Porträt

laut.de-Biographie

Jungle Brothers

Preisfrage: Wir schreiben das Jahr 1989. Ein New Yorker Trio bannt jazzlastige Beats und intelligente Texte auf ein Album, das unangefochten und verdient einen der vorderen Plätze unter den Alltime Favourites der Hip Hop-Geschichte belegt. Um welche Platte handelt es sich? "Klar", denkt sich da der historisch interessierte Head: "De La Soul. '3 Feet High And Rising'." Recht hat er - aber liegt diese Antwort wirklich auf der Hand? Warum zum Teufel kommt kaum jemand auf "Done By The Forces Of Nature"? Gerechtigkeit spielt im Show-Geschäft bekanntlich keine Hauptrolle: Der zweite Schlag der Jungle Brothers führt bereits in seinem Erscheinungsjahr das Schattendasein eines vergessenen Klassikers.

Michael Small und Sammy Burwell aus Harlem (zu Bekanntheit gelangt als Mike Gee und DJ Sammy B) tun sich bereits Mitte der 80er Jahre mit ihrem Brooklyner Kollegen Nathaniel Hall zusammen. In Anlehnung an welchen Hip Hop-Pionier letztgenannter seinen Bühnennamen "Afrika Baby Bam" wählt, muss hoffentlich nicht näher ausgeführt werden. Die drei, die als Jungle Brothers gemeinsam aufzutreten beginnen, verbindet ein breit gefächertes Interesse an Musik: Die Instrumentals zu ihren gehaltvollen Texten bedienen sich gleichermaßen in Jazz, House und Funk.

Aus diversen Aufnahme-Sessions geht das Debüt-Album "Straight Out The Jungle" hervor, das Anfang 1988 beim Indie-Dance-Label Idler erscheint. Neben innovativen Beats und größtenteils afro-zentrischen Reimen bringt "Straight Out The Jungle" in "Black Is Black" einen gewissen Q-Tip zu Gehör, noch bevor dieser mit A Tribe Called Quest von sich reden macht. "I'll House You", die Kollaboration mit House-Produzenten Todd Terry, gehört zu den frühesten Tracks einer Strömung, die später die Bezeichnung "Hip House" aufgedrückt bekommen soll. Mit ihrer Fusion aus Jazz und Hip Hop sind die Jungle Brothers De La Soul, A Tribe Called Quest und den Digable Planets zeitlich eine Nasenlänge voraus.

Gemeinsam mit Afrika Bambaataa und Queen Latifah rufen die Jungle Brothers die Native Tongues Family ins Leben. Genaugenommen stellt "Straight Out The Jungle" mit Schwerpunkten auf Intellekt und Wortschatz die erste Veröffentlichung der Posse dar. Der lose Zusammenschluss New Yorker Künstler verschreibt sich in den späten 80ern und Anfang der 90er der Aufgabe, politischem, sozialkritischem Hip Hop ein Forum zu bieten.

Als typisch für das Native Tongues-Kollektiv erweisen sich jazzinspirierte Beats, ein positiver Blick in Richtung der "alten Heimat" Afrika sowie beständiger Austausch unter den einzelnen Mitgliedern. Später stoßen unter anderem A Tribe Called Quest, Black Sheep, die Bush Babees, Common, De La Soul sowie die Leaders Of The New School mit Busta Rhymes zu den Native Tongues.

Obwohl sich "Straight Out The Jungle" nicht zum Kassenschlager entwickelt, kommen die Jungle Brothers 1989 beim Major-Label Warner Bros. unter. Noch im gleichen Jahr erscheint "Done By The Forces Of Nature", das neben De La Souls nahezu zeitgleich veröffentlichtem "3 Feet High And Rising" trotz einhellig positiver Kritiken unangemessen geringe Beachtung findet. In "Tribe Vibes" hört man KRS-One, bei "Doin' Our Own Dang" findet sich wieder die komplette Native Tongues-Family am Start.

Dass bis zum Release des nächsten Albums vier ganze Jahre ins Land gehen, trägt nicht besonders zur Verankerung der Jungle Brothers im öffentlichen Bewusstsein bei. Gerüchten zufolge ist die Hauptschuld für diese Verzögerung in den (oft schwer nachvollziehbaren) Marketingstrategien Warners zu suchen. In der Zwischenzeit rüsten die Brüder auf und holen sich Torture als zusätzlichen MC ins Boot. Torture ist blutjung, wütend und rappt ohne Schwierigkeiten über Tracks mit 180 bpm.

In dieser Besetzung entsteht "Crazy Wisdom Masters", das allerdings in einer Weise experimentell abdriftet, dass sich die Plattenfirma zum Eingreifen genötigt sieht. Das Album erscheint in etwas geglätteter Form im Sommer 1993 unter dem Titel "J Beez Wit The Remedy". Trotz massiver Promotion entwickeln sich die Verkaufszahlen nicht wunschgemäß. Die (nach wie vor) enthaltenen Experimente mit noisigen Instrumentals erweisen sich offenbar als zu abstrakt für ein breiteres Mainstream-Publikum.

Nach "J Beez Wit The Remedy" mäßigen sich die Jungle Brothers ein wenig. Rapper Torture wechselt zu WordSound und startet dort unter dem Alias Sensational seine Solo-Karriere. Zu den Jazzvibes und aussagekräftigen Texten der Jungle Brothers gesellen sich zunehmend Einflüsse aus dem Drum'n'Bass- und House-Bereich. Obwohl sich die langen Pausen zwischen den Veröffentlichungen als kontraproduktiv herausgestellt haben, dauert es wieder nahezu vier Jahre, bis Mitte 1997 nach dem Wechsel zu Gee Street endlich "Raw Deluxe" in die Plattenläden gelangt.

Die Jungle Brothers sind inzwischen zum Duo geschrumpft - DJ Sammy B ist unterwegs verloren gegangen. Das langerwartete Album enttäuscht viele: Es klingt eher nach einem Artefakt aus den späten 80ern als nach einem Comeback in den ausgehenden 90er Jahren. De La Soul und Q-Tip sind in "How You Want It We Got It" wieder mit von der Partie. Trotz schlechter Kritiken hinterlässt "Raw Deluxe" Spuren in der Musikgeschichte.

Bereits ein Jahr später (für Jungle Brothers-Verhältnisse quasi "unmittelbar darauf") folgt ein Remix-Album, bei dem sich unter anderem die Roots und die Stereo MCs an Jungle Brothers-Tracks zu schaffen machen. "Jungle Brother" wird in der Version von Mickey Finn und Aphrodite (Urban Takeover) zu einem Riesen-Drum'n'Bass-Hit und trägt nicht unerheblich zur Verquickung der Hip Hop- mit der boomenden Jungle-Szene bei.

Die Produktion von "V.I.P." (2000, Gee Street) obliegt Alex Gifford von den Propellerheads. Der von Anfang an bestehende Kontakt zur Dance-Music tritt auf diesem Album ganz besonders stark in den Vordergrund. Es handelt sich um eine Partyplatte, wie sie im Buche steht. Die Jungle Brothers greifen nochmals in alle Töpfe: Reminiszenzen an den Hip Hop der "guten alten Zeit" stehen neben Techno- und Drum'n'Bass-Einflüssen. "All That We Do" erscheint 2002 weitgehend in Eigenregie. Der Kreis schließt sich: Als Produzenten ziehen die Jungle Brothers diesmal House-Veteran Todd Terry heran. Wir erinnern uns? "I'll House You"? Alles kehrt wieder, und die Jungle Brothers sind nun endgültig im Mainstream angekommen.

"You In My Hut Now" (2003, diesmal auf ZYX) legt in dieselbe Richtung noch mal nach, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck. Das bisher letzte Lebenszeichen der Brüder stammt aus dem Jahr 2004: "Breathe (Don't Stop)", ein Bootleg-Cut aus Michael Jacksons "Don't Stop Til You Get Enough" und "Breathe And Stop" von Q-Tip, entsteht in Kooperation mit dem englischen Produzenten Mr. On.

Alben

Surftipps

  • Offizielle Homepage

    "New muzick and web experience coming soon." "Soon" - bei den Jungle Brothers ein dehnbarer Begriff.

    http://jbeez.com

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