laut.de-Kritik

Von Koks, Nutten und "Gesellschaftskritik".

Review von

Neun Monate nach seinem Debüt "Dreifarbenhaus" veröffentlicht Bausa das Mixtape "Powerbausa". Zwölf Titel enthält das digitale Release, drei davon waren bereits bekannt, zwei sind Skits. Das Intro "Stoff" beginnt mit einer tiefen Computer-Stimme.

Sie liest ein Zitat aus Aldous Huxleys "Schöne neue Welt": "Die perfekte Diktatur wird den Anschein einer Demokratie haben – einem Gefängnis ohne Mauer, in dem die Gefangenen nicht einmal davon träumen, auszubrechen. Es ist ein System der Sklaverei, bei dem die Sklaven dank Konsum und Unterhaltung ihre Liebe zur Sklaverei entwickeln." Die Missstände unseres kapitalistischen Systems scheinen den Bietigheimer also sehr zu beschäftigen. Zumal er dieses Mixtape unter dem Hashtag #fickkommerz agekündigt hat.

Das erste Feature mit Reezy klingt monoton und einfallslos. "Szenen Im Hotel" umschreibt das Vorhaben, mit Prostituierten im Hotelzimmer Pornos zu drehen. "Belle Etage 2.0", das zweite Reezy-Feature, kennt man aus der Hotbox-Folge mit Marvin Game. Damals rappte Bausa den Track solo auf den Beat von Drakes "Hotline Bling". Dabei hätte es besser bleiben sollen, Reezy, seines Zeichens eher Produzent als Rapper, kann nämlich leider nicht singen.

"Eisblau", einer der Skits, erinnert mit seinem Beat und der etwas näselnden Stimme an einen anderen Bietigheimer und Freund von Bausa, nämlich Rin. Julian Otto, so Baui bürgerlich, stellt in flott gerappten Versen das Majo-Label Universal bloß: "Irgendwer bei Universal hat geglaubt ich bin nicht tight / Heute fragen sie sich: Warum hab'n wir Baui nicht gesignt?"

Neben dem Super-Hit "Was Du Liebe Nennst" und dem Love Hotel Band-Abklatsch "FML" finden sich noch zwei weitere Oden an die Liebe. "Gib Mir Bös" besteht großteils aus den selben leeren Phrasen und einer Sing-Sang-Bridge. Der minimalistische Beat zwingt trotzdem zum Mitwippen. In "Was Kostet Mich Deine Liebe" leiden Feature-Gast Joshi und Bausa daran, in ein Escortgirl verliebt zu sein und ihr ganzes Vermögen an sie zu verschwenden. Der Song ist sehr ruhig, lebt von Synth-Elementen und einem dunklen Bass.

Das Gegenstück bilden die Party-Songs "Unterwegs" mit Capital, "In Berlin" mit Nura und der zweite Skit "Pillen Im Club". "In Berlin" wollen Nura und Baui, egal wo sie hinkommen, alles kaputt machen. Spätestens nach zwei Minuten wird das bemühte Trash-Image anstrengend. Ein überladener Bass und das wahllose Beleidigen erinnern an "Wenn Ich Will", den Feature-Track von Nura und Fruchtmax.

Der zweite Skit "Pillen Im Club" basiert auf einem Techno-Beat, er beinhaltet wie erwartet Drugtalk und Club-Storys. Vom Vibe her erinnert der Skit an "Stoff & Schnaps".

Mit dem Outro "Kleines Rad" schließt Julian Otto die systemkritische Klammer, die er im Intro mit Huxleys Zitat geöffnet hat. Zu Drum-Loops und einer Soul-Melodie betont der Bietigheimer den Wert jedes kleinen Rädchens im System und kritisiert den Eurozentrismus der Medien.

Das Tape insgesamt schwankt zwischen hohen Höhen und tiefen Tiefen. Weder ein thematischer, noch ein musikalischer roter Faden führt durch die halbe Stunde Musik. Vereinzelt stechen originelle Songs wie etwa das Outro heraus, die schlechteren wie "Szenen Im Hotel" verschwimmen im Einheitsbrei.

Die von Bausa versprochene Komsum-, Kapitalismus- und Gesellschaftskritik wird nur leicht angeschnitten. #fickkommerz würde für mich bedeuten: das digitale Mixtape schwimmt kostenlos im Netz. Statt dessen muss man zwischen acht und zehn Euro für das gute Stück zahlen. Die Versuche von Fans, es auf Youtube für alle zugänglich zu machen, werden direkt von Warner gelöscht. Schade.

Trackliste

  1. 1. Stoff
  2. 2. Unterwegs (ft Capital Bra)
  3. 3. Szenen Im Hotel (ft reezy)
  4. 4. Eisblau Skit
  5. 5. Was Du Liebe Nennst
  6. 6. Belle Etage 2.0 (Ft. ​reezy)
  7. 7. Pillen Im Club (Skit)
  8. 8. In Berlin (Ft. Nura)
  9. 9. Gib Mir bös
  10. 10. FML
  11. 11. Was kostet mich deine Liebe (Ft. Joshi Mizu)
  12. 12. Kleines Rad

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