Porträt

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Fujiya & Miyagi

Fujiya ist eine japanische Firma, die Schallplattenspieler herstellt. Miyagi ist der Karatemeister aus dem 80er-Jahre-Film "Karate Kid". Beides zusammen genommen ergibt den exotisch klingenden Bandnamen Fujiya & Miyagi. Wer nun allerdings glaubt, dass die Band aus zwei Mitgliedern besteht und gar noch aus Japan stammt, sieht sich gleich in doppelter Hinsicht getäuscht.

Fujiya & Miyagi - Slight Variations
Fujiya & Miyagi Slight Variations
Musik, die Mut macht und die Fantasie anregt.
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Die beiden eigentlichen Köpfe hinter dem Projekt sind Steve Lewis (Fujiya, Beats, Programming, Synths, Vocals) und David Best (Miyagi, Vocals, Guitar, Korg) aus Brighton. Die beiden lernen sich 2002 über einen gemeinsamen Freund bei einem Fußballspiel kennen. Schon kurz darauf machen sie als Fujiya & Miyagi Musik - allerdings ohne jeglichen ernsthaften Hintergrund, wie sowohl Lewis als auch Best nicht müde werden zu versichern.

Dennoch veröffentlichen sie noch in ihrem Gründungsjahr ihr Debütalbum "Electro Karaoke In The Negative Style". Die Band mausert sich schnell zum Geheimtipp und so können sie auf ihrem "Remixes"-Album 2003 bereits mit prominenten Namen wie Two Lone Swordsmen und Cristian Vogel aufwarten. Im Jahr darauf stößt dann außerdem Matt Hainsby (Ampersand, Bass Guitar, Vocals, Korg) zur Band, der einige Jahr zuvor auch den ersten Kontakt zwischen Lewis und Best hergestellt hatte.

In einem Interview charakterisiert David Best die Musik von Fujiya & Miyagi folgendermaßen: "Sie hat Einflüsse vom Industrial der Siebziger, wie Kraftwerk oder Can. Wir sind aufgewachsen mit der Musik von Warp Records. Und diese Einflüsse verarbeiten wir." Heraus kommt eine Art poppiger und tanzbarer Krautrock, der in der Techno- und Houseszene zahlreiche Anhänger findet. Tiga und LCD Soundsystem sind ausgesprochene Fujiya & Miyagi-Fans.

2006 veröffentlicht die Band mit "Transparent Things" ihr zweites Album, das im Jahr darauf auf Herbert Grönemeyers Grönland Label noch einmal erscheint. Seither sind die Briten mit dem kuriosen Bandnamen auch in Deutschland ein Begriff. Gravierendste Folge: Sie kündigen ihre Jobs und widmen sich ganz der Musik. Wie in einem dann doch recht ernsthaften Bandprojekt.

Ebenfalls 2006 benutzt ein britischer Autohersteller den Song "Collarbone" für einen Werbespot. "Das erlaubte uns, unsere Brotjobs aufzugeben", so David in einem Gespräch mit Pop Matters. "Vorher arbeitete ich für American Express in Brighton, zusätzlich machte ich ein paar Nachtschichten im Monat im Post-Sortierzentrum. Jede Sorte Drecks-Jobs!"

Ein direkter Auftrag zum Anfertigen für Musik kommt von einem Sportartikel-Hersteller, schildert Matt dem Éclat-Mag. "Wir haben (...) ein Projekt für Nike abgeschlossen. Für deren Serie Nike+ sollten wir ein 34-minütiges Lied schreiben. (...) Nike hatte das Lied auch in fünf Abschnitte eingeteilt und uns gesagt, welcher Abschnitt welches Tempo haben sollte. Das hat echt Spaß gemacht. (...) Einer von unserem Label Grönland Records meinte übrigens, dass es gut funktioniert, also dass man gut dazu joggen könne." Die Musik soll tatsächlich Jogging-tauglich sein; zeitgleich wird auch das besagte LCD Soundsystem für einen solchen Beitrag angefragt.

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Fujiya & Miyagi "Von deutschen Bands kann man viel lernen"
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Die sportlichen Extras fließen teils in F&Ms Live-Shows ein. Fujiyas gesamter Trainingseinheit-Soundtrack erscheint Jahre später, 2011, unter dem Titel "Different Blades From The Same Pair Of Scissors" (Verschiedene Klingen derselben Schere) als offiziell erwerbbare Single. Im selben Jahr kommt die CD "Ventriloquizzing" auf den Markt.

Im Zuge einer dreiteiligen EP Mitte der 2010er Jahre bemerkt David Best, "wir haben zuvor immer auf Alben hin gearbeitet, so dass es für uns eine Veränderung ist, diesen einen Ablauf in mehrere zu splitten. Vielleicht konzentrieren wir uns in der Zukunft auf Single-Tracks. Wobei ich da ein bisschen im Zwiespalt stecke, zumal ich Vinyl liebe und ganz klassisch Alben auf diesem Weg höre (...) aber", so der Krautelectrofunker gegenüber dem Magnetic Mag, "meine Wertschätzung fürs Unmittelbare des Digitalen ist gewachsen."

Dass weitere Alben wie "Artifical Sweeteners" oder "Flashback" wenig Resonanz erzeugen, findet er untragisch - eher eine glückliche Fügung, so Best bei Pop Matters: "Ich glaube, wenn wir frühzeitig erfolgreicher gewesen wären, hätten wir wohl kapituliert. Aber indem wir ein stabiles Level gehalten haben, konnten wir weitermachen."

Die Entwicklung des Internet verändert in der Zwischenzeit das Musikbiz und zieht über den Vinyl-Liebhaber hinweg. Dem Magnetic Mag beschreibt er sein Verhältnis zum digitalen Wandel. "Ich weiß, wie man googelt. Ich kann mich in Netflix zurecht finden. (...) Ich denke, wir existieren in unserer eigenen kleinen Blase, und ich bin damit glücklich. Das heißt nicht, dass wir keine andere Musik hören oder absorbieren. (...) Eine der unangenehmsten Dinge, musikalisch, wenn du in deinen Vierzigern bist, ist: Du hörst in den meisten Sachen, die als neu geclaimt werden, Spuren der Vergangenheit heraus." Aus der eigenen Band-Vergangenheit erscheint Anfang 2022 "Lightbulbs" nochmal als Re-Issue.

Ende 2022 steht mit "Slight Variations" vorzügliches neues Material bereit. Besetzung: David Best (Gesang, Gitarre), Stephen Lewis (Synthesizer, Gesang), Ed Chivers (Schlagzeug) und Ben Adamo (Bass).

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