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Hieroglyphics

Das Bandlogo der Hieroglyphics ist eigentlich eine Punkt-Punkt-Strich-Zeichnung, jedoch hat das primitive Gesicht ein drittes Auge über der geraden Linie, die als Mund herhalten muss. Ein Zeichen, das ziemlich sicher eine Ähnlichkeit mit dem Kopf der Zulu Nation aufweist. Denn die Hieroglyphics haben in der Tradition dieser Rap-Vereinigung einiges zu sagen und sind dazu fest in der Hip Hop-Kultur verankert.

Hieroglyphics - The Kitchen
Hieroglyphics The Kitchen
Funk-Spaß mit den Rap-Legenden.
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Auf der anderen Seite erkennt man bei oben genanntem Zeichen eine starke Ähnlichkeit mit dem bekannten Smiley-Logo. Wiederum darf man Absicht unterstellen, denn die Rap-Crew aus der Bay Area San Franciscos ist bekannt für ihre positive Botschaft, die sie in ihren Texte vermittelt. Ein Künstlerkollektiv, das die besten Voraussetzungen erfüllt, um bei den anspruchsvollen Hip Hop-Fans auf ein offenes Gehör zu stoßen.

Die Crew, die sich Mitte der Neunziger gründet, besteht aus neun verschiedenen Künstlern, die unabhängig voneinander im Musikbit Fuß fassen haben. In erster Linie wäre da Del Tha Funkee Homosapien, dem die Hieroglyphics ihren ersten Kontakt mit einer Plattenfirma zu verdanken haben.

Sein Cousin Ice Cube, zu dieser Zeit schon eine feste Größe in der Rap-Szene, bringt Del mit den richtigen Leuten zusammen und legt gleich diverse gute Worte für den 17-Jährigen äußerst Talentierten ein. Die Jungs der Hieroglyphics-Truppe kennen sich zu dieser Zeit schon aus der High School, haben aber noch keine feste Gruppe gebildet. So ist es Del selbst, der als Erster 1991 eine Platte veröffentlicht.

Diese Chance nutzt er und knallt den derzeitigen Stars des Raps das Album "I Wish My Brother George Was Here" vor den Latz. Zwei Jahre später legt er mit "No Need For Alarm" nach. Die Heads feiern die Longplayer gleichermaßen, beide verkaufen sich mehr als 100.000 Mal. Trotz des kommerziellen Erfolgs macht sich seine Plattenfirma Elektra keine Mühe, den Nachfolger "Future Development" in die Plattenregale zu stellen. So versauert das Werk in den Kellern des Labels, der Bruch ist vorprogrammiert.

Trotz Ärger mit dem Label und der Arbeit an der Karriere der Hieroglyphics hat Del immer noch genügend Zeit, mit den verschiedensten Künstlern zusammen zu arbeiten. So freuen sich unter anderen die Dilated Peoples, Q-Tip, Xzibit, George Clinton und Jurassic 5 über Kollabos. Mit außergewöhnlichen Projekten macht Del von sich reden. Er unternimmt gemeinsam mit Dan The Automator eine fulminante Zeitreise ins Jahr 3030 auf dem Konzeptalbum "Deltron 3030" und entert gemeinsam mit einem der Rap-Szene fremden Damon Albarnvon Blur als Gorillaz europaweit die Charts.

Auch Rapper Casual hat sich vor dem Erfolg der Hieroglyphics solo einen Namen gemacht. Nach einer Freestyle-Session mit diversen Meistern wie Pharao Monch, Kurious und seinen Homies von den Souls Of Mischief 1992, werfen gleich mehrere A'n'Rs ein Auge auf ihn. Letztendlich macht die Plattenfirma Jive das Rennen, 1994 steht Casuals Debüt "Fear Itself" in den Regalen. Trotz seines unbestrittenen Talents überzeugen die Verkaufszahlen das Label nicht.

Die Underground-Heads, bei denen Casuals Sound umso besser ankommt, sehen diesen Misserfolg in der fehlenden Promotion seitens des Labels begründet. So kommen nicht nur wegen seiner harten Punchlines, der kompromisslosen Battle-Raps und dem Flow schnell Vergleiche mit Canibus auf. Diesem Rapper blieb der kommerzielle Erfolg auch wegen schlechter Arbeit der Plattenfirma verwehrt.

Weitere Mitspieler im Hieroglyphics-Team sind die Rapper Extra Profilic und Pep Love sowie der Produzent Jay Biz. Die beiden Letzteren haben zusätzlich einige Tracks unter dem Namen The Prose aufgenommen. Außerdem wäre da noch Domino, der sowohl an der Produktion beteiligt ist, als sich auch um die leidliche Aufgabe des Management kümmert. Alle vier haben Verträge bei verschiedenen Labels, die sie aber nicht in gewünschtem Umfang zufrieden stellen.

Neben Del, der auf Solopfaden erfolgreichste Teil der Hieroglyphics, kennt man vor allem die Souls Of Mischief. Allesamt aus East Oakland stammend, kennen sich die vier Jungs aus dem Kindergarten und entdecken ihre Liebe zum Rap. A-Plus, Opio, Phesto und Tajai arbeiten sozusagen seit den Windeln an ihren Skills. So wächst ihr Hip Hop-Horizont weiter, stets bedacht auf grundlegende Hip Hop-Elemente wie Freestyling oder Grafitti. Sie scheinen durch eine gute Schule gegangen zu sein, denn ihr Erstlings-Werk "'93 Till Infinity" hinterlässt 1993 tiefe Spuren in der Rap-Szene. Die Platte avanciert zum Klassiker.

Besonders die gleichnamige Single läuft auf allen Plattenspielern des Globus heiß. Ein Phänomen angesichts der Dominanz des Gangster-Raps aus South Central L.A.. Trotzdem lassen sie sich nicht vom Glanz der Chromfelgen G-Funkiger Cadillacs blenden und schließen auch mit ihrem Nachfolger "No Man's Land" 1995 an den Mix aus tiefgründigen Texten und positiver Message an. Eine Message, die es weltweit zu verbreiten gilt. So touren die Souls mit illustren Größen der Szene wie A Tribe Called Quest, Common, De La Soul, Tha Alkaholiks, Pharcyde, The Roots, KRS-ONE und dem Wu-Tang Clan.

Leider kommt es auch bei den Souls zu einem Bruch mit dem Label. Trotz vielfach verkaufter Platten ist dem Label die Crew immer noch nicht erfolgreich genug. So versuchen die Verantwortlichen, mehr und mehr Einfluss auf die Arbeitsweise der Rapper zu nehmen. Den Souls ist das ein Dorn im Auge, denn sie scheren sich wenig um Verkaufszahlen. Sie wollen ihren Style beibehalten und denken gar nicht daran, sich für eine Absatzsteigerung zu 'prostituieren'.

So weisen die jeweiligen Geschichten offensichtliche Ähnlichkeiten vor. Die Labelpolitik im Rap-Business schränkt die Künstler in ihrer musikalischen Freiheit ein. 1997 gründen die neun beteiligten Rapper ihr eigenes Label Hiero Imperium, eine Firma, die sich nicht nur auf das Produzieren und Verkaufen von Musik beschränkt. Hiero setzt früh auf neue Medien und hat mit der Seite www.hieroglyphics.com wohl die erste Online-Präsenz im Hip Hop-Bereich. Und das überaus erfolgreich, denn die Seite wird mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.

Dazu veröffentlichen sie mit "One Big Trip" eine der ersten CDs, die auch ein DVD-Special bereit hält. Außerdem legt Hiero großen Wert auf den Nachwuchs und bildet die Basis Hiero2 für junge Bay Area-Künstler, wie etwa die Soul-Sängerin Goapele.

Die Voraussetzungen stimmen nun, und ein Jahr nach der Gründung des eigenen Labels ist es soweit - die Hieroglyphics veröffentlichen ihr Debüt "Third Eye Vision". Ohne den Druck eines Major und mit totaler künstlerischer Freiheit gelingt ihnen ein überragendes Album, das schließlich vom Source Magazin zur besten Independent-Scheibe des Jahres gewählt wird.

Die Gründung zahlt sich daraufhin für jeden der Künstler aus, denn auch die Soloprojekte gewinnen größere Aufmerksamkeit als zu Major-Zeiten. Auf eine ausgedehnte Tour für die Platte "Third Eye Vision" folgt ein weiteres Souls Of Mischief-Album (1998, "Focus"), einige Singles von Casual ("VIP," "I Gotta (Get Down)" und "Turf Dirt") und das dritte Album von Del Tha Funkee Homosapien.

Beflügelt von der neu gewonnenen Freiheit, gelingt Del mit "Both Sides Of The Brain" ein überragendes Werk, auf dem unter anderem Prince Paul und Def Jux-Chef El-P Gastauftritte haben. Darauf folgt 2000 ein weiteres Album der Souls ("Trilogy: Conflict, Climax, Resolution") und deren Projekt mit der gefeierten Crew Pharcyde als Almyghty Myghty Python. Erwähnenswert ist auch die Soloplatte "Ascension" von Rapper Pep Love, in dem er philosophischen Themen auf den Grund geht.

Die Geschichte der Hieroglyphics findet so ein Happy End. Nach endlosen Scherereien mit schaffen die Künstler ihr kleines Imperium, um ihre eigenen Visionen zu verwirklichen. Dass dies vor allem den Fans zu Gute kommt, ist die größte Freude. Denn ohne die Einmischung der Plattenfirmen behalten die Jungs ihren einzigartigen Hiero-Style bei und bieten trotzdem ihre Musik einer breiten Masse an.

Diese freut sich fünf Jahre nach dem gefeierten Debüt über einen genauso überzeugenden Nachfolger. Im Herbst 2003 steht das Album "Full Circle" frisch in den Regalen. Im darauf folgenden Jahr sidn wieder Soloausflüge dran.

Tajai veröffentlicht "The Power Movement", Opio präsentiert "Triangulation Station", außerdem erscheint von Encore, der seit einiger Zeit Teil des Hieroglyphics-Umfeld ist, die Platte "Layover". Im gleichen Jahr geht die gesamte Crew auf große Full Circle-Tour, um ihr gleichnamiges Album zu promoten. Mit dabei sind die Jungs von Little Brother, der Crew des aufstrebenden Produzenten 9th Wonder.

Dank der Technikbegeisterung des Kollektivs dokumentieren zahlreiche Videoaufnahmen die Tournee durch ganz Amerika. Da die Bänder natürlich nicht im Hiero-Keller verstauben sollen, gibt es für die eingefleischten Fans im Frühsommer 2005 ein Packet aus Live-Mitschnitten und Tour-DVD, das die Bühnenqualitäten der Hieroglyphics wunderbar unter Beweis stellt.

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