Porträt

laut.de-Biographie

2 Live Crew

Zensur und ihre Auswirkungen. Ein weites Feld, mit dem sich so unterschiedliche Publikationen wie Irving Wallaces "Die Sieben Minuten" oder eben der Pornorap der 2 Live Crew auseinander setzen. Bemerkenswert: Der Kopf der Truppe, Luke Skyywalker alias Luther Campbell, zählt gar nicht zu den originären Mitgliedern des Quartetts. Nachdem er in Miami als DJ-Praktikant anfängt, knüpft er dort erste Kontakte mit New York und Kalifornien und bringt Künstler wie Run DMC, Jazzy Jeff und T La Rock nach Florida.

Nebenbei betätigt sich Luke als DJ in der Gruppe Ghetto Style. Die Combo fährt jedoch nur bescheidene Erfolge ein. Auf von Luke organisierten Parties lernt er schließlich die Herren von der 2 Live Crew kennen und schwingt sich umgehend zu deren Anführer und ständigem Mitglied auf.

Als mindestens genauso erwähnenswert wie die Bandgründung erweisen sich Mr. Campbells Business-Skills. Kaum der Pubertät entwachsen, kann der 20-Jährige bereits das Label Luke Skyywalker Records sein Eigen nennen. Fünf Jahre später herrscht er über 23 Angestellte, ein Studio sowie zwei Unterlabels.

Auf diesen signt er die Künstler Angie Griffith, die Rapper Rhythm Radicals ("Tales From The Dark Side"), Afro Rican ("Against All Odds"), Tony Roc ("Tony Roc's Theme"), MC Twist, MC Shy-D und K-Solo ("Tell To The World Ma Name"). Für seine ökonomischen Leistungen (so ist er von den Majors weitestgehend autark und schließt mit Def Jam lediglich Vertriebsverträge ab) erhält Luke 1990 den Webber Award (Music und Biz).

Die erste Millionenklage wartet allerdings schon. In deren Folge darf er den Namen "Skyywalker" nicht mehr verwenden, da sich "Star Wars"-Erfinder George Lucas dagegen heftig verwahrt: Skyywalker beziehe sich allzu offensichtlich auf seinen Science Fiction-Helden Luke Skywalker. Das zuständige Gericht befindet, zwei Ys stellten kein adäquates Unterscheidungsmerkmal dar. Der Labelname wird zu einem schlichten "Luke Records" verkürzt.

Neben Luke zählen The Fresh Kid (Chris Wongwon), Treach DJ Mr. Mixx (David Hoobs) und Brother Marquis (Marc Ross) zur Crew. Mit dem 1986er "2 Live Crew Is What We Are" fangen sie sich vor allem mit dem Songtitel "We Want Some Pussy" den Vorwurf des Sexismus ein.

1987 folgt der Longplayer "Move Something". Nun dürfen alle raten, was denn bewegt werden soll: Richtig, genau das! Die Songs bestechen durch klangvolle Namen wie "Doo Wah Diddy" (ein Remake von Manfred Manns Hit von 1964), "One And One", "Word II" auf einem Sample von Queens "We Will Rock You" basierend, "H-B-C" und natürlich "S&M".

Der eigentliche Skandal um die 2 Live Crew entzündet sich erst an ihrem Album "As Nasty As They Wanna Be". 1.5 Millionen Kopien sowie rund 200.000 antiseptische Versionen ("As Clean As They Wanna Be") gehen über die Ladentheken. Das Album enthält Tracks wie "C'Mon Baby" mit dem Schlachtruf "And Fuck Forever". Desweiteren lassen eindeutige Titel ("Me So Horny", "If You Believe In Having Sex" sowie "The Fuck Shop" mit einem Sample von Van Halen) bei zart besaiteten Gemütern die Emotionen hochkochen. Die Komiker 2 Live Jew parodieren "As Nasty As They Wanna Be" als "As Kocher As We Wanne".

Am 6. Juni 1990 stuft Richter Jose Gonzales die Platte als obszön ein. Die Gerichtsentscheidung beruft sich unter anderem auf ein Urteil aus dem Jahre 1973, nachdem man Werke, die "keinen ernst zunehmenden künstlerischen, wissenschaftlichen oder politischen Wert haben", mit diesem Etikett belegen darf.

Lukes Soloalbum "Banned In The USA" (1990), das die 2 Live Crew featuret, thematisiert die Auseinandersetzung mit der Zensur und dem Vorwurf der Obszönität. Der Titel des Albums stellt eine Parodie auf Bruce Springsteens patriotisches "Born In The USA" dar. Eigentlich sollte "Banned In The USA" am 4. Juli, dem amerikanischen Nationalfeiertag, veröffentlicht werden, wird dann aber auf August verschoben. Auf dem Innencover prangt Luke mit geöffnetem Hosenlatz und ausgestrecktem Stinkefinger. Darunter, hübsch neben dem Sternenbanner arrangiert, eine Sprechblase: "This is for the people who do not believe in the first amendment." Dazu druckt er den ersten Verfassungszusatz der Bill Of Rights ab.

Auf der Platte findet sich mit "Fuck Martinez" eine "Hommage" an den Staatsanwalt aus Florida, der eine Untersuchung über die Obszönitäten der 2 Live Crew anstrengt. Zudem wird darin Sheriff Nick Navarro bedacht, der die Jungs im Club Futura am 10. Juni 1990 verhaften lässt, da sie natürlich die gebannten Tracks ihrer Platte spielen. Außerdem finden sich hier "Arrest In Effect" zu James Browns "It's A Man's Man's Man's World" und "Mamolapenga", in dem eine junge Latina klarstellt: "Soy una puta, mas rapido" ("Ich bin eine Schlampe, mach' schneller").

Am 9. Oktober 1990 widerruft das Gericht sein Urteil, beschließt jedoch, die Platten mit Parental Advisory-Stickern zu versehen. Luke erkennt sogleich die verkaufsfördernde Negativ-Promo und verschickt höchstselbst entsprechende Aufkleber an Plattenhändler. 1991 erscheint das erste Live-Rap-Album "Live In Concert" sowie eine weitere Studio-LP, "Sports Weekend". Beiden ist aber kein kommerzieller Erfolg beschieden, woraufhin die einzelnen Gruppenmitglieder Solopfade einschlagen.

Ab 1994 benennt sich die Gruppe in The New 2 Live Crew um und zählt als Mitglieder Luke, Fresh Kid Ice und Verb. Schon 1995 löst sich die Formation wieder auf. Für den Film "Friday" (1995) mit Ice Cube und Chris Tucker findet sich die Urbesetzung aber noch einmal zusammen und rappt den Song "Hoochie Mama". Ab "Shake A Lil' Somethin'" von 1996 ist Luke nicht mehr mit am Start. Auch er hat eine Solo-Karriere im Sinn. 1998 steigt Treach DJ Mr. Mixx ebenfalls endgültig aus.

Nachdem Luke, Brother Marquis und Mr. Mixx sich ihren eigenen Projekten widmen, lässt The Fresh Kid Ice die guten alten 2 Live Crew-Zeiten mit den Berliner Rappern Frauenarzt und Mr. Long auf deren 2005er-Album "Porno Party 2" kurzzeitig wieder aufleben. Er erhält ein Feature im Track "Die Party Muss Weitergehen".

Im Frühjahr 2006 veröffentlicht Onkel Luke aka Captain Dick aka The Black Hugh Hefner sein Album "My Life & Freaky Times", das auch Ex-2 Live Crew Mitglied Treach DJ Mr. Mixx featuret. Aus dem Entertainment-Geschäft zieht sich Luke als Veranstalter weitestgehend zurück. Sein Hauptaugenmerk liegt nun mit Luke Adult Entertainment nur noch auf dem weitaus rentableren Pornogeschäft.

Die Copyright-Klage von Luther Campbell gegen 50 Cents Song "In Da Club" vom 2003er-"Get Rich Or Die Tryin"-Album scheitert, obwohl die Zeile "Go Shelia, it's your birthday" und Fiddys Zeile "Go Shorty, it's your birthday" verdächtige Ähnlichkeit aufweisen.

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