laut.de-Kritik

100 Minuten Klatsch und Tratsch eines Rap-Trolls.

Review von

Als Kollege Moritz Link in einer Review Summer Cem vorgeworfen hat, sein Album "Siki Jackson" "mit belanglosen Filier-Songs künstlich" aufgebläht zu haben, so dass es unter seinen 21 Songs ächze, erwiderte ein wohl desillusionierter Leser in den Kommentaren: "Kuratorische Fähigkeiten? Es handelt sich offensichtlich um ein Spotify-konformes 'Playlist'-Album - nicht mehr und nicht weniger." Auch Asche dürfte mutmaßlich einen derartiges Prinzip verfolgt haben, als er alle Schleusen geöffnet hat, um 100 Minuten akustisches Material gestückelt in 35 Song-Einheiten über die Hörerschaft zu ergießen.

"Gehinnom" eröffnet den Marathon der schlechten Laune. Asche inszeniert sich als "Super-Bösewicht", der den "deutschen Hip Hop wieder hart" mache. Das klingt derart griesgrämig, dass er nicht einmal dadurch ironischen Abstand gewinnt, dass er den tausendfach recycelten JBG-Sound mit einem Sample aus "Beautiful Liar" von Beyoncé und Shakira kombiniert. Stattdessen verlegt er sich auf seine Kerndisziplin der eingeschränkt kreativen Attacken gegen Mitbewerber. "Fuck CCN, fuck BBM, fuck jeden Trend", nimmt er einleitend mit Bushido und Sun Diego zwei seiner Lieblingsgegner ins Visier.

So geht es beinahe zwei Stunden weiter. Er disst anlasslos Data Luv, Shindy, Ski Aggu, T-Low oder Yin Kalle. Vorsichtigen Respekt zollt er lediglich Chris Brown und Till Lindemann. Und auch Mozart sei "unfuckable". Fragen wirft sein Verhältnis zu Ufo361 auf. Dass dieser schon mal auf feminines Schuhwerk zurückgreift, dürfte für Asche die maximale Provokation gewesen sein ("Modelfaceflow"). Doch der Vorwurf, der Berliner sei ein "Satanisten-Schwein", das die Jugend vergifte und es mit Weihwasser zu waterboarden gelte, klingt fast nach echter Angst ("Better Have My Money", "Toleranz Zero").

Ob seine angeblich so "gehobenen Verse" Sinn ergeben, ist zweitrangig. In "Turbulenzen" kündigt er an, Laas Unltd. halbtot zu schlagen, bevor besagter Pechvogel in einem Kernspintomograph wiederbelebt werde. Wie auch immer das funktionieren soll. "Ich denunzier' beim Straßenfight", kündigt er in "Ty Dolla Sign" an. Er wolle den Wendler treffen, "bis ihm die Schlagader läuft". Und in "Kommandant" erklärt er, "bis aufs Verrecken abgebrüht" zu sein "wie ein Säureattentat". Über weite Strecken klingt das Album derart heruntergelottert, als wisse Asche selbst nicht, was er sagen wolle.

Was die privateren Einblicke betrifft, hat der Rapper seit "Was Bleibt Ist Asche" mit wenigen Ausnahmen der Mut verlassen. Mit Fard und PA Sports singt er mit ungewohnter Kopfstimme über sein "Trauma". "Never Give Up" wiederum greift Mobbing-Erfahrungen auf. "Wurd' schon von klein auf ausgegrenzt. Ich stand allein auf dem Schulhof", reflektiert er betrübt die Zeit seiner Selbstfindung, "In einer Welt voll Diversität war ich ständig auf der Suche nach 'ner Identität." Doch statt das Thema weiterzuverfolgen, flüchtet er sich direkt wieder hinter die üblichen Schutzmechanismen.

Am Ende schließt sich der Kreis zu den "Sample-Hits", wenn der Rapper "Push The Feeling On" der Nightcrawlers für "All Eyez On Me" wiederverwendet. "Das beste Rap-Abum des Jahres, auch wenn ich angeben hasse", zieht er sein persönliches Fazit zu diesem elendig aufgebauschten Werk. Asche mag sich aggressiv verkaufen, doch sein Roundhouse-Kick gegen Intellekt und ästhetisches Empfinden erklingt zugleich völlig eintönig. Längst tritt er nur noch als Rap-Troll auf, für den die Musik den alleinigen Zweck erfüllt, Klatsch und Tratsch zu verbreiten oder aufzuwärmen.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Gehinnom
  2. 2. K.O.
  3. 3. Better Have My Money
  4. 4. Pow (mit Calli)
  5. 5. Turbulenzen
  6. 6. Jonny Cage
  7. 7. Ty Dolla Sign
  8. 8. Kommandant
  9. 9. RSQ8
  10. 10. Toleranz Zero
  11. 11. Rodtang
  12. 12. Savage
  13. 13. Dominanz
  14. 14. Rolling Stones (mit Kollegah)
  15. 15. Born Poor Die Rich

CD 2

  1. 1. Rap Wieder Hart
  2. 2. Achilles & Herkules (mit Kollegah)
  3. 3. Balaclava
  4. 4. Trinity (mit Kollegah und Robbie Banks)
  5. 5. Trauma (mit Fard und PA Sports)
  6. 6. Dead Presidents (mit Kollegah und Robbie Banks)
  7. 7. Never Give Up (mit Kollegah)

Feind Von Jedem 3 EP

  1. 1. Violence
  2. 2. Modelfaceflow
  3. 3. Grinch Asozial
  4. 4. Bad Santa (mit Kollegah)
  5. 5. Schlecht Und Schlächter (mit Kollegah)
  6. 6. Himmelfahrtskommando (mit Kollegah
  7. 7. Bosshaftes Massaker (mit Kollegah)

Shinobi Retsuden EP

  1. 1. Genjutsu
  2. 2. JMB
  3. 3. Tokio Nights (mit Kollegah)
  4. 4. Sterne
  5. 5. Shinobi
  6. 6. All Eyez On Me

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"Das Empire wächst, Kollegah signt die Straße. Setz' das ganze Land in Brand, Mann, was bleibt, ist Asche." Standesgemäß führt Kollegah im ausgehenden …

10 Kommentare mit 21 Antworten

  • Vor 20 Tagen

    Ich habe in 7 Lieder reingehört und es ist furchtbar. Das ist ja absolut gar nichts in allen Belangen: Keine guten Beats, keine guten Texte, keine guten Flows und jedes Mal diese nahezu gleich abgemischte Raucherhusten-Stimme. Der klang in den Jahren davor deutlich angenehmer, keine Ahnung, was da seine Idee war, wenn er überhaupt eine hatte.

    Was ich auch nicht checke, ist, was soll diese überlange, in vier Teile aufgesplittete Tracklist, wenn sowieso alle Songs irgendwie gleich klingen und insgesamt dasselbe Konzept verfolgt mit ihnen wird? Generell hat der Werkschaffende hier keinerlei Gespür für Dramatik oder Emotionen, der erste Song hätte auch gut an jeder anderen Stelle des Albums sein können, selbiges gilt für alle anderen Tracks.

    Es ist einfach nur Musik von einem Nicht-Künstler für Menschen, die nichts von Kunst verstehen und von Musik lediglich erwarten, dass Töne aus ihrer Handybox kommen. "Grinch Asozial" nominiere ich an dieser Stelle für den schlechtesten Song des Jahres.

    • Vor 20 Tagen

      Habe wegen des Kommentars auch mal reingehört und du hast Recht. Der Mix ist auch ziemlich statisch und gleichförmig, darum hab ich geschaut, wer den machte. Es ist ein Producer, der auch Produzentencredits hat und seine Beats für 39,99 € bei Beatstars anbietet und ich finde den Preis sehr angemessen. Der fungierte auch als Mastering Engineer. Wüsste gerne, was der dafür bekommen hat.

      Aber alles in allem halt im wahrsten Sinne des Wortes sehr billig.

  • Vor 20 Tagen

    Was für ein arschlangweiliges Album.

  • Vor 20 Tagen

    Verschwendet nicht eure Zeit mit Alman-Rap. UK, Frankreich, US und die Latinos setzen die Trends.

    Ufo, Morlockk und wenige andere haben Style und der Rest ist cöp.

    • Vor 20 Tagen

      ufo und morlockk in einem satz schon weird

    • Vor 19 Tagen

      War auch schon in seiner BoomBap Phase wack a.f.

    • Vor 19 Tagen

      Was das Roster angeht müsste sich Deutschrap eigentlich nicht verstecken. Die ganzen Donna Savages, Kitnanas, T9s und Wa22ermanns müssten einfach nur mal ordentliche Alben aufnehmen, die länger überdauern als diese 13 Minuten Eps mit ach so tollen Konzepten. Aber ich spüre den Staub auf meinen Fingern, während ich das schreibe.

    • Vor 18 Tagen

      Ohne Spaß, dieser klassische deutsche Straßen Rap ist mit Abstand das schlimmste was Deutschrap zu bieten hat. Abgesehen von Haftbefehl & Celo&Abdi. Also meine so Künstler wie Asche, Farid, Fard, Ngee, 18 Karat Majoe, Olexesh usw. Die gehen für mich alle mehr oder weniger in die selbe Richtung. Manche machen mehr Battle Rap und dissen (Farid, kolle, Asche) und andere rappen Klischees runter. Ist nicht mal so dass vieles davon wirklich schlecht klingt aber keine andere Musik fühlt sich so leer an. Manche von denen haben paar tracks wo ich mir denke cooler flow oder so aber im großen und ganzen fühlt sich das alles halt einfach nur statisch und banal an. Dieser 2015 Straßen Rap Sound catcht mich wirklich in gar keiner Form. Soufian zb. Ist noch ganz cool. Asche ist halt mit die schlimmste Form davon. Diese Streicher beats, yt type beat drums, Standard mische bei jedem Track und dann noch die Cartoon artigen Texte ohne wirkliche Highlights. Warum hört man sowas?

    • Vor 18 Tagen

      "dieser klassische deutsche Straßen Rap"

      Tom Hengzt, Kwam E, OG Keemo, Rokko Weißensee, OG Lu, Ivo der Bandit, Blood Spencore.. wer von denen ist dir nicht Straße genug?

    • Vor 18 Tagen

      Oben genannte (O.g. :D) Donna Savage nicht zu vergessen

    • Vor 18 Tagen

      Meinte nicht genrell straßenrap sondern diese bestimmte Art die Bushido geprägt hat und alles in diese klassische street Rap Richtung. Wie zb. Die oben genannten von mir. Die von dir aufgezählten feier ich größtenteils. Ist für mich aber auch schon wieder komplett anderer Sound Keemo und Rokko hat ja soundtechnisch nichts mit streicher beats und faden drums zu tun. Find zb. Auch noch lockenumma19, nizi oder Tra ziemlich dope. Street Rap ist halt nicht gleich Street Rap.

    • Vor 18 Tagen

      Von denen hat halt auch nur einer ein veritables Album im Portfolio und gerade bei dem würde ich wetten, dass sein Straßen Image zum Großteil auf Räuberpistolen basiert wie die Beute nach einem Banküberfall.

      Diclosure: Von Ivo hab ich noch nie gehört.