laut.de-Kritik

Genau darum hassen so viele Leute R'n'B.

Review von

Contemporary R'n'B hat seit geraumer Zeit einen verdammt schweren Stand in der Musikwelt. Denn wer heutzutage den Begriff R'n'B hört, denkt nicht etwa an Frank Ocean oder John Legend. Oder wenigstens an Trey Songz, der zeigt, dass allein mit vernünftigen Produzenten schon einiges möglich ist. Nein, wer heutzutage den Begriff R'n'B hört, denkt an Chris Brown. Und das sollte auf keinen Fall so sein.

Seit Jahren nämlich erzeugen Brown und Konsorten eine undurchdringbare Schicht aus EDM-Geballer, David Guetta-Features, Ibiza-Beats und trashigen Softpornos, die zumindest auf den ersten Blick all die Perlen des ursprünglichen Genres unter sich vergräbt. "X" gelobt in dieser Hinsicht kaum Besserung.

Schon ein Blick ins Booklet verrät, dass Breezy auch diesmal keinerlei Interesse daran hatte, ein irgendwie stimmiges, homogenes, geschweige denn gutes Album aufzunehmen (ein ziemlich schwerer Vorwurf, zugegeben). Die lächerlich unüberschaubare Zahl an Schreibern, Produzenten und Features zeugt erneut von der längst bekannten Absicht, Millionen von scheinbar Gehörlosen mit blutleeren Hit-Singles das Geld aus der Tasche zu ziehen. Dass das funktioniert, steht außer Frage.

Genau wie das Eurovision Song Contest-Potenzial des Titeltracks und Openers "X". Die irrsinnige Mischung aus Pop, Dubstep, Trap und R'n'B ließe sich zweifelsohne mit einer verstörenden Bühnenperformance garnieren, die beim vielleicht fragwürdigsten Musik-Großevent der Menschheit zum absoluten Volltreffer werden könnte.

Dieses erste Stück gehört übrigens zu der Hälfte der Songs, die vollkommen ohne Features auskommen. Man ahnt es bereits: es ist die deutlich schlimmere Hälfte. Auf kompletter Songlänge lässt sich das, was irgendein Computer aus Browns Stimme gemacht hat, nur selten ertragen. Ob Ballade oder Dance-Hit, Texte über Sehnsucht, Verlust oder Aufreiß-Tour - sobald Chrissy Bs mechanisch klingendes Geheule beginnt, wünscht man sich, man dürfte stattdessen Ne-Yo hören. Das sagt eigentlich alles.

Nicht, dass die Gastparts - und von denen gibt es einige - überragend ausfallen würden. Lil Wayne und Tyga in "Loyal", Usher in "New Flame" - jeder, der sich zwischen Trockeneis und Laserstrahlen heimisch fühlt, darf mal ran, was immerhin für kurzeitige Erlösung von Chris Brown sorgt, mehr aber auch nicht. Und wer hat eigentlich das Portal ins Jahr 2005 geöffnet? Nach dem Feature auf Jeezys "Been Getting Money" haucht einem Akon schon zum zweiten Mal binnen einer Woche die Heliumstimme ins Gesicht ("Came To Do") und erinnert an eine Zeit, in der der Crazy Frog die deutschen Charts regierte.

Natürlich ist aber nicht alles Disco, was glänzt. So finden sich in dem seelen- und zusammenhangslos aneinandergereihten Hit-Mix auch einige Tracks, die den Dance-Stampel vehement von sich weisen. Wer beispielsweise "Autumn Leaves" erst nach rund zweieinhalb Minuten einschaltet, könnte es glatt für einen hörbaren Song halten. So lange dauert es nämlich, bis Kendrick Lamar den abermals schmerzhaft verzerrten Breezy ablöst.

Dass sich K Dot in einem dieser quälend langen 17 Tracks verewigt, grenzt genauso an Talentverschwendung wie der Beitrag der sonst mehr als passablen Jhene Aiko. Im Duett mit Brown besingt sie in "Drunk Texting" unter Alkoholeinfluss geschriebene SMS - und zwar mit wohl ebenfalls unter Alkoholeinfluss verfassten Zeilen: "I'll be drunk texting, drunk texting, drunk texting you / Drunk texting, drunk texting you / Yeah baby I'll be drunk texting, drunk texting, drunk texting you / Drunk texting, drunk texting you."

Deutlich unterhaltsamer gerät aber "Drown In It", durch das Brown und R. Kelly so schleimig gleiten wie zwei Nacktschnecken nach einem Monsun. Allein die fast schon dramatische Art, in der R. Kelly Zeilen wie "Feeling you get wetter / [...] As I'm sipping from your water fountain" dahinschluchzt, als würde er eine Familientragödie betrauern, kann sich einer gewissen Komik nicht entziehen. Fast vier Minuten lang drohen die beiden selbsternannten Zungenkünstler eher in ihrem eigenen Saft zu ertrinken als in dem der bemitleidenswerten Angebeteten.

Wer sich allerdings in aller Kürze davon überzeugen will, dass "X" zu den schlimmsten Dingen gehört, die dieses Jahr einen Strichcode verpasst bekommen haben, dem sollte "Don't Be Gone Too Long" als Anspieltipp genügen. Vom "R'n'B-Künster" Chris Brown. Genau darum hassen so viele Leute R'n'B.

Trackliste

  1. 1. X
  2. 2. Add Me In
  3. 3. Loyal feat. Lil Wayne & Tyga
  4. 4. New Flame feat. Usher & Rick Ross
  5. 5. Songs On 12 Play feat. Trey Songz
  6. 6. 101 (Interlude)
  7. 7. Drown In It feat. R. Kelly
  8. 8. Came To Do feat. Akon
  9. 9. Stereotype
  10. 10. Time For Love
  11. 11. Lady In A Glass Dress (Interlude)
  12. 12. Autumn Leaves feat. Kendrick Lamar
  13. 13. Do Better feat. Brandy
  14. 14. See You Around
  15. 15. Don't Be Gone Too Long
  16. 16. Body Shots
  17. 17. Drunk Texting feat. Jhene Aiko

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Chris Brown – Yeah 3x €1,04 €3,00 €4,04
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Brown, Chris – X Rated €5,05 €3,00 €8,05
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Chris Brown – X (Deluxe Version) €8,02 €3,00 €11,03

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Chris Brown

Weniger Talent und einflussreiche Freunde hätten Chris Brown wohl schon längst die Karriere gekostet. Statt auf Lebzeiten von der Musikindustrie geächtet …

13 Kommentare mit 31 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Die Überschrit "Wegen solcher Platten hassen so viele Leute das Genre R'n'B." ist sooo nicht korrekt, wie ich finde.

    Ich würde "Wegen solcher Platten hassen so viele Leute die sich mit R´n´B nicht auskennen das Genre R'n'B." schreiben.

    Ganz altes Thema. Ähnlich wie InNos Anmerkung zu Street-Rap neulich: die Leute hören Majoe und scheren gleich ganz Street/Gangster-Rap über einen Kam und speichern es unter "primitive Scheiße" ab. Ebenfalls völlig zu Unrecht.

    • Vor 9 Jahren

      Du hast zwar recht, allerding wird die Überschrift schon im ersten Absatz relativiert.
      Was mittlerweile schon alles als R'n'B durchgeht, passt sowieso auf keine Kuhhaut mehr. Offensichtlich reicht es wenn ein bevorzugt dunkelhäutiger Sänger "seine" Lieder mit möglichst vielen Verzierungen und lückenfüllendem Gejaule interpretiert.

    • Vor 9 Jahren

      Ah, ok.. die Review zu dem Lappen habe ich mir freilich gespart. Stimmt, das relativiert die Headline.

    • Vor 9 Jahren

      Typisch lauti, Maul aufreißen, obwohl man keine Ahnung hat. Hatte soulburn dich nicht vor ein paar Tagen dafür gescholten, das du wieder in alte Muster zurückfällst? Ich dachte immer "R'n B" stünde für "Rhythm and Blues"? Bin ich schon so alt oder haben die Amis darunter ne andere Vorstellung als ich?

    • Vor 9 Jahren

      Was soll das moody? Geht es eventuell auch konstruktiv? Es gibt keine alten Muster, wohl aber bin ich natürlich der selbe Mensch geblieben..

      Was stimmt denn an meiner Aussage nicht? Wo genau ist meine Ahnungslosigkeit an diese Stelle? Habe ich irgendwo behauptet, dass R´n´B für etwas anderes steht?

      Es ging InNo (bezogen auf das Deutsch-Gangster-Rap-Beispiel), dem Autor hier und mir darum, dass Genres auf Grund von fälschlicher Weise für Stellvertreter gehaltende Künstler in miese Schubladen gesteckt werden.

    • Vor 9 Jahren

      Die letzten zwei Sätze sind eher Fragen an die Allgemeinheit als ein Angriff auf dich. Die ersten zwei hingegen beziehen sich auf dich. Ob du mit deinem Beispiel im ersten Post nun Inno angesprochen hast oder den Penner umme Ecke interessiert mich doch gar nicht. Im Allgemeinen glaube ich, dass Garrett, Craze, Baude und Sodhahn u ä. dich so gar nicht voll nehmen, aufgrund dessen, dass deine Kenntnisse in den Genres Hip-Hop und alles was damit zu tun hat eher oberflächlicher Natur sind.

    • Vor 9 Jahren

      Die letzten zwei Säte sind eher Zweifel an meiner Männlichkeit als ein Angriff auf dich. Die ersten zwei hingegen beziehen sich auf dich. Ob dein bestes Stück mich im erigierten Zustand nun ansprechen würde oder ich mir lieber den Penner umme Ecke auf der nächsten WG-Party kralle interessiert mich doch gar nicht. Im Allgemeinen glaube ich, dass Garrett, Craze, Baude und Sodhahn u ä. mich sowieso nicht wahrnehmen, aufgrund dessen, dass meine Kenntnisse in den Genres Hip-Hop und alles was damit zu tun hat eher vaginaler Natur sind.

    • Vor 9 Jahren

      Bist du auf dem Kriegspfad, weil es plötzlich wieder angesagt ist oder hattest du nur einen scheiß Tag? Hier laufen so viele bashwürdige Lumpen rum, dass ich persönlich gar nichts davon halte, ernsthaften Unfrieden gewaltsam vom Zaun zu brechen.

    • Vor 9 Jahren

      Nicht unlustiger Fake da unter moodys Antwort. Naja.

      Zu moody: Das ist alles was Du als Antwort zu bieten hast? Null Erklärung zu Deinen "ersten 2 Sätzen"? Dann kann ich diese wohl auch kaum ernst nehmen. Statt darüber zu philosophieren wie andere User mich sehen solltest Du eher Deine völlig oberflächliche Kritik an dem offensichtlich falsch verstandenen Eingangspost erläutern.
      Ich habe nicht InNo angesprochen, sondern erläutert, dass ich es hier bei R´n´B ähnlich sehe wie der Autor UND dass das vergleichbar ist mit dem was InNo zu Majoe und Deutschgangster-Rap geschrieben hat.
      Des weiteren ist es jedem selbst überlassen welchen User er hier in welchem Genre für wie wissend einschätzt und ihn deshalb für voll oder nicht voll nimmt. Wen interessiert sowas? Mich als letzten.
      Also noch mal: erklär Dich und bleib konstruktiv oder rutsch mit den Buckel runter.

    • Vor 9 Jahren

      @lauti würd zu lange dauern.

    • Vor 9 Jahren

      moody: Bist n merkwürdiger Typ. Jeder Beitrag von Dir in diesem Faden ist mehr als unnötig. Das nächste mal bitte direkt sein lassen. So kommt nur rüber, dass DU ohne jede Erläuterung DEIN Maul aufreißt und dann noch völlig unnötig fadenscheinige Nebenbaustellen (die längst passe sind) hier rein bringst. Da hat Tinco Recht.

      Halten wir fest: Majoe und Chris Brown bringen bei weniger versierten Hörern der Genres eben diese in Verruf.

  • Vor 9 Jahren

    Irgendein bekannter Producer wollte uns doch vor ein paar Monaten noch verkaufen, Chris Brown würde größer werden als Tupac. Und er glaube da so richtig, richtig fest dran.

  • Vor 9 Jahren

    "Es ist nicht alles Disco was glänzt". Eine wunderbar bereichender Aussage :D

  • Vor 9 Jahren

    Ich hab noch niemals in meinem Leben so eine unfassbare schlechte Kritik gelesen, die nichtmal ansatzweise konstruktiv ist.
    Es kommt mir vor als hätte meine Oma die Kritik geschrieben.
    Der Autor mag anscheinend Chris Brown einfach schlicht nicht (wohl wegen seiner Vergangenheit) und meint dann irgendeinen Schwachsinn schreiben zu müssen...
    Autotune oder eine verzerrte Stimme höre ich nicht und NEIN ich bin nicht gehörlos und die Millionen die seine Platten hören wohl auch nicht.
    Außerdem wird Chris Brown wohl der letzte sein, dem man eine 'monotone' Platte zu schreiben kann.
    Zusätzlich meint unser Super-Kritiker hier jeden Satz aus einem Song zu analysieren...
    Ihm Laufe der Zeit sollte ja mal bekannt sein, dass jeder zweite Song aus diesem Genre 'unanständig' ist und nicht so ernst genommen werden sollte.
    Ich bin der Meinung, dass das Album mehr als gelungen ist und die Platzierung in den Album-Charts dürfte mir Recht geben.
    Also nächste mal bitte zweimal hinhören bevor man so eine einseitige Kritik schreibt und das Album als 'mit das schlechteste des Jahres' zu betiteln.

    • Vor 9 Jahren

      Danke! Einfach danke!

    • Vor 9 Jahren

      ich glaub der Rezensent ärgert sich v.a. darüber, dass viele glauben, solche alben als sinnbild des R&B sehen zu können... . Dass einem da schon mal die Galle hochkommen kann, kann ich persönlich gut verstehen... . Was das aktuelle album angeht; zwar habe ich es noch nicht gehört, aber auf seinem letzten Album Fortune hatte er mMn auf jeden fall von autotune gebraucht gemacht, dass er jetzt wieder die hände davon lässt...nun, ich hoffe du hast recht aba iwie wäre das zu schön um war zu sein. Leider Gottes interessieren sich die meisten Leute nicht dafür, ob die stimme echt oder nur synthetisch ist, von dem her ist das argument der millionen fans/chartposition mMn nicht ganz zutreffend.

    • Vor 9 Jahren

      Ich denke, aus der Rezension spricht ganz einfach nur der Neid. Sehr wahrscheinlich sogar auf Chris Browns Penis.
      Alles andere halte ich dagegen für reine Spekulation.

  • Vor 9 Jahren

    Finde die Kritik auch nicht zu 100% gerechtfertigt, denn so mies ist das Album nicht geworden wie es hier beschrieben wird