Porträt

laut.de-Biographie

Götz Widmann

Wenn zwei faule Säcke aufeinander treffen, die neben gewissen Entertainerqualitäten und lapidarem Talent zum Akkorde zupfen auch noch die charmante Frechheit besitzen, ihre eigene Lethargie durch die Tradition des Diogenes zu entschuldigen, kann eigentlich nur Großes daraus hervorgehen. Nur: Wie oft passiert so was schon?

Im Jahre 1993 stehen die Sterne über der damaligen Bundeshauptstadt Bonn günstig: "Joint Venture" taufen Martin Simon und Götz Widmann ihre kleine Kapelle, und sie sehen sich ein wenig als die gemäßigten Punks der Neuzeit: Mundharmonika statt Powerchords, Dope statt Dosenbier. Mit Simon, gelerntem Installateur und Gastronom, und Widmann, ein hervorragendes BWL-Diplom in der Tasche, treffen eigentlich zwei Welten aufeinander, die in punkto Weltanschauung und Humor jedoch absolut auf einer Linie liegen.

So dauert es nicht lang, bis man die ersten Ergebnisse des kreativen Schaffens auf Tonträger verewigt. 1995 erscheinen "Dinger" und "Augen Zu". Bereits im Folgejahr legen Joint Venture mit "Unanständige Lieder" die erste Live-CD nach. Veröffentlicht wird auf dem eigenen Label Ahuga.

Als 1998 "Ich Brauch Personal" erscheint, ist der Name Joint Venture in der deutschen Liedermacherszene schon ein fester Begriff. Spätestens nach "Extremliedermaching" im Jahr danach halten viele - gerade aus der alternativen Szene - das Duo für strahlende Lichtgestalten in der Tradition von Konstantin Wecker und Hans Söllner. An diesem vermeintlichen Höhepunkt der Karriere, am 5. Juni 2000, erleidet Martin Simon, längst unter dem Namen "Kleinti" bekannt, völlig unerwartet einen tödlichen Herzinfarkt.

Für Widmann, bekennender Dylan- und Reiser-Fan kein Grund, die Gitarre an die Wand zu hängen. Er bringt sich selbst das Mundharmonikaspielen bei und veröffentlicht 2001 sein selbstbetiteltes Solodebüt. Doch dem langjährigen Wegbegleiter wird der gebührende Respekt gezollt: 2002 erscheint "Kleinti", eine Art Best Of des gemeinsamen Schaffens. Die alte Homepage bleibt als eine Art digitales Mausoleum ebenfalls im Originalzustand.

Sein eigenes Denkmal setzt sich der Liedermacher spätestens 2004 mit der Live-CD "Drogen". Hier packt er alle schweren Geschütze aus, vom zynischen "Politiker Beim Ficken" über "Ich Schäme Mich Beim Wichsen" bis hin zu "Eduard, der Drogenhund". Das Album läuft an Lagerfeuern und in Studenten-WGs der ganzen Republik.

2004 wirft Widmann mit "Zeit" die Frage auf, ob der Schnitt zur Joint Venture-Vergangenheit vollzogen ist. Obwohl er noch immer über die Fähigkeit verfügt, seine scharfe Wahrnehmung auf den Punkt zu bringen, scheint sich der über 40-jährige Bonner langsam aber sicher von seinem Hang zu Drogensongs losgesagt zu haben.

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