21. Januar 2005

"Zu viel deutsche Musik ist gar nicht gesund"

Interview geführt von

Mit ihrer aktuellen Platte "Pure Vernunft Darf Niemals Siegen" eröffnen sie das neue Jahr 2005 und sorgen wie immer für Gesprächsstoff. Nach sieben regulären Studioalben gibt es einiges zu erzählen: übers Älterwerden, alte und neue Hits, den aktuellen Bandzuwachs und deutschsprachige Musik im Allgemeinen.

Um den langen Promotag ein wenig aufzulockern, tragen wir mal wieder einen Kassettenrecorder mit uns herum, und wollen hören, was Tocotronic denn zu ihren deutschsprachigen Kollegen sagen. Höflich und charmant empfangen uns Arne und Dirk in einem Kölner Hotelzimmer.

Nach kühlen Getränken und einer kurzen Diskussion, ob man es wagen kann, in einem Nichtraucherzimmer zu rauchen (laut.de sagt ja!) läuft auch schon der erste Song. Während Dirk sich noch fragt, ob man die Lieder erraten muss, hat Arne schon nach ein paar Sekunden Interpret und Titel hinaus posaunt.

Goldene Zitronen – Alles was ich will (Nur die Regierung stürzen)

Arne: Ja, die Zitronen habe ich schon immer gern gehört.

Dirk: Ein wohlklingendes Stück.

Die Goldenen Zitronen hatten ja vor zwei Jahren ihr Bühnenjubiläum und dies mit einer "Gala" gebührend gefeiert (laut.de berichtete). Wie war es denn bei euch, ihr hattet ja auch gerade euren zehnjährigen Geburtstag. Gab es da auch eine große Party?

Dirk: Ja, wir haben besinnlich um den Adventskranz gesessen und uns Anekdoten aus alter Zeit erzählt. (lacht) Nee, im Ernst, wir haben das eigentlich unter den Tisch fallen lassen. Wir feiern ja sonst immer so exzessiv und wild. So'n bisschen wie mit Silvester. (lacht)

Arne: Wir haben ja eine DVD- und B-Seiten-Compilation herausgebracht für den doch dünnen Anlass (grins), aber nee, sonst haben wir nicht groß gefeiert. Wie die Feste halt so fallen ...

Tocotronic – Wir sind hier nicht in Seattle

Dirk. Oh nein, kenne ich, kenne ich! Bitte ausmachen. Ich dachte zuerst, das wäre Xanadu (alle lachen) Oder Lou Barlow ... Halt so schrumm, schrumm. Hach ja, wunderschönes Lied (schäm).

Hat sich denn für euch generell etwas in den zehn Jahren verändert? Also etwas, das einem direkt auffällt?

Arne: Wenn man in den Spiegel guckt, sicher. Aber das sind ja Lachfalten (grins).

Dirk: Ich hoffe, dass sich etwas verändert hat. Wenn man zehn Jahre in einer Band Musik macht, muss sich auch was tun, sonst ist es doch sehr stillstehend.

Hört ihr denn gerne eure alten Songs, oder ist das eher nicht so gut?

Dirk: Ich höre sie grundsätzlich nicht so wahnsinnig gerne. Aber wir müssen sie uns ja anhören. Wenn wir demnächst wieder auf Tour gehen, spielen wir natürlich auch unsere alten Songs.

Arne: Und dann recherchiert man natürlich, welche alten Lieder man mal wieder spielen könnte. Gerade die B-Seiten sind dabei interessant, und es überrascht einen immer wieder, weil man vieles auch einfach schon vergessen hat. Ansonsten ist das mit Vorsicht zu genießen.

Dirk: Ich finde ja das mit der Stimme schlimm. Die Musik kann ich mir eigentlich immer gut anhören, aber wenn man selbst gesungen hat ... das ist so ein bisschen wie seine eigene Stimme auf Tonbandaufnahmen zu hören. Bei den aktuellen Sachen ist das nicht so schlimm. Das kann ich mir schon anhören. Aber bei der Platte davor denke ich oft "Oh, ist das schief" (lacht).

Macht ihr euch während der Aufnahmen eigentlich Gedanken darüber, wie die Songs live auf der Bühne umzusetzen sind?

Dirk: Für die letzte Platte ("Tocotronic", Anm. d. Red.) waren wir wahnsinnig lange im Studio, etwa eineinhalb Jahre. Damals haben wir uns darüber überhaupt keine Gedanken gemacht, weil einen das ja doch nur hemmt. Wir wollten ausprobieren, wie weit man gehen kann, und uns selbst keine Grenzen setzen. Das hat dann u.a. dazu geführt, dass es gar nicht so leicht war, das live umzusetzen. Bei der neuen Platte haben wir nun diese glückliche Koinzidenz, dass die Songs live sehr gut umzusetzen sind, weil das Album auch live eingespielt wurde. Da fehlt dann nicht besonders viel, bis auf ein kleines Glöckchen vielleicht. Wir fanden das auch schon im Vorfeld gut, dass man es später gut reproduzieren kann.

Arne: Das vereinfacht die Sache natürlich, aber es ist ja eigentlich keine wesentliche Entscheidung.

Ja, das stimmt natürlich. Es ist allerdings schon beim letzten Album und der dazugehörigen Tour aufgefallen ...

Dirk: Da haben wir letztendlich einen Weg gefunden, das alles zurück zu übersetzen; in so ein Rockgefüge. Das lief ganz gut, war aber echt ganz schön anstrengend. Schließlich war da so viel Gebastel auf der Platte, verschiedene Sounds und so. Das war nicht ganz einfach.

Ihr habt jetzt auch Zuwachs bekommen. Rick McPhail spielt ab sofort die zweite Gitarre.

Dirk: Ja, das hat sich ganz natürlich ergeben. Wir haben ja schon vor der letzten Platte mit Rick live gespielt und gemeinsam geprobt. Und das hat sehr großen Spaß gemacht. Wir kennen uns einfach auch schon sehr lange und sind gut befreundet. Es erschien uns als das Natürlichste, wenn man eh miteinander spielt, dass wir diese Platte zu viert machen. Die Vorstellung, Phil nur als Gast- und Livemusiker mitzunehmen, fanden wir schäbig. Irgendwann muss derjenige als offizielles Bandmitglied dabei sein.

Angelika Express – Geh’ doch nach Berlin

(Fragezeichen bei beiden)

Ich gib euch mal 'nen Tipp. Die sind aus Köln.

(Immer noch nichts)

Angelika Express

Arne: Hach, ich wollte es gerade sagen. Ich kenne das Stück allerdings nicht. Ich hätte es nur geraten.

Das Stück bezieht sich ja auf die wahnsinnige Umzugsflucht von Köln nach Berlin. Habt ihr das auch mitbekommen? Gab oder gibt es das in Hamburg auch?

Dirk: Nun ja, ich bin ja selbst nach Berlin gezogen. Sitze hier quasi als lebendes Beispiel für diesen Songtext (lacht). Zwar nicht aus Köln, aber ich fühle mich dennoch sehr angesprochen.

Ach so, das wusste ich gar nicht. Buh! (alle lachen)

Arne: Das Wort zum Umzug. Der Song ist auf jeden Fall 'ne gute Idee.

Und ich frage mich: Was hat Berlin, was andere Städte nicht haben?

Dirk: Och, ist halt recht groß. Auch billiger zu wohnen, als in München zum Beispiel. Na ja, muss jeder selber wissen. Auf jeden Fall ist Berlin eine schöne Stadt. Kann man nicht anders sagen. Und Köln ist auch schön.

Hamburg ist auch schön. Und Sibirien auch (wow, was für ein Übergang). Ihr habt dort im Frühjahr 2004 gespielt. Wie kommt man dazu?

Arne: Wir wurden vom Goethe Institut eingeladen. Das war hoch interessant. Man wird von diesem Institut ganz reizend betreut. Du hast immer Dolmetscher dabei, und wir hatten sogar einen Tag frei, so dass wir uns die Umgebung angucken konnten. Wir waren dort nach den Aufnahmen zu "Pure Vernunft Darf Niemals Siegen" und haben dort fast ausschließlich die neuen Stücke gespielt. Das war natürlich sehr spannend für uns, und es hat auch gut geklappt.

Dirk: Eine gute Live-Umsetzung, um noch mal an das Thema von eben anzuknüpfen. Ein gelungener Test. Offen gesagt war es aber auch egal, weil die Leute eh nichts von uns kannten. (lacht)

Wie ist das generell im Ausland? Wo seid ihr am bekanntesten? Fragt man zum Beispiel Engländer nach deutschen Bands, nennen sie zuerst Tocotronic ...

Arne: Ja, die letzte Platte wurde im NME ganz gut besprochen, oder? Rough Trade organisierte den Vertrieb, allerdings nur im kleinen Rahmen.

Dirk: Wir haben zuletzt vor sieben oder acht Jahren in London gespielt. Das war auch das erste Mal und in Camden, dem damaligen Pop-Stadtteil schlechthin, da kamen tatsächlich auch Deutsche. Touristen und Touristinnen in voller Oasis-Montur. (lacht) Schon eher absurd. Ansonsten haben wir in Dänemark eine kleine Fangemeinde. Da spielen wir auch manchmal. Und in Holland und Belgien verkaufen sich auch Platten. Also überall dort, wo es ein Grundverständnis der deutschen Sprache gibt.

Sportfreunde Stiller – Kompliment

Dirk: Ganz schön fetzig. Ah ja, da rollen sich dann doch die Fußnägel.

Arne: An der Stimme erkenne ich sie, Sportfreunde Stiller.

Dirk: Aber das Stück kenne ich nicht.

Arne (zu Dirk): "Ich wollte dir nur mal eben sagen, dass du das Größte für mich bist".

Dirk: Oh, Danke!

Ja, die füllen ja plötzlich riesige Hallen ...

Dirk: Ja, schön. Und was willst du damit bezwecken, dass du uns das vorspielst?

Gar nichts. Wie ihr ja vielleicht bemerkt habt, geht es um das zur Zeit sehr beliebte Thema "deutschsprachige Musik", und außerdem passt jetzt wieder mein nächster Hammer-Übergang (grins): Was war das schönste Kompliment, das ihr jemals bekommen habt, bzw. welches war das Schönste, das ihr jemals erteilt habt?

Arne. Oh, da sind wir nicht immer ganz so gut ...

Dirk: Neulich hat mir ein Freund das Kompliment gemacht, dass die neue Platte eine "Giftschrank-Platte" ist. Das fand ich eine tolle Idee, ähnlich wie bei Büchern, die man als Kind nicht lesen darf.

Ist eine gute Beschreibung.

Dirk: Ja, irgendwie schon. So wie das verbotene Buch. Jugendgefährdend. Fand ich toll.

Arne: Ach ja, die Sporties.

Kennt ihr euch denn?

Arne: Ja, schon aus der Zeit, als die noch Stiller hießen. Da haben wir auch mal zusammen gespielt.

Dirk: Ja, eher flüchtig.

Blumfeld – Neuer Morgen

Beide gleichzeitig: Blumfeld.

Arne: Wunderbares Lied. Auch das Video.

Dirk: Ja, sehr schön.

Ihr musstet wahrscheinlich schon oft zur aktuellen Diskussion über deutschsprachige Musik, einer Deutsch-Quote und der so genannten Deutschtümelei Stellung beziehen. Wie beurteilt ihr das, bzw. wollt ihr dazu überhaupt noch etwas sagen?

Dirk: Deutschtümelei, Heimatduseligkeit und nationalistische Gefühle. Wir lehnen die Radioquote strikt ab.

Arne: Man muss da schon korrekt bleiben. Nationalistische Tendenzen kann man sicher erkennen.

Dirk: Diese Tendenzen finden ja allgemein in die Kultur Eingang. Beim Film ist es doch nicht anders, siehe "Das Wunder von Bern" als deutsche Erweckungsmythologie, bis zu "Hitler menschlich gesehen". Und so etwas wie "Wir sind wir" und "Auferstanden aus Ruinen" ist einfach relativ unverhohlener Nationalismus. Als stramm links-sozialisierte Antinationalisten, die wir nun mal sind, und wie es uns in autonomen Jugendzentren seinerzeit eingeprügelt wurde, ekelt uns das natürlich an. (lacht)

Nein, es geht sicher darum, wie man aufgewachsen ist. Da tut man sich natürlich schwer, wenn Bands wie zum Beispiel Mia, die bestimmt ganz reizende Menschen sind und die ich persönlich nicht kenne (schmunzel), wenn die dann meinen, mit einem neuen Patriotismus, so bezeichnen sie es glaube ich, auffallen zu müssen. Mal eben im poppigen Gewand rufen: "Deutschland, man wird ja wohl mal sagen dürfen". Damit tut man sich schon schwer, auch wenn deren Beweggründe bestimmt nicht boshaft sind. Aber sie sind nationalistisch. Es gibt kein anderes Wort dafür, wenn man mit schwarz-rot-gold herumläuft.

Allerdings, vor allem wenn man sich auch noch die Haare so färbt ...

Dirk: Es ist einfach nur dämlich.

Virginia Jetzt! – Mein Sein

Arne: Das kenne ich gar nicht.

Dirk: Das kommt jetzt vielleicht so rüber, als wären wir zu sehr in unserer Musik versunken, weil wir fast kein Stück hier erkennen. (alle lachen) Ich habe keinen blassen Schimmer.

Das sind Virginia Jetzt!

Arne: Ach so, ja.

Wo liegt eurer Meinung nach generell der Unterschied zwischen den neuen deutschen Bands und den "alten Hasen"?

Dirk: Wir werden das relativ häufig gefragt, und man fühlt sich schon unbehaglich, darauf zu antworten, weil man sich dann so alt vorkommt ... als wäre man schon Methusalem.

Arne: Alt und Weise.

Dirk: Über jüngere deutsche Bands zu urteilen, ist eine Rolle, in der man sich nicht so wahnsinnig wohl fühlt. Ich glaube auch nicht, dass wir dazu berufen sind, weil das sehr weit weg ist und, wie eben im Witz gesagt, wir doch sehr mit uns beschäftigt sind. Natürlich gibt es viele Verbindungen zu Bands, wie eben zu Blumfeld, die uns schon immer begleiten und die aus dem selben Umfeld kommen.

Genau, es gab die Hamburger Schule, man kannte sich untereinander und hat auch gemeinsame Sachen gemacht.

(Im Hintergrund läuft nun Mia – Hungriges Herz)

Dirk: Ja, so etwas passiert auch immer noch. Man arbeitet ab und an zusammen, und es gibt einfach ... ach, da sind ja jetzt Mia (leicht irritiert).

Arne: Der Grand Prix-Hit.

Dirk: Was wollte ich sagen ?

Arne: Es gab ...

Dirk: Genau, das gab es eben schon immer. Und wenn man mal ganz offen ist: manchmal ist einfach auch ein bisschen Desinteresse dabei. Es gibt sicher große Unterschiede in der Herangehensweise verschiedener neuer deutscher Bands, anders als damals bei uns. Und das ist ja erst mal nichts Schlechtes.

Wir sind Helden – Guten Tag (die Reklamation)

Dirk: Das ist "Ca plane pour moi" von Wir sind Helden. (längere Pause)

(entschuldigend) Wir können dazu leider nicht viel sagen, weil wir die Songs nicht gut genug kennen. Das ist schon ein wunder Punkt, zumal wir uns im Vorfeld darüber unterhalten haben, was wir denn machen, wenn wir nach diesen Bands gefragt werden.

Ist ja nicht so schlimm. Dafür war es doch schon gut.

Arne: Man kann halt auch so wenig dazu sagen. Wie Dirk schon meinte, man fühlt sich in dieser Kritikerrolle unwohl. Das klingt dann schnell so unbescheiden. Und ein Stück weit lebt man einfach im Elfenbeinturm und bekommt von den meisten Sachen gar nichts mit.

Dirk: Insgesamt kann man aber schon sagen, dass uns dieser von den Medien mitinszenierte Boom der deutschen Musik ganz einfach Bauchschmerzen bereitet. Meistens geht es ja nicht von den einzelnen Bands aus, sondern von den Medien, die manches zusammen fassen, und da ist die nationalistische Tendenz einfach dabei. So nach dem Motto: wir haben jetzt endlich wieder Bands in Deutschland, die deutsch singen. Der Endpunkt ist dann diese unselige Quote. Das fängt ja schon bei dem Sampler an, auf dem ein "Deutschland ist erwacht"-Sticker klebt.

Arne: Da kriegt man das Kotzen. Die Neue Deutsche Welle entstand damals aus einer Zeit des Punkrock heraus und wurde später als beknackte Musikrichtung verkauft. Ganz schrecklich.

Dirk: Das ist halt die Vermarktung. Damit wird eben Schindluder betrieben. Grundsätzlich kann man natürlich nicht sagen, Musik aus Deutschland interessiert uns nicht. Ich finde es auch doof zu behaupten, ich höre nur Musik aus Nordengland oder Südspanien. Letztlich ist es doch Wurst, aus welchem Land die Musik kommt, ob deutsch oder nicht deutsch. Aber diese Diskussion darüber, dass es gut ist deutsch zu singen, da hakt es bei mir auch schon. Ich weiß wirklich nicht, was daran gut sein soll. Man kann als Musiker doch auch auf chinesisch singen.

Wir haben auch nie gesagt, dass es so herrlich ist, auf deutsch zu singen. Im Gegenteil, es ist eher schwierig, gute deutsche Texte zu schreiben. Darin liegt natürlich auch der Reiz, aber ich kann nicht so ein affirmatives Verhältnis zu dieser deutschen Sprache herstellen. Das geht nicht. Das kommt mir auch alles so kleinbürgerlich vor. Musik ist doch, kitschig gesagt, eine universelle Sprache. Rock'n'Roll.

Neonbabies – Blaue Augen

Arne: Das sind Ideal.

Fast. Neonbabies. Die haben das schon vorher gespielt.

Arne: Aha, die Version kenne ich gar nicht.

Dirk: Die beiden Humpe-Schwestern, die eine bei den Neonbabies, die andere bei Ideal. Damit sind wir aufgewachsen.

Mit was habt ihr eure Jugend verschwendet? Na, das ist doch mal wieder ein super Übergang, oder?

Dirk (lacht): Dazu müsste man Jugend erst mal definieren.

Arne: Ich habe eigentlich nie besonders viel deutsche Musik gehört.

Nee, ich meinte das jetzt auch eher allgemein.

Arne: Hmm, also Jan und ich haben schon sehr viel Zeit mit dem Studium des Deutschpunks verbracht. Aber das war eigentlich gar keine verschwendete Zeit.

Dirk: Das waren eher Lehr- und Wanderjahre an verschwendeter Zeit. (alle lachen)

Anajo – Monika Tanzband

Die kennt ihr wahrscheinlich auch nicht. Auch so eine neue deutsche Band, die aber ausnahmsweise mal richtig gut ist.

Arne: Das klingt ganz ulkig.

Dirk: Ja, das ist so C-64-Musik. Die höre ich immer sehr gerne.

Knarf Rellöm – Roc Stars

Arne: Ist das Knarf Rellöm? Das ist von der neuen Platte, die ich noch nicht gehört habe.

(alle lachen und applaudieren für Knarf)

Dazu gibt es auch ein tolles Video. A propos, ihr habt doch auch kürzlich euer Video zu "Aber hier leben, nein danke" gedreht.

Arne: Ja, und es war sehr kalt.

Dirk: Wir haben ja außen gedreht, also so Open Air mäßig.

Arne: Eigentlich eine doofe Idee (lacht)

Dirk: Aber das wird bestimmt sehr schön.

Arne: Ja, es hat auch alles gut geklappt mit dem geladenen Publikum. (LADO hatte einige Tage zuvor einen Newsletter verschickt und zum Videodreh im "Planten & Bloomen" in Hamburg geladen, Anm. d. Red.)

Dirk: Die Leute waren sehr motiviert. Das sollte man an dieser Stelle noch einmal sagen, damit sie das lesen. Hut ab! So ein Dreh dauert wahnsinnig lange, und es ist teilweise auch ziemlich langweilig, weil so viel umgebaut wird, und dann steht man so in der Kälte herum. Also nochmals danke an alle.

Arne: Das fertige Video haben wir allerdings noch nicht gesehen.

Dirk: Im Januar wird es dann hoffentlich auch irgendwo zu sehen sein. Vielleicht auch auf Arte? (lacht)

Stimmt. Es gibt ja kaum noch Musikkanäle. Onyx gibt es mittlerweile auch nicht mehr, oder?

Arne: Nee, das ist jetzt so ein Präsentierkanal. Ist auch besser so.

Dirk: Ich gucke eigentlich gar nicht so viel Musikfernsehen. Immer wenn ich da mal reinschaue kommt dieses blöde Nashorn und der bekloppte Frosch. Das ist die totale Gehirnwäsche. Da bekomme ich zuviel und muss sofort Nerventee trinken.

Christian Kreuz – Lebenslänglich Disko

Arne: Klingt ein bisschen wie Abwärts.

Dirk: Oder Falco. (Pause) Ach, ist das der von Dakar & Grinser? Die Platte fand ich sehr witzig.

Geht ihr selber auch gerne tanzen?

Dirk: Ja, kommt schon mal vor. Aber dann lieber auf so Bumm Bumm-Musik.

Arne: In Köln natürlich im Studio 672. Da habe ich schon so einige Nächte durchgefeiert.

Arne Zank – Do you do (Love from A to Z)

Arne: Kenne ich.

Das hätte mich jetzt auch gewundert. Und Dirk kennt das auch?

Dirk: Nee. (grins)

Ihr habt ja alle eure Soloprojekte am Start, die meist sehr in diese elektronische Richtung tendieren. Da tobt ihr euch dann so richtig aus. Werden Tocotronic auch mehr diese Richtung einschlagen?

Dirk: Bei der letzten Platte waren wir schon sehr beeinflusst von der Struktur elektronischer Musik. Aber wir achten darauf, dass wir eine Rockband bleiben.

Arne: Man kann jetzt nicht sagen, machen wir mal ein Reggae-Album oder so. Aber wir wissen auch nicht, wohin der Wind uns wehen wird.

Es fällt aber auf, dass viele Gitarrenbands irgendwann mit elektronischen Klängen herum experimentieren.

Dirk: Die Wege der Rockmusik sind schon etwas ausgelatscht. Bei der letzten Platte merkten wir auch, dass man so eine gewisse Antipathie gegenüber Rockmusik verspüren kann. Wobei wir uns jetzt bei "Purer Vernunft Darf Niemals Siegen" sicher waren, dass es eine reine Rockplatte wird.

So, jetzt muss ich auch leider schon die vorletzte Frage stellen. (theatralisch) Das Jahr neigt sich dem Ende.

(alle lachen)

Arne: Oh je, was kommt denn jetzt?

Dirk: Jetzt kommen die besinnlichen Fragen.

Leider kann ich die Musik jetzt nicht mehr dazu spielen ... obwohl die gar nicht so besinnlich ist.

Arne: Last Christmas?

Was sind eure guten Vorsätze für 2005?

Dirk: Oh je, das sind wir schon mal gefragt worden, wir haben eigentlich nie Vorsätze.

Arne: Ich will irgendwann mit dem Rauchen aufhören, aber zur Jahreswende ist das Quatsch.

Was ist euer Album 2004?

Dirk: Ein Album von einem jungen, englischen Künstler auf dem deutschen Label Tomlab: Patrick Wolf. Das finde ich unglaublich gut.

Arne: Und eine Kölner Platte: "Yog Sothoth" von Workshop.

Gut, vielen Dank. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht, trotz zu vieler deutscher Musik.

Arne: War super. Ist mal was anderes.

Dirk: Zu viel deutsche Musik ist gar nicht gesund.

Das Interview führte Jasmin Lütz.

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