Porträt

laut.de-Biographie

Human League

Dass die Bandgeschichte von Human League durchaus zweigeteilt zu betrachten ist, könnte einem allein an den beiden großen Hits "Being Boiled" und "Don't You Want Me" auffallen. Während der Letztgenannte ein Paradebeispiel für fröhlichen Frühachtziger-Synthie Pop darstellt und 1981 prompt zur meistverkauften Single in England wurde, zeichnet das stoisch und unterkühlt schleppende "Being Boiled" ein völlig anderes Bild.

The Human League: "Sound of the 80s? Verstehe ich nicht!" Aktuelle News
The Human League "Sound of the 80s? Verstehe ich nicht!"
Auch zehn Jahre nach 80s Revival-Konzerten fühlt sich Philip Oakey nie reif für die Dschungelshow.

Jener Kulthit gehört in die erste Bandperiode Human Leagues. Die Computerfreaks Martyn Ware und Ian Craig Marsh gründen 1977 in Sheffield die Dead Daughters, aus denen unter Hinzunahme von Adolph "Adi" Newton das Projekt The Future wird. Underground-Erfolg stellt sich jedoch erst im Sommer 1978 ein, als Sänger Phil Oakey für Newton (der später Clock DVA gründet) hinzu stößt und der endgültige Bandname von einem Science Fiction-Spiel stibitzt wird. Ziel ist es, die Unterkühltheit Kraftwerkscher Elektronik in den Dance Pop-Kontext zu rücken. Wie viele ihrer Zeitgenossen der New Romantic-Welle (Depeche Mode, OMD, Soft Cell) sind Ware und Co. von der Do-It-Yourself-Attitüde der neuen Synthesizer begeistert, die den verloren geglaubten Spirit des Punk wieder beleben.

Die in Mono aufgenommene erste Single "Being Boiled" erscheint im Juni '78 und floppt. Dennoch bekommen die Jungs die Chance bei der Siouxsie And The Banshees-UK Tournee zu eröffnen. Live integriert der Ex-Kunststudent Adrian Wright obskure Visuals ins Bühnengeschehen. Ein Auftrittsangebot mit den Talking Heads 1980 wird zurück gezogen, als der Veranstalter erfährt, die Band würde zu Wrights Dia-Show ihre Songs playback ablaufen lassen und sich Kraftwerk-gleich ins Publikum mischen. Iggy Pop ist da weniger zimperlich und nimmt die Band mit auf die erste Europa-Tour. In der Erinnerung Oakeys wurde die Band damals praktisch mit allem beschmissen, was die Punk-Fans so bei sich trugen.

Obwohl sich die zweite LP "Travelogue" mit seinen noch relativ unbeholfenen Elektropop-Versuchen und Finanzspritze von Virgin nicht übel verkauft, haben Ware und Marsh Ende 1980 die Schnauze (vor allem von Oakey) gestrichen voll und verlassen die Band. Eine Tour ist aber schon gebucht, bereits verjubeltes Geld muss wieder eingespielt werden und so kommt Oakey auf die etwas seltsame Idee, mit zwei College-Mädels, die niemals zuvor gesungen haben, den Verlust der Hauptsongwriter zu kompensieren. Für die Beibehaltung des Bandnamens willigt Oakey ein, die Verblichenen am finanziellen Ertrag des Folge-Albums teilhaben zu lassen.

The Human League - Credo
The Human League Credo
Der große Befreiungsschlag aus dem Retrowahn bleibt aus.
Alle Alben anzeigen

Was für ein Deal. Zusammen mit den blutjungen Hühnern Susan und Joanne sowie Wright, dem Ex-Bassisten Ian Burden und Ex-Gitarrero Jo Callis an den Tasten wird "Dare" 1981 zum Riesenerfolg (fünf Millionen verkaufte Platten) und beschert auch den Ex-Mitgliedern volle Konten. Ware und Marsh gründen das Projekt British Electric Foundation, auf dem sie u.a. Tina Turner singen lassen und kehren anschließend mit Heaven 17 wieder ins Pop-Bewusstsein zurück.

Oakey wird derweil mit seinem unförmigen Haarschnitt und der dicken Schminke zum Anführer der Synthie-Pop-Bewegung und definiert seine hippe Style-Ästhetik über Plattencover und Konzerte hinaus. Besagtes "Don't You Want Me" wird zum Weihnachtshit '81 (Platz 1 in USA+UK, Platz 5 in D) und auch "Being Boiled" kommt als Neuauflage noch zu Hitehren (Platz 6 in UK). 1982 touren Human League erfolgreich durch die Welt und drücken sich mit der Remix-Scheibe "Love And Dancing" und der EP "Fascination" (mit den Hits "(Keep Feeling) Fascination" und "Mirror Man") vor einem regulären "Dare"-Nachfolger. "Love And Dancing" gehört nebenbei mit Soft Cells "Non Stop Ecstatic Dancing" zu einer der ersten, speziell für Dance-Clubs konzipierten Veröffentlichungen.

Erst 1984 erscheint dann "Hysteria", doch die Hysterie hat bereits nachgelassen. Drei Singles schaffen es zwar noch in die UK-Top 20, doch den Verschleiß zahlreicher Produzenten und häufiges Wechseln der Aufnahmestudios scheint man dem Longplayer anzuhören. 1985 veröffentlicht Sänger Oakey zusammen mit Disko-Producer Giorgio Moroder eine Solo-LP und als 1986 plötzlich das HL-Album "Crash" erscheint, ist die Öffentlichkeit fast schon überrascht. Callis und Burden haben die Band mittlerweile verlassen und die Single "Human" wird zum letzten Hit des Trios in den bunten 80ern. Eine Greatest Hits rundet das Jahrzehnt ab.

 - Aktuelles Interview
The Human League "Ich hatte Schiss vor Lady Gaga"
Philip Oakey über 80er-Reunions, Deadmau5 und ein Treffen mit Lady Gaga in Unterwäsche.

"Romantic?" wird 1990 zum klassischen Comeback-Flop und entlässt Human League aus dem Kontrakt mit Virgin. Synthiemann Wright entscheidet sich zudem fürs Filmbusiness und dankt ab. Erst 1995 kehren Oakey und die beiden Sängerinnen wieder erstarkt auf neuem Label zurück. "Octopus" und die Single "Tell Me When" weisen seit langem wieder das gehörige Pop-Gespür der Gruppe auf, doch außerhalb Englands mangelt es erneut an der dringend notwendigen Promotion.

Belächelt werden Human League, als sie 1998 versuchen, vergangene Erfolge mit der Brechstange zurück zu holen: die "80s Rewind Tour" führt sie mit alten Weggefährten wie Culture Club, ABC und Howard Jones durch England und die USA. 1999 beteiligt sich Oakey am vielbeachteten Sheffielder Projekt The All Seeing I.

2001: die globale 80s-Huldigung dauert noch immer an. Das Trio Human League hat erneut einen Labelwechsel hinter sich und kündigt das achte Studioalbum "Secrets" an. Die Vorabsingle "All I Ever Wanted" ist ein gewaltiges Stück 80s-Dancefloor, das so melodiös in Ohren und Beine fegt wie seit 20 Jahren keine HL-Nummer mehr. Das Album erhält allerdings beschämend wenig Unterstützung seitens der Plattenfirma und wird somit ein klassischer Flop. In der Folge beschränkt man sich aufs Livespielen.

Alle Termine anzeigen
  • 20 Nov.
    Hamburg
    Docks
  • 21 Nov.
    Berlin
    Huxley's Neue Welt
  • 24 Nov.
    Köln
    Carlswerk Victoria
Alle Termine anzeigen

2004 erhalten Human League auf der Londoner Q Awards-Verleihung den "Q Innovation In Sound Award" für ihre Verdienste um elektronische Musik. 2005 will sich das Trio wieder ins Studio verziehen, aus der geplanten Album-Geschichte wird dagegen nichts. 2007 spielt die Band auf einigen Shows ihr Hit-Album von 1981 in voller Länge und tritt damit in die Fußstapfen der Kollegen Gary Numan und OMD. Erst 2011, zehn Jahre nach "Secrets", bringen Oakey und Co. wieder neue Songs für ein Album namens "Credo" zu Papier, das auf Wall Of Sound erscheint.

Interviews

News

Alben

The Human League - Credo: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2011 Credo

Kritik von Michael Schuh

Der große Befreiungsschlag aus dem Retrowahn bleibt aus. (0 Kommentare)

Fotogalerien

Electronic Beats 2010 Don't you want me? Human League live beim Electronic Beats Festival in Berlin.

Don't you want me? Human League live beim Electronic Beats Festival in Berlin., Electronic Beats 2010 | © laut.de (Fotograf: Matthias Manthe) Don't you want me? Human League live beim Electronic Beats Festival in Berlin., Electronic Beats 2010 | © laut.de (Fotograf: Matthias Manthe) Don't you want me? Human League live beim Electronic Beats Festival in Berlin., Electronic Beats 2010 | © laut.de (Fotograf: Matthias Manthe) Don't you want me? Human League live beim Electronic Beats Festival in Berlin., Electronic Beats 2010 | © laut.de (Fotograf: Matthias Manthe)

Termine

Mi 20.11.2024 Hamburg (Docks)
Do 21.11.2024 Berlin (Huxley's Neue Welt)
So 24.11.2024 Köln (Carlswerk Victoria)
Alle Termine ohne Gewähr

Surftipps

  • The Human League

    Offizielle Seite.

    http://www.thehumanleague.co.uk/
  • Facebook

    Die League auf Facebook.

    http://www.facebook.com/thehumanleague
  • Sheffield Vision

    Alles über die Musikszene im Sheffield der späten 70er.

    http://www.sheffieldvision.com/

Noch keine Kommentare