Porträt

laut.de-Biographie

Grace Jones

Es gibt Frauen im Show-Geschäft, die haben den Glamour, das Gespür für die Pose und die Fähigkeit, einen Skandal zur rechten Zeit zu inszenieren, genetisch eingeimpft bekommen. Grace Jones gehört ganz sicher zu dieser Spezies der Damenwelt. Neben ihrer Selbstinszenierung mit androgynem Äußeren ist es nicht zuletzt ihre erfrischende Selbstherrlichkeit, mit der sie Furore macht und ein verruchtes und gleichzeitig selbstbewusstes Frauenbild prägt, wie es vor ihr noch keine Lady zur Schau getragen hat.

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Grace Jones kommt als Pfarrerstochter in Spanish Town auf Jamaika zur Welt, wächst jedoch in den Vereinigten Staaten auf. Nachdem sie in Syracuse im Bundesstaat New York die Schule besucht, studiert sie dort auch Schauspielerei. Aber erst der Umzug nach Paris bringt sei einen weiteren Schritt voran. So landet sie nach Model-Engagements auf den Titelseiten diverser Hochglanz-Magazine. Ihr auf dem Silbertablett vor sich her getragene Coolness macht sie mysteriös. So avanciert sie innerhalb kürzester Zeit zu einem Männer mordenden Comic-Pin Up mit einem Gardemaß von über 1,70 Meter.

Tom Moulton spricht sie daraufhin an, es doch einmal mit Gesang zu versuchen. Jener Moulton ist unter anderem für die Erfindung des Remixes und der 12''-Maxi verantwortlich und produzierte etwa Gloria Gaynors Knaller "Never Can Say Goodbye". Mit ihm zusammen nimmt Grace im Sigma Sound Studio in Philadelphia "Portfolio" auf, das stark vom damaligen Disco-Sound geprägt ist. Moulton hat das Album bereits fertig geschrieben und produziert, ehe Grace ihre verrauchten und nach Sex nur so strotzenden Gesangs bzw. Sprecheinlagen beisteuert.

Mit "La Vie En Rose" ist hier bereits ein Track vertreten, der zu einem ihrer bekanntesten avanciert. Es ist jedoch der Song "I Need A Man", der sie im Umfeld der New Yorker Gay-Szene etabliert und zu einer Ikone der Studio 54-Klicke macht. Folgerichtig und ebenso chauvinistisch urteilt deshalb auch der englische NME: "Songs für swingende Eunuchen, bei denen nichts mehr schwingt". Im Dunstkreis der durchgeknallten Disco-Posse lässt es sich jedoch gut und lasziv Party feiern, was die Jones auch ausgiebig tut.

Zwei weitere Alben ("Fame", "Muse") erscheinen '78 und '79, bringen die Dame aber nicht entscheidend voran. Erst als sie sich für "Warm Leatherette" die Dienste ihrer Landsleute Sly & Robbie sichert, geht die Post auch kommerziell steil. Das 1981er Meisterwerk "Nightclubbing" setzt die erfolgreiche Arbeit mit Sly & Robbie fort, und auch ihre Gewohnheit, bekanntere Songs zu covern, geht in die nächste Runde. Neben The Police ("Demolition Man") ist es vor allem Iggy Pops titelgebendes Oeuvre, das die Platte prägt.

Sie wendet sich vom reinen Discoklang ab und tendiert nicht nur musikalisch, sondern auch optisch in Richtung New Wave. Das bedeutet jedoch nicht gleichzeitig, dass sie sich in ihrem Gestus gesetzter präsentieren würde, im Gegenteil. Songtexte wie bei "Pull Up To The Bumper" sprechen eine eher explizite Sprache: "Schieb dich mit deiner langen schwarzen Limousine an meine Stoßstange ran, Baby und dann fahr mittenrein, zweimal hin und her, das fühlt sich gut an." Ihre Stoßstange bearbeitet zu der Zeit Jean-Paul Goude, der auch für ihren Look verantwortlich zeichnet und mit dem sie einen Sohn (Apollo) hat.

So familiär und gediegen gibt sie sich in der Öffentlichkeit jedoch keineswegs. So ohrfeigt sie den Moderator Russell Harty, weil der sich erdreistet hat, während ihrer Anwesenheit noch einen weiteren Studiogast zu interviewen. Nach dem etwas enttäuschenden "Living My Life", das mit "Nipple To The Bottle" allzu offensichtlich den Sex-Bezug zu "Nightclubbing" fortführt, legt Jones erst einmal eine Pause vom Musikgeschäft ein und widmet sich der Schauspielerei. An der Seite von Arnold Schwarzenegger tritt sie in "Conan Der Barbar" auf und spielt das Bond-Girl Mayday in "Im Angesicht Des Todes". Zum Agenten-Spektakel gibt es eine Anekdote, die perfekt in das Vamp-Image der Jones passt. Nachdem sie mitbekommen hat, dass Bond-Darsteller Roger Moore bei den unvermeintlichen Bettszenen seine Partnerinnen gerne auf den Arm nimmt, schnallt sie sich einen Gummipenis um. Als Moore dann zu ihr in die Kiste steigt, brüllt sie, den Dildo schwingend, "Nimm mich Roger, nimm mich!!".

Die Rollen legen sie auf stereotype Charakter fest, die nur das Image transportieren, das sie bis dato ohnehin pflegt. Deshalb wendet sie sich von Hollywood ab und tut sich mit Starproduzent Trevor Horn (Yes, Frankie Goes To Hollywood, Tom Jones, Paul McCartney, Pet Shop Boys, Rod Stewart, Tina Turner) zusammen, der ihr "Slave To The Rhythm" auf den Leib schneidert. Mit dem gleichnamigen Titelsong stanzt sie ihren Namen für alle Ewigkeiten ins Buch der Musikgeschichte. Wer dieses Lied noch niemals gehört hat, muss wohl in der sprichwörtlichen Tonne aufgewachsen sein.

Das Album toppt alle ihre vorhergehenden Erfolge und machen Grace Jones zum international geachteten Superstar mit millionenfach verkauften Platten. Die Reihe der Starproduzenten, die für sie Sounds basteln, geht mit Nile Rogers in die nächste Runde. Der Ex-Chic-Musiker und Knöpfchendreher-Superstar produziert für sie "Inside Story", das jedoch nur begrenzt an den Vorgänger anknüpfen kann.

Mit dem 1989 erscheinenden "Bulletproof Heart" scheint die Zeit für Grace Jones dann vorbei zu sein. Die Scheibe ist weder vom Sound her noch kompositorisch auf der Höhe der Zeit und scheitert an den Kassen der Plattenläden kläglich. Nach diesem Release ist sie zwar immer wieder in Jet Set-Kreisen zu sehen, macht aber weniger künstlerisch auf sich aufmerksam, auch wenn sie gelegentlich Konzerte gibt. In Eddie Murphys "Boomerang" hat sie eine Rolle, der Titeltrack des Films geht ebenso auf ihre Kappe.

Im Privatleben hat sie nach einer Liebschaft mit dem Hühnen Dolph Lundgren in den Achtzigern ein Stelldichein mit ihrem Bodygard Atila Altaunbay, ehe sie 2006 kurzzeitig mit dem Produzenten Ivor Guest anbandelt. Daneben sorgt sie für Aufsehen, als sie 2005 beim Schwarzfahren erwischt wird und randaliert. Des weiteren handelt sie sich ein lebenslanges Hausverbot in allen Disneylands ein. Ihr Verbrechen: Sie entblößt in aller Öffentlichkeit eine Brust. Böse böse!

Ende 2006 kommen ihre Fans bei Live-Darbietungen in den Genuss von neuem Material. Unter der Mithilfe ihrer alten Kumpels Sly & Robbie sowie u.a. Brian Eno und Tricky nimmt sie ein neues Album auf, das 2008 unter dem Namen "Hurricane" erscheint.

Auf einmal ist Grace wieder im Rampenlicht und man fragt sich unwillkürlich, wie man all die Jahre ohne ihre starke Präsenz hat auskommen können. Sie bleibt eben eine Marke für sich.

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Alben

Grace Jones - Hurricane: Album-Cover
  • Leserwertung: 5 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2008 Hurricane

Kritik von Alexander Cordas

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Fotogalerien

Live in Düsseldorf 2009 Glänzte fast 20 Jahre mit Abwesenheit: 80er Stil-Ikone Grace Jones

Glänzte fast 20 Jahre mit Abwesenheit: 80er Stil-Ikone Grace Jones, Live in Düsseldorf 2009 | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Glänzte fast 20 Jahre mit Abwesenheit: 80er Stil-Ikone Grace Jones, Live in Düsseldorf 2009 | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Glänzte fast 20 Jahre mit Abwesenheit: 80er Stil-Ikone Grace Jones, Live in Düsseldorf 2009 | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Glänzte fast 20 Jahre mit Abwesenheit: 80er Stil-Ikone Grace Jones, Live in Düsseldorf 2009 | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig)

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  • Grace Jones@MySpace

    Ladies & Gentlemen, it's Grace Jones!

    http://www.myspace.com/gracejonesofficial

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