Porträt

laut.de-Biographie

Fatoni

Fatoni, bürgerlich Anton Schneider, ist einer der Anachronisten im Rapgame. Erfrischend ehrlich in seiner Hingabe zur Ambivalenz und der Absage an ein glattpoliertes Image.

Doubletime: Lauterbach lässt Sido abblitzen
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Samy, der Wu hat angerufen! Bushidos Hochzeit geplatzt. Fatoni im Krankenwagen. Nura auf Bildungsreise. Wiley ent-ehrt. CSI: Stuttgart.
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Bekannt als langjähriges Mitglied der Münchener Crew Creme Fresh neben Keno und Bustla sowie als konstitutiver Teil der Edgar Wasser-Fatoni-Kombo, bleibt er auch nach Jahren Hustle im Haifischbecken Musikindustrie seiner Anti-Image-Kampagne treu: "Ich habe nie den Masterplan entwickelt, wer dieser Fatoni ist oder wofür der steht."

Virulente Promostrategien widerstreben dem geborenen Münchener ebenso wie eine dogmatische Eigendefinition: "Das ist mir zu langweilig. Ich mache lieber unterschiedliche Songs, in denen ich mir selber widerspreche", sagt er im Interview.

Gleichermaßen bequem wie intelligent schlawinert er sich an jeder eindeutigen Positionierung vorbei. "Bisschen Bildungsbürger, bisschen Proletariat, 'n bisschen auf der Street, bisschen Volontariat", bisschen Bajuwaren-Grantler, bisschen Halbstarker, bisschen Battlerapper. Bisschen Künstler. Bringt Fatoni eine Line gegen alle Nach-Berlin-Gezogenen, kann man sich auf jeden Fall sicher sein, dass er da selbst hinziehen möchte. "Ich mag die Attitude vom Widerstand, aber auch Apple-Produkte ziehen mich an."

Fatoni - Wunderbare Welt
Fatoni Wunderbare Welt
Unterhaltsam, reflektiert, tot produziert.
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Fatoni, das ist der Typ, der sich ziemlich planlos zwischen Systemkritik, Selbstreflexion und Schuljungengepöbel bewegt. Der Typ, der ein Faible für alte Koffer hat, am liebsten auf dem Fahrrad schreibt und gerne Bahn fährt. Der resignierende Antiheld, der gerne an der Uhr drehen und irgendwie die Welt verbessern möchte, den Zeigefinger aber eigentlich nur erhebt, um ihn wie ein kleiner Junge dem nächstbesten Vorbeilaufenden ins Ohr zu stecken.

Es schlägt 2000, als Fatoni nach einigen Bieren sein Talent zum Freestylen entdeckt und sich kurze Zeit später mit Keno und Bustla in den Südstaaten Deutschlands zu Creme Fresh formiert. Mehr als zehn Jahre, drei Alben, viele Freestylebattles und "Feuer Über Deutschland" später, machen Keno und Bustla sich auf, um mit der Brassband Moop Mama durch die Lande zu ziehen.

Unterdessen beginnt Fatoni sein Schauspielstudium auf der renommierten Otto Falckenberg Schule in München. Wie er dazu kommt? "Über Rap. Mit Creme Fresh haben wir live immer so 'ne lustige Show gemacht, wie damals auch Maeckes & Plan B. Als ich darüber nachgedacht habe, was ich eigentlich später mal werde, wenn ich älter bin oder das mit Rap nicht so groß wird, wollte ich doch noch mal was Sicheres machen und bin deshalb Schauspieler geworden."

Neben seinem Studium arbeitet er unter anderem mit Unterstützung von Audio 88 & Yassin, Dexter, Sir Serch und Edgar Wasser an seinem Solodebüt "Solange Früher Alles Besser War", das 2011 über Kopfhörer Records erscheint. Letzteren lernt Fatoni in eben diesem Jahre kennen. Edgar hat gerade erst seine zweite EP herausgebracht und spielt als Vorband von Creme Fresh eines seiner ersten Konzerte. Die beiden Münchener sind schnell auf einer Wellenlänge und entwickeln eine enge persönliche wie musikalische Beziehung, die in der Kollabo "Nocebo" fruchtet, das 2013 erscheint.

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Fatoni "Ein Großteil der Rapszene ist faschistoid"
Fatoni über "Andorra", Klaus Voormann und Samy Deluxe als Wegbereiter von Verschwörungstheorien.
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Fatoni, inzwischen Schauspieler am Augsburger Theater, begegnet dem wachsenden Rummel um seinen Kollegen gelassen und bringt im Mai 2014 seine kostenlos erhältliche EP "Die Zeit Heilt Alle Hypes" auf den Markt. Darauf zu finden sind neben Edgar Wasser-Features unter anderem der YouTube-Hit "Dicke Hipster" sowie Part II des legendären Juse Ju-Features "Vorurteile", diesmal mit den Antilopen. Selbst Fettes Brot können sich ein Cover nicht verkneifen und machen den Track Vorurteile III.

Wie auch sonst selten, legt sich Fatoni auch musikalisch nicht wirklich fest. So arbeitet er mit dem eher poplastigen The Gunna ebenso gerne wie mit dem düsteren Provo oder klassischen Verfechtern des Boombap wie Maniac und Dexter. Mit Dexter, der u.a. schon "Lauf Der Dinge", "Mutterficker Von Track" und "Dicke Hipster" für Fatoni produziert hat, arbeitet er 2014 an einem gemeinsamen Album.

Gemäß dem Motto "um die Ecke gedacht wie bei Schach, immer noch besser als um die Ecke gebracht" hält er in diesem Jahr mehr denn je an seinem altbewährten Stilmittel Ironie fest und bleibt als subversiver Misanthrop (subversiv wie Saufen), Kritiker und Kabarettist "strikt ambivalent konsequent inkonsequent". Dass alles um ihn herum größer wird als er, damit hat sich Fatoni längst abgefunden. Sein selbsterklärtes Ziel: das Cover der Mobil [Anm. d. Red.: Kundenmagazin der Deutschen Bahn]. Bis dahin macht er weiter Kunst. "Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, baue ich ein Reizwort ein ... einfach um ein paar Meinungen zu spalten ..."

Nur etwa ein halbes Jahr nach dem Mixtape "Im Modus" erscheint mit "Alle Liebe Nachträglich" im Oktober 2017 das Kollabo-Konzeptalbum mit Mine. Darauf arbeitet sich das Duo an den Banalitäten des Liebeslebens ab. Das Ergebnis ist quasi der Gegenentwurf zur Wanda'schen Amore.

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Fatoni & Edgar Wasser - Delirium: Album-Cover
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2021 Delirium

Kritik von Yannik Gölz

"Kennste, kennste" als Adlib wäre der logische nächste Schritt. (0 Kommentare)

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Berlin, SO 36, 2017 Ein sehr schicker Hip Hop-Abend in der Hauptstadt - inklusive Juse Ju, Dexter u.a.

Ein sehr schicker Hip Hop-Abend in der Hauptstadt - inklusive Juse Ju, Dexter u.a., Berlin, SO 36, 2017 | © laut.de (Fotograf: Alexander Austel) Ein sehr schicker Hip Hop-Abend in der Hauptstadt - inklusive Juse Ju, Dexter u.a., Berlin, SO 36, 2017 | © laut.de (Fotograf: Alexander Austel) Ein sehr schicker Hip Hop-Abend in der Hauptstadt - inklusive Juse Ju, Dexter u.a., Berlin, SO 36, 2017 | © laut.de (Fotograf: Alexander Austel) Ein sehr schicker Hip Hop-Abend in der Hauptstadt - inklusive Juse Ju, Dexter u.a., Berlin, SO 36, 2017 | © laut.de (Fotograf: Alexander Austel)

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