Porträt

laut.de-Biographie

DMX

"Don't worry 'bout me 'cause I'm gonna ball", beruhigt DMX seine Fans auf einem Track seines Albums "Undisputed". So lange er seine Tätigkeit auf Aktivitäten am Mic beschränkt, besteht tatsächlich kein Grund zur Sorge. Abseits dessen sieht es schon anders aus.

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Die Liste der Verfehlungen, derer DMX im Laufe der Jahre angeklagt wird, erscheint endlos. Manche Vorwürfe stellen sich als haltlos heraus. Mit Drogen- und Waffenbesitz, Missachtung von Verkehrsregeln, Fahren ohne Führerschein, Diebstahl, Urkundenfälschung, Amtsanmaßung, öffentlicher Verwendung unangemessener Sprache, Nicht-Erscheinen vor Gericht und Verstößen gegen Bewährungsauflagen bleiben immer noch genügend Gründe, um DMX wieder und wieder hinter Gitter zu befördern.

Der Mann mit dem markant bellenden Organ besitzt aber auch eine andere Seite: The Source wittert in ihm schon 1990 den nächsten "Unsigned Hype". Mit Recht. Als erster Rapper nach Tupac Shakur platziert DMX 1998 gleich zwei Alben in einem Jahr an der Spitze der Billboard Charts. 2003 geht er als bis dato einziger Künstler, dessen fünf Longplayer in Folge auf Platz eins der Hitparade schießen, in die Musikgeschichte ein.

Man ahnt es schon: Der Weg des DMX, der Berichten zufolge an einer Bipolaren Störung leidet, verläuft selten in geraden Bahnen. Das beginnt schon in seiner Kindheit. Earl Simmons kommt am 18. Dezember 1970 zur Welt. Seine streng gläubige Familie verfrachtet ihn schon bald nach Yonkers. Hier, in der viertgrößten Stadt im Bundesstaat New York, wächst Earl auf. Schon in jungen Jahren kommt er mit dem Gesetz in Konflikt, lernt Besserungsanstalten und das Gefängnis von innen kennen.

Die ärmlichen Verhältnisse, aus denen er stammt, liefern Anlass zu Hänseleien. Earl hat keine Freunde, hängt sein Herz statt dessen an Pitbull Boomer, den er als Kind geschenkt bekommt: "Der Hund war mein Freund. Ihm war es als einzigem egal, ob ich billige Klamotten getragen habe. Er war für mich da, weil er mich geliebt hat."

Boomer kommt Jahre später unter die Räder, den Pitbulls bleibt DMX treu, wenn auch nicht immer angemessen verbunden. Bei einer Hausdurchsuchung findet die Polizei 1999 nicht nur Waffen, Munition und Crackpfeifen, sondern auch 13 Hunde in Käfigen in übler Verfassung.

Das Verfahren, unter anderem wegen Tierquälerei, wird nach Erfüllung verschiedener Auflagen eingestellt. Bei der Haltung von Hunden hat DMX bald offenbar dazu gelernt. 2003 bringt er sogar eine Bomberjacken-Kollektion für seine vierbeinigen Homies auf den Markt, bei denen er sich auch seinen bellenden Rap-Stil abgeschaut hat.

Zurück zum Anfang: In den 80er Jahren, als der Siegeszug des Hip Hop beginnt, erfasst die Welle auch Earl. Er beginnt als Beatboxer, wechselt aber bald zum Rap. Für seinen Künstlernamen DMX steht eine Drummachine Pate. Erst später deutet er das Kürzel zu Dark Man X um.

Den Kritikern bei The Source gefällt, was sie von DMX hören. Ihr "Unsigned Hype" bleibt nicht lange ohne Vertrag: Bei Columbias Unterlabel Ruffhouse findet DMX eine erste Labelheimat.

Das Glück währt allerdings nicht lange. Die erste Single "Born Loser" wird statt den hohen Erwartungen eher ihrem Titel gerecht und floppt. Columbia setzt lieber auf Kris Kross und Cypress Hill und stellt DMX frei. Seine zweite Single erscheint 1994 auf Independent-Basis und beschert ihm einen Kontakt zum Label Def Jam.

Dort verstehen sie ihr Handwerk und bringen DMX als Feature-Gast bei LL Cool Js "4,3,2,1", The Lox' "Money, Power And Respect" und diversen anderen unter. "Get At Me Dog", seine erste Single für Def Jam, bietet als nach vorne preschender Club-Banger den richtigen Vorgeschmack fürs Debüt "It's Dark And Hell Is Hot".

DMX' "Ruff Ryders Anthem" mit ihren Synthie-Fanfaren avanciert zum Alltime-Classic. Noch im selben Jahr folgt sein zweites Album "Flesh Of My Flesh Blood Of My Blood". Für beiden Alben erhält DMX in Amerika mehrfach Platin und obendrein einen Music Award als bester Rap-Act.

Der Erfolg seines Debüts beschert DMX den Ruf als legitimer Nachfolger von 2Pac, doch auch die engstirnigsten Fans müssen bald einsehen, dass er sich nicht umsonst auch Dark Man X nennt. Im Gegensatz zum omnipräsenten Ladies Lover, Thug und Bürgerrechtler 2Pac verkörpert DMX mehr die dunklen Seiten der Seele. So tritt er neben Jay-Z, Method Man und Redman bei der "Hard Knock Life"-Tour auf, zum damaligen Zeitpunkt die erfolgreichste Hip Hop-Tournee aller Zeiten, wird unterwegs aber verhaftet. Man wirft ihm vor, an einer Messerstecherei beteiligt gewesen zu sein.

Den Siegeszug seines dritten Albums "... And Then There Was X" beeinträchtigt das nicht. DMX verzeichnet den bislang größten kommerziellen Erfolg in seiner Karriere.

In den nächsten Jahren versucht sich DMX verstärkt als Schauspieler. Neben Nas, Method Man und T-Boz spielt er im Film "Belly" von Hype Williams. Später folgen unter anderem Filme mit Steven Segal ("Exit Wounds") und Jet Li ("Romeo Must Die"). DMX etabliert sich in Hollywood.

2001 widmet sich Earl Simmons wieder der Musik und wirft sein viertes Werk "The Great Depression" auf den Markt. Auf der Scheibe entfernt er sich etwas von Ruff Ryders und lässt die Leute seines Bloodline-Labels an die Front. Die Atmosphäre wirkt noch dunkler, zerrissener und offenbart DMX' gespaltene Persönlichkeit.

Immer stärker zieht sich DMX aus dem Rapgeschäft zurück. Er kündigt sein letztes Album an, er habe die Schnauze voll. "Grand Champ" erscheint im Herbst 2003 und zeigt DMX von der besten Seite. Musikalisch herrscht danach zunächst Funkstille. Was nicht bedeutet, dass DMX aus den Schlagzeilen verschwände.

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Im Juni 2004 wird er auf dem Parkplatz des Kennedy Airports beim Versuch verhaftet, ein Auto zu stehlen. Die rettende Idee, sich als "special agent" auszugeben, erntet bei den Vertretern der Staatsgewalt grandiose Lacher: Offenbar sind Rap- oder Kino-Fans an der Festnahme beteiligt. DMX wird sofort erkannt und wandert ins Kittchen. In einem anschließenden Verfahren wird ihm eine Geldstrafe aufgebrummt. Zudem muss er seinen Führerschein abliefern.

Das hält einen Original Gangster noch lange nicht vom Fahren ab: Im April 2005 tritt DMX in der Bronx schwungvoll in Kontakt mit einer Polizeistreife. Wegen Fahrens ohne Führerschein und eines weiteren Vorfalls, bei dem er die zulässige Höchstgeschwindigkeit gediegen ignoriert, wird er im darauf folgenden Oktober zu 60 Tagen Haft verurteilt.

Vorher erschüttert DMX die Rap-Welt noch mit einer Ankündigung. Am 25. Juli 2005 erklärt er seine Rückkehr ins Game und verspricht ein neues Album mit dem Titel "Here We Go Again". Diverse Probleme, ein Labelwechsel und vorzeitig ins Netz durchsickernde Songs verzögern die Veröffentlichung jedoch gewaltig.

2006 erklärt DMX dann aber zum Year of the Dog. Im Januar geht das Gerücht um, DMX sei als neues Mitglied der G-Unit im Gespräch. Tatsächlich unterschreibt er einen Vertrag bei Columbia und räkelt sich fortan unter dem Dach von Sony BMG. Def Jam gestattet ihm, die bereits geschriebenen Tracks zu behalten. Als im März die Titel-Änderung in "Year Of The Dog ... Again" bekannt gegeben wird, soll das Material jedoch komplett überarbeitet und die Produktionen aufgemotzt worden sein.

April 2006 verlässt zunächst die Single "We In Here" die Dunkelheit des Studios, das Album folgt tatsächlich Ende Juli. Produktionen von Swizz Beatz, Scott Storch und einigen anderen untermauern die Reibeisenstimme des DMX, der insbesondere an der Seite von Busta Rhymes in "Come Thru" zu Höchstform aufläuft.

"Year Of The Dog ... Again" taugt bestens dazu, eine beliebige Crowd in einem beliebigen Club zu beliebigem Blödsinn anzustacheln, auch wenn die religiösen Ausbrüche mit den waffenstarrenden Posen im Booklet schwer in Übereinstimmung zu bringen sind.

Danach wird es wieder einmal ruhiger um DMX. Mit "The Definition Of X: The Pick Of The Litter" erscheint 2007 ein Best-Of-Album. Mit "The Best Of DMX" legt Def Jam 2011 noch eins drauf. DMX selbst verlegt sich aufs Predigen, erübrigt zwischen diversen Knastaufenthalten aber auch Zeit für seine anderen beiden Standbeine, Musik und Schauspielerei.

Nach seiner Haftentlassung 2010 dreht er den Pilotfilm zu einer Reality-Serie über sich selbst. Zu Fortsetzungen kommt es jedoch nicht mehr, da er kaum drei Wochen später schon wieder hinter Gittern sitzt.

Ebenfalls 2010 geht seine Ehe mit seiner Frau Tashera, mit der er vier gemeinsame Kinder hat, in die Brüche. DMX' zahlreiche Seitensprünge, aus denen mindestens fünf weitere Sprösslinge hervor gegangen sind, dürften das Ihrige beigetragen haben.

Schon 2011 kündigt DMX sein neues Album "Undisputed" an. Das erscheint allerdings erst Ende 2012. Fans in Deutschland müssen sich sogar bis März 2013 gedulden. Immerhin: DMX überbrückt die Wartezeit mit der EP "The Weigh".

2015 pinkelt ihm sein Label Seven Arts Music ans Bein. Das Album "Redemption Of The Beast" besteht aus Studiosessions von 2012, die der Dark Man lieber unter Verschluss gehalten hätte. Seine Plattenfirma reibt sich stattdessen profitgierig die Hände und veröffentlicht die halbgare Zusammenstellung mies produzierter Tracks. Ein Release, das DMX keine Ehre macht und das er wohl lieber aus seiner Diskographie streichen würde.

Im darauffolgenden Jahr verhilft der schlagkräftige Superheld Deadpool seinem Hit "X Gon' Give It To Ya" zu einem zweiten Sommer. Der Trailer zur irrwitzigen Marvel-Verfilmung setzt den Song maßgeschneidert zu den Action-Szenen ein. Deadpool beweist in der Vorschau bereits guten Musikgeschmack.

DMX' charakteristisch kläffender Stil und seine zur Faust geballten Stimmbänder machen seinen Rap über die Jahre hinweg unverwechselbar. "Fuck what you think, fuck what you say, 'cause I'mma be the dog all day" - und, wie DMX bereits wissen ließ: "The dog gonna be alright, you'll see."

Nachdem er Anfang April 2021 zuhause einen offenbar durch eine Überdosis ausgelösten Herzanfall erleidet, wird DMX in die Klinik eingeliefert und muss dort künstlich beatmet werden. Seine Chancen auf Genesung seien schlecht, heißt es schon bei der Einlieferung. Am 9. April wird der Rapper dann für tot erklärt. Als Grund geben die Ärzte einen Herzstillstand an. Earl Simmons wurde nur 50 Jahre alt.

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2021 Exodus

Kritik von Mirco Leier

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