laut.de-Kritik

Wie der Bohrer beim Zahnarzt.

Review von

Es lohnt sich, noch einmal den Befund der Fünf Sterne Deluxe aus dem Jahr 1998 hervorzukramen. Die Herzrhythmusstörungen, die die Jungs mit ihrem ersten Album "Sillium" entfachten, treffen auch zwei Jahrzehnte später noch zu. Der Allgemeinzustand ist allerdings deutlich schlechter.

"Dein Herz schlägt schneller, kriegst du unsere Infusion / Deine Boxen brennen durch, hörst du unsere Produktion / Dein Herz schlägt schneller, kriegst du unsere Infusion / Fünf Sterne Injektion, Deluxe am Mikrofon." Wo die vier Nordlichter ihren Fans vor rund 20 Jahren noch riesige Ampullen an rundem Flow und klugem Wortwitz spritzten, braucht es jetzt schon eine Bewegungstherapie, um irgendwie auf "Flash" abzugehen.

Zugegeben: Der Puls sinkt stärker aufgrund Schlaftabletten-Lyrik als wegen des musikalischen Rezepts. Das Album beginnt nämlich recht flott. Der Titeltrack wartet mit eindringlichen Scratches auf. "Moin Bumm Tschack" verursacht so pompös Krawall und Remmidemmi wie sonst nur Deichkind.

Auch "Afrokalle" oder "SMS" ("Nenn es bitte kein Comeback, es geht weiter im Kontext") beleben jedes Krankenwagenradio mit groovig-funkigen Tönen. In die Notaufnahme muss dann allerdings Das Bo als "Beatboxrocker". Die nervtötende Beatbox, die verzerrte Stimme und die kitschige Talkbox sollten ganz schnell verarztet werden.
 
Einen Vitamindrink hätten in jedem Fall Tobi Tobsen und Das Bo bitter nötig. Die beiden kränkeln teilweise lustlos vor sich hin ("Ich und Tobi sind derbe Hänger, ich und Bo bringen derbe Dinger, Topqualität auf hohem Niveau – this is how the story goes") und versprühen einfach viel zu wenig Druck in ihren Raps. "Ichsen & Ihmsen" führen die Krankenakte mit wenig neuen Themen außer Wir-sind-mal-wieder-da-und-hauen-auf-die-Kacke fort.
 
Erholung von der inhaltlich schwer verdaulichen Kost aus der "Bruzzelbude" bringt zumindest noch "Inspektor Jabidde". Für die Fortsetzung des Agenten-Hörspiels "Auf Der Yacht Nach Dr. Hossa" holen die Sterne dann doch kurz den ureigenen Humor hervor: "Der Bondage-Baron, in Latex gegossen, hat grade sein schaumiges Kotbad genossen."
 
Mit dem "Lachbolero" vorbei ist es dann aber wieder mit überflüssigen Skits wie "Gut Eingestellt" oder den völlig aus der Zeit gefallenen Tracks "Das Feeling Ist Sensational" und "Bleibmalogga". Wenn ein Song doch mal mehr Dynamik in den Strophen ausstrahlt, wie beispielsweise "Davon", zerstören Fünf Sterne Deluxe ihn mit einer cheesy Hook.

Insgesamt rehabilitieren sich Fünf Sterne Deluxe mit ihrer neuen Platte nicht wirklich. Der Rauschzustand, in den uns die Jungs mit "Flash" versetzen wollen, klingt wie der Bohrer beim Zahnarzt: Er kommt mit lautem Getöse auf einen zu, entpuppt sich dann meist als unangenehm und tut weh. Da helfen wohl nur noch starke Narkosemittel.

Trackliste

  1. 1. Flash
  2. 2. Afrokalle
  3. 3. Moin Bumm Tschack
  4. 4. Beatboxrocker
  5. 5. Das Feeling Ist Sensational
  6. 6. Lachbolero
  7. 7. Monulani
  8. 8. Ichsen & Ihmsen
  9. 9. Flieg Wie Ein Engel
  10. 10. Davon
  11. 11. Gut Eingestellt
  12. 12. Bleibmalogga
  13. 13. Bruzzelbude
  14. 14. Inspektor Jabidde
  15. 15. SMS
  16. 16. Regeln Machen Tun
  17. 17. Krishna Clausen
  18. 18. Louis V
  19. 19. Genau Mein Ding
  20. 20. Endrille

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15 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 6 Jahren

    Schade, hatte mich wirklich gefreut. Und auf dem Traumzeit-Festival letztes Jahr haben die echt gerockt - wenn auch mit den alten Songs.

  • Vor 6 Jahren

    Schade, schade. Vorfreude sich schon vorgestern der Ernüchterung: vergiss deine alten Helden lieber. „Flash“ ist bei weitem nicht so schlimm wie Advanced Chemistry, aber die Erwartungen könnten auch FSD nicht erfüllen.

    Moin Bumm Tschakk, Afrokalle und Inspektor Jabidde waren echt gute Singles - stellen aber leider schon den Höhepunkt der Platte dar. Der Rest plätschert irgendwie vor sich hin. Einziger wirklicher Ausfall ist allerdings „Davon“.

    Deshalb noch 3 von 5 Sternen. Leider gar nicht Deluxe. :(

  • Vor 6 Jahren

    Durfte mir dieses Ding leider für meinen eigenen Blog anhören. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber das ist schon relativ öde. Schön zu sehen, dass die Jungs immer noch konkret fassbaren Songstrukturen aus dem Weg gehen, aber textlich ist das hier wahrscheinlich ihr absoluter Tiefflug. Das ist zum Teil peinlich wie sonst was. Ist zwar echt schön, die Jungs wieder da zu haben, aber wenn das bedeutet, dass sie jetzt öfter solche auditorischen Albträume wie Bleibmalogga herausbringen, dann bin ich absolut raus.

    • Vor 6 Jahren

      Sag mal, Kollege: Wenn das dein eigener Blog ist, warum musst du dir dann überhaupt irgendwas anhören und suchst dir nicht Alben aus, die du sowieso hören willst?

    • Vor 6 Jahren

      Weil ich so genial bin, und meine Leser nach Wünschen gefragt habe. Und da ich scheinbar echt lustige Leute darunter habe, wurde ich überwiegend danach gefragt. Die Freude war bei mir groß.