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laut.de-Biographie

Mekong Delta

Mekong Delta ist ohne Zweifel eine der talentiertesten und gleichzeitig unterbewertetsten Bands im internationalen Metal-Zirkus.

Vorchecking: Pixies, Brody Dalle, Insomnium
Vorchecking Pixies, Brody Dalle, Insomnium
Außerdem ab Freitag im Plattenladen: Iggy Azalea, Autopsy, Devil You Know, Mekong Delta, The Arkanes, Whitechapel, Westernhagen uvm.
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Vergleiche mit den Techno-Thrash Göttern WatchTower waren zu Beginn nicht selten und voll und ganz berechtigt. Außerdem war die Besetzungsliste des Projekts eines der bestgehüteten Geheimnisse der Musikgeschichte.

Als Ralf Hubert 1985 seine Idee verwirklicht, mit deutschen Musikern ein Projekt zu starten, in dem alle nur unter Pseudonymen mitspielen, tritt er selber zunächst nur als geistiger Vater in Erscheinung. Auf seinem Aaarrgh Label fängt er schließlich an, Demos zu produzieren, wobei Jochen Schröder (Gitarre) und Peavy Wagner (Bass), die damals beide bei Rage spielen, Jörg Michael (Stratovarius/Saxon) an den Drums und Sänger Wolfgang Borgmann für die musikalische Umsetzung verantwortlich zeichnen.

Schnell ist klar, dass Jochen Schröder nicht wirklich reinpasst und auch die technischen und musikalischen Voraussetzungen nicht erfüllt, weswegen er seinen Platz räumen muss. Für ihn kommen die beiden Living Death-Gitarristen Reiner Kelch und Frank Fricke ins Team, die eh schon bei Ralf unter Vertrag sind. Als auch Peavy das Projekt als Musiker verlässt (er schreibt weiterhin die Texte), greift Hubert selbst zum Bass. Da er der Meinung ist, dass deutsche Musiker nicht voll akzeptiert würden und manche von den Leuten anderweitig unter Vertrag stehen, liest sich das Line-Up wie folgt: Björn Eklund (aka Ralf Hubert) am Bass, Gordon Perkins (aka Jörg Michael) an den Drums, Rolf Stein (aka Frank Fricke) und Vincent St.Johns (aka Reiner Kelch) an den Gitarren und Keil (aka Wolfgang Borgmann) am Micro.

Diese Besetzung spielt das selbstbetitelte Debütalbum ein, welches Hubert auch produziert. Kurz darauf schieben sie die Picture Disc "The Gnome" nach, eine Verarbeitung des klassischen Stücks von Mussorgski. Da Jörg Michael zwischenzeitlich anderweitig verpflichtet ist, ersetzt ihn kurzfristig Patrick Duval (aka Uli Kusch, der inzwischen auch bei Holy Moses/Gamma Ray/Helloween/Sinner und zueltzt auch Masterplan aktiv war).

Nach der Fertigstellung von "The Music Of Erich Zann", wieder mit Michael, verlässt Reiner Kelch die Band, da es zu deutlichen Meinungsverschiedenheiten mit den andern Bandmitglieder kommt. Dem Album liegt eine geniale Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft zu Grunde, welche Peavy geschickt in die Gegenwart umsetzt, und ist eine deutlich Steigerung zum schon starken Debüt. Ersatz für Reiner finden sie in Mark Kaye (aka Uwe Baltrusch), der im selben Jahr noch auf "Toccata" seinen Einstand gibt. Bei dem Lied handelt es sich ursprünglich um ein Klassikstück von A. Ginesterra.

Das Album "The Principle Of Doubt", welches auf einem Fantasyroman namens "Die Chroniken von Thomas Covenant" von Stephen Donaldson basiert, ist Frickes letzte Platte mit Mekong Delta und die verbleibenden Mitglieder einigen sich darauf, ihn nicht zu ersetzen. Es folgt eine längere Sendepause, in der man von der Band weder etwas sieht noch hört und die Gerüchte über eine Auflösung häufen sich. Mekong Delta nutzen die Zeit aber, um "Dances Of Death" zu komponieren und um Ersatz für Sänger Borgmann zu finden, der sich mit der Musik nicht mehr identifizieren kann. Seinen Posten übernimmt fortan Doug Lee, ehemaliger Frontsirene von Siren.

Mit der Veröffentlichung von "Dances Of Death" gehören die Pseudonyme der Vergangenheit an. Allein Jörg Michael nennt sich weiterhin Gordon Perkins, vermutlich aus rechtlichen Gründen. Kurz danach verlässt Michael die Band endgültig, um sich finanziell vielversprechenderen Aufgaben zu widmen. Hubert findet in dem Schweizer Peter Haas adäquaten Ersatz und endlich kommen die Fans auch mal in den Genuss, die Band live zu erleben. "Live At An Exhibition" nehmen sie im Oktober '91 bei ihrem zweiten Live-Gig in Deutschland auf und beweisen zwar eindrucksvoll, dass Mekong Delta auch live ihre komplexen Stücke zur Geltung bringen können, jedoch auch, dass der Sound auf der Aufnahme ganz schön beschissen ist.

"Kaleidoscope" kann man als eine Art Zugeständnis an den Hörer sehen, da sich Komplexität und Konsumierbarkeit der Musik in etwa die Waage halten. Außerdem ist mit "Dance On A Volcano" eine Cover-Version von Genesis enthalten, was wohl einer Huldigung an alte Faves gleichkommt. "Sabre Dance", ein weiterer Song von "Kaleidoscope", ist die einzige Klassikadaption Huberts, die nicht auf der '93er Scheibe "Classics" landet. Auf ihr befinden sich unter anderem Adaptionen von Julio Sagreras "El Colobri" für Bass und Drums oder "Twilight Zone", welches, wie viele andere Stücke auch, einmal von der "Chronicle Of Doubt" beeinflusst ist, von Stu Philips fürs Orchester komponiert und von Mekong Delta für Band und Orchester umarrangiert wird.

Auch der Nachfolger "Visions Fugitive" ist wieder ein Meisterwerk von klassischen Arrangements und verzerrten Gitarren. Doug Lee hält sich mit seinem extrem hohen Gesang etwas zurück und macht es damit einigen Leuten leichter, sich die genialen Kompositionen von Ralf zu Gemüte zu führen. Anschließend ist es wieder zwei Jahre lang absolut still um die Band, ehe 1997 "Pictures At An Exhibition" auf den Markt kommt. Das rein instrumentale Album erscheint ohne Doug Lees Beteiligung und enthält insgesamt 32 Songs. Die 16 Songs sind einmal für Gitarre, Drums und Bass arrangiert, und anschließend noch einmal mit zusätzlichen Orchesterarrangements.

Später im selben Jahr erscheint eine CD-ROM mit einer Biographie über Modest Mussorgsky, mehreren Bildern verschiedener Künstler, unveröffentlichten Fotos, Live-Video-Clips und eine Doku der Entstehung von "Pictures At An Exhibition". Jetzt ist auch klar, warum es so lange still um die Band war, denn der Aufwand, den Ralf für diese CD-ROM betrieben hat, ist außergewöhnlich. Einzelne Stücke können sogar neu arrangiert, bzw. einzelne Spuren separat angehört werden. Viel Zeit verbringt Ralph damit an der Neuabmischung der alten Scheiben zu arbeiten. Schließlich kündigt er aber auf seiner Labelseite ein neues Studio-Album von Mekong Delta an, welches Ende 2005 erscheinen soll.

Das ist allerdings ein wenig zu optimistisch gedacht, denn es dauert doch noch eine ganze Weile, ehe es im Hause Mekong Delta tatsächlich an Neuaufnahmen geht. Zunächst veröffentlicht Ralf (anfangs ausschließlich für die Mitglieder des Fanclubs) die DVD "Live In Frankfurt 1991", die von ein paar Fans inzwischen schon für horrende Preise im Internet vertrieben wird. Nach einiger Suche wird er tatsächlich auch in Sachen Musiker fündig und präsentiert zunächst den Schweden Peter Lake (Theory In Practice) als neuen Gitarristen. Uli Kusch (zu dem Zeitpunkt Beautiful Sin/Ride The Sky) spielt die Drums ein und in Leo Szpigiel (Ex-Scanner/Angel Dust) findet er letztendlich den richtigen Sänger.

AFM Records lassen sich die Möglichkeit nicht entgehen und sichern sich die Vertriebsrechte am neuen Album "Lurking Fear". Dem Digipack der Scheibe liegt die DVD als Bonus bei, und wie Ralf im Interview mit laut.de versichert, soll man die Band auch live bewundern können - allerdings nicht in der Studio-Besetzung. Im Herbst des Jahres sieht die Sache so aus, dass Alex Landenburg (Axxis, At Vance, Angel's Cry) hinter den Drums sitzt und am Mikro Martin LeMar (Tomorrow's Eve) steht. Damit nicht genug, hat sich Ralf für die ersten Konzerten in Russland gleich zwei neue Gitarristen geholt. Benedikt Zimniak spielt mit Drummer Alex noch bei Memento und Erik Adam H. Grösch stammt von Annon Vin.

Auf der Homepage stellt Ralf noch einmal unmissverständlich klar, dass Mekong Delta nicht an einzelne Musiker gebunden ist, sondern nur an eine bestimmte Musik und Art der Komposition. Die Verwendung von Pseudonymen zu Beginn der Karriere sollte unter anderem jeglichen Personenkult vermeiden. Da es schwierig ist, vier weitere Musiker so zu koordinieren, dass ein Tour möglich ist, muss man auch in Zukunft mit wechselnder Besetzung rechnen.

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Mekong Delta "Martin LeMar und ich entwickeln uns zu einem echt guten Team"
Mekong Delta-Boss Ralf Hubert hält nach wie vor große Stücke auf seinen Sänger.
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Dennoch bleibt Ralf dieses Team zunächst treu und setzt seine musikalischen Visionen auf "Wanderer On The Edge Of Time" einmal mehr perfekt um. Die Scheibe erscheint Anfang Juni 2010 und knüpft textlich wie musikalisch an das geniale "Dances Of Death"-Album an, birgt dabei aber auch einige Neuerungen im Mekong-Universum. Stagnation ist also nach wie vor ein Fremdwort für Ralf Hubert.

Der Blick auf das bisherige Schaffen sei jedoch erlaubt und da die Nachfrage ständig präsent ist, nehmen Mekong Delta ein paar der alten Klassiker im aktuellen Line-Up neu auf. "Intersection" erscheint Mitte April 2012, ist aber quasi nur der Appetizer für das auf Ende des Jahres angesetzte, nächste Studioalbum. Wie kaum anders zu erwarten, verschiebt sich dieses dann doch wieder, aber Ende April 2014 ist "In A Mirror Darkly" endlich fertig.

Tatsächlich kommt es zu einigen wenigen Auftritten, doch oft bekommt man die Band nicht zu Gesicht. Tatsächlich beginnt Ralf bereits 2016 mit den Arbeiten zum nächsten Album, die sich über vier Jahre erstrecken. Dabei wird die Zusammenarbeit zwischen ihm und Martin immer enger und besser und so scheint auch das Mammut-Projekt "Heart Of Darkness" so langsam aber sicher in greifbarer Nähe zu sein.

Zunächst erscheint aber das nächste Meisterwerk "Tales Of A Future Past", auf dem sich laut Ralf tatsächlich die ersten musikalischen Ansätze befinden, die die Umsetzung von "Heart Of Darkness" musikalisch möglich machen könnten. Etwaige Tourpläne werden von der Corona-Pandemie zunichte gemacht, dafür erhört Herr Hubert die Bitten zahlreicher Fans und stellt die komplette Mekong Delta-Diskographie nicht als High Quality Download auf dem neuen Bandcamp-Profil zur Verfügung.

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