Porträt

laut.de-Biographie

Soname Yangchen

"Ich möchte wie ein Flügel des Dalai Lamas sein. Er ist so freundlich und großzügig, und er hat mir beigebracht, dass man nicht als große Gruppe die Welt verbessern kann. Jeder Mensch muss bei sich selbst anfangen, die Welt zu verschönern, indem er sein Umfeld zum Lächeln bringt."

Mit ihrer Musik setzt die tibetische Sängerin und Komponistin Soname Yangchen dieses Credo erfolgreich in die Tat um. Das verzückte "Umfeld" ist in ständigem Wachstum begriffen. Längst reicht es über Sonames Wahlheimat England hinaus. Dabei klingen ihre Stücke für westliche Ohren zunächst äußerst mysteriös. Basieren sie doch auf Tibets musikalischem Vermächtnis. In den Texten der stimmungsvollen Songs verarbeitet die Künstlerin Erinnerungen an das Land ihrer Herkunft und greift ihre bewegte Lebensgeschichte auf.

Die beginnt 1973 in der tibetischen Provinz Yarlung. Zu dieser Zeit unterliegt der Staat bereits der militärischen Herrschaft Chinas. Als Tochter einer alten Adelsfamilie lernt Soname die Grausamkeit der chinesischen Besatzer früh kennen. Immer wieder müssen die Eltern öffentliche Auspeitschungen und eine Vielzahl weiterer Demütigungen erdulden, während die Kinder nur hilflos zusehen konnten.

Die Familie möchte Soname diesem Alltag voller Schrecken und Gefahren entreißen. Deshalb schickt man das Mädchen mit sechs Jahren zu einer Tante in die tibetische Hauptstadt Lhasa. Die Verwandte ist jedoch nicht bereit, sich um das Kind zu kümmern. Sie übergibt ihre Nichte an eine städtische Familie. Für diese muss Soname von nun an als Haushaltshilfe arbeiten. "Ich war die Dienerin, ich musste die Betten machen und aufräumen. Ich hatte keine emotionale Beziehung zu der fremden Familie. Wie sollte das auch gehen? Sie haben nur gesagt, was ich zu tun und zu lassen hatte.", erinnert sie sich.

Mit zunehmendem Alter erkennt Soname die Zukunftslosigkeit ihres gegenwärtigen Lebens. Mönche berichten ihr von Schulen für Kinder, die der Dalai Lama in Indien errichten lässt. Beseelt vom tiefen Drang nach Bildung und Freiheit, flieht die Tibeterin im Alter von sechzehn Jahren aus ihrer Sklaverei. Trotz unzureichender Kleidung und mangelhafter Verpflegung, geht sie hunderte Kilometer zu Fuß, flüchtet quer durch den Himalaja über Nepal nach Indien.

In der Stadt Dharamsala, dem Regierungssitz des Dalai Lama, will die starke Frau ihr Glück versuchen. Sonames ambitionierte Pläne fallen jedoch bald einer Schwangerschaft zum Opfer. Der Vater des Kindes kümmert sich nicht um Mutter und Tochter. Sonames Versuche für sich und ihr Kind zu sorgen bleiben erfolglos. Ohne Schulabschluss findet sich keine Arbeit, die zwei Menschen ernähren könnte. So gibt sie die Tochter schweren Herzens in die Obhut ihrer tibetischen Schwiegereltern.

Auf der Suche nach einem Job und besseren Lebensbedingungen, gelangt Soname schließlich in die Metropole Delhi. Dort trifft sie auf einen der reichsten Männer des Landes, der ihr eine Anstellung als Hausdame offeriert. Zum ersten Mal geht die Tibeterin einer Arbeit nach, die ihr Freude bereitet. Die zahlreichen Gäste und die westlich geprägten Sitten ihres Chefs gewähren ihr ein Stück der Freiheit, die sie so innig herbei sehnt.

Unter den Besuchern des Hausherren befinden sich auch einige Europäer. Die hegen ein reges Interesse für Sonames dramatische Geschichte und erzählen ihr vom westlichen Kontinent. Bald wünscht sich die junge Frau diese unbekannte Welt zu erkunden. Ein Franzose holt sie deshalb zu sich und ermöglicht ihr wenig später den Umzug nach England. In London angekommen, hält sich Soname vorerst mit Putz- und Küchenjobs über Wasser.

Ständiger Begleiter auf den strapaziösen Reisen ihres Lebens ist seit jeher der Gesang. Als Quelle der Spiritualität und fester Bestandteil der tibetischen Kultur praktiziert sie ihn seit früher Kindheit. Soname hätte jedoch nie gedacht, einmal damit Geld verdienen zu können. Die Gelegenheit dazu eröffnet sich Ende der Neunziger-Jahre, als sie zu einer englischen Hochzeit eingeladen ist.

"Auf dem Fest gab es tolle Gerichte und die exquisitesten Drinks - aber keine Musik! Das kannte ich aus Tibet nicht. Also habe ich die Gäste gefragt, ob sie tibetische Berglieder hören wollten. Und dann habe ich einfach angefangen zu singen", erzählt die Künstlerin. Das hört auch ein Musikproduzent, der sich inmitten der beeindruckten Hochzeitsgesellschaft befindet. Er engagiert die begabte Sängerin und nimmt mit ihr zunächst einige EPs auf.

2006 erscheint dann Sonames Album-Debüt "Unforgetable Land", das eigene Kompositionen und Lyrics beinhaltet. In dem Buch "Wolkenkind" schildert die Lebenskünstlerin ein Jahr zuvor ihre Biographie. Buch und Platte stoßen auf ein breites Publikum. Auch das 2009 veröffentlichte Nachfolge-Album "Plateau" findet große Beachtung.

Ihre Veröffentlichungen umrahmt Soname Yangchen mit umjubelten Konzerten und Auftritten neben Elton John oder Björk. Mit ihrem Schaffen möchte sie die westliche Welt auf die verheerenden Verhältnisse in ihrem Heimatland hinweisen. "Ich hoffe, dass ich Tibet auf diese Weise irgendwie helfen kann. Denn ich habe das Leid erfahren, das es dort immer noch gibt. Es wird gefoltert, Menschen werden verhaftet und verschwinden von heute auf morgen für immer von der Bildfläche. Das weiß in Europa niemand!"

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