19. Juni 2012

"Im Skelett-Keller hat es übel gestunken"

Interview geführt von

Es ist Surf, ein wenig Indie, irgendwie auch Dance und in jedem Fall Pop: Was auch immer das schottische Quartett Django Django in ihr psychedelisches Süppchen gestreut hat, es schmeckt ziemlich unwiderstehlich.In Köln nahmen wir die Gelegenheit wahr, mit Sänger und Gitarrist Vincent Neff und Bassist Jimmy Dixon über Kunsthochschulen, Kokosnüsse und Katy-Perry-Sandwiches zu sprechen.

Ich möchte zu Beginn einen Klassiker der Pressetextmythen zum Besten geben: "Ihr Debütalbum haben sie 'komplett im Schlafzimmer' von Drummer Dave aufgenommen", liest man immer wieder. In welchem Raum auch immer, er war gut gewählt – ich habe noch keine einzige schlechte Kritik über die Platte gefunden. Jetzt stehen im Sommer lauter Festivals an - wie wird man denn von einer Schlafzimmerband zur Liveband?

Jimmy: Naja, grob gesagt kennen wir uns alle von der Kunsthochschule. Unseren Keyboarder Tommy beispielsweise haben wir folgendermaßen ins Boot geholt: Er hatte eine MySpace-Seite mit ein, zwei Songs darauf, die völlig verschroben waren und dazu ein Foto von sich, auf dem ihm die Haare nach allen Seiten abstehen, als ob der Blitz eingeschlagen hätte.

Er sah ergraut und völlig irre aus, wie ein verrückt gewordener Dirigent. So wie er guckte hätte er in alten Konzertsälen aus einem Podium im Boden fahren können oder debil lachend in einem Turm Chemikalien zusammenkippen können. Da dachten wir: Was für ein bizarrer Typ, und dann: So jemand fehlt uns eigentlich noch.

Vincent: Im Ernst, wir finden das gerade heraus, ob und wie die Songs live funktionieren. Wir waren vorher nicht so gut an unseren Instrumenten, das dauert wohl noch eine Weile. Gut, ich habe schon in ein paar Bands gespielt als ich in Glasgow gelebt habe. Aber das war nur sporadisch, wir haben beispielsweise ein paar Songs bei irgendeiner Ausstellung zum Besten gegeben und eine Woche später wieder vergessen.

Jimmy: Unser Label ist ja Because Music aus Frankreich, und die haben unter anderem Metronomy unter Vertrag, mit denen wir gerade ein paar Gigs in Frankreich gespielt haben. Als wir die live gesehen haben, wussten wir, dass wir noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns haben, was die Liveshow angeht. Die sind einfach fantastisch und klingen so geil.

Aber eure Liveshows sind ja visuell auch recht spektakulär. Ob ihr jetzt alle in albernen Kostümen auftretet oder nicht, meist habt ihr ja aufwändige Hintergründe oder spielt mit Licht und Schatten, Blenden und Jalousien, zum Beispiel bei einem Auftritt im Londoner Roundhouse.

Vincent: Das ist auch ganz gut für uns, dass die Aufbauten so aufwändig sind, denn das lenkt vom eigentlichen Geschehen auf der Bühne ab. Man schaut dann nicht mehr so konzentriert auf uns, sondern vielmehr auf das, was im Hintergrund und in Form von Lichteffekten um uns herum passiert. Das ist dann nicht nur spektakulär, sondern hilft uns auch, uns auf der Bühne zu entspannen. Gerade als unerfahrene Liveband ist das sehr angenehm, wenn man nicht ständig auf die Tasten geguckt bekommt.

Ihr seid nicht leicht einzuordnen. Eure Musik klingt immer herausfordernd, aber nicht absichtlich verstörend.

Jimmy: Nö, wir sind einfach nur offene und neugierige Menschen. Wir versuchen nicht, auf Biegen und Brechen herumzuschwurbeln. Was wir aber gerne machen, ist, Dinge auszuprobieren. Wir mögen offene Enden, wir schauen gerne, wohin uns etwas trägt.

War das auch der Grund, weshalb ihr euch kein Studio genommen habt?

Jimmy: Da hat uns die Kohle gefehlt. Andererseits wollte Dave, unser Drummer und Produzent, die Produktion auch bei sich in der Wohnung machen, weil er den Bastelaspekt daran liebt. Keiner von uns besitzt teures Equipment und wir wollten natürlich auch gern selbst rausfinden, wie man Sounds herstellt, das wollten wir uns nicht nehmen lassen!

Vincent: Und es muss ja nicht alles so glatt klingen. Ich glaube, wir alle mögen kleine Fehler, wir mögen die leiernde Unregelmäßigkeit alter Kassetten und das Gekratze von Staub auf alten Platten. Ich finde, viele Bands von früher wirken heute so charmant und warm, weil sie auch nicht ganz sauber aufgenommen wurden. Wir lieben zum Beispiel die Beach Boys, und selbst die haben richtig beschissene Aufnahmen.

Inwiefern hat euch eure Vorbildung an der Kunsthochschule bei der Entstehung des Albums geholfen?

Vincent: Also, das war in vielerlei Hinsicht eine große Hilfe. Zum Einen macht man dort ja genau das: Ein Objekt in die Hand bekommen und dann schauen, was man daraus machen könnte. Wir hatten bei den Aufnahmen kein komplettes Drumset - Dave ist jetzt erst live zu einem Drummer geworden. Irgendwie mussten wir da eben Abhilfe schaffen. Das, was den Beat auf "Firewater" macht, sind die Gelben Seiten neben einem Mikro.

Jimmy: Zum anderen haben wir natürlich auch Bock auf das ganze visuelle Zeugs. Zum Beispiel stand das Plattencover schon früher fest als die Songs auf dem Album. Dieses verknotete Dings vor dem Wüstenhintergrund hing bei uns an der Wand, als Referenz ins Unbekannte sozusagen. Wir machen unsere T-Shirts selbst und haben die Schriftart auf der Rückseite selbst gestaltet. Kennst du das Video zu "Default"? Da wurden wir beim Spielen gefilmt, anschließend haben wir jedes einzelne Bild ausgedruckt. Dann hat Dave mit dem Pinsel darauf herumgemalt und dann wurde das alles wieder wie in einem Stop-Motion-Film zusammengesetzt. Eine Heidenarbeit, aber lustig.

Vincent: Die Schule war ein Sammelbecken für alles mögliche Kreative und das ist natürlich ein geiler Kindergeburtstag, wenn man wie ich aus einem kleinen Ort kommt. Auf einmal gibt es Ausstellungen, Gigs, Kostüme, jeder hat Farbe an den Händen und probiert sich aus. Und wenn es dann um Gestalterisches für die Band geht, wie unsere Bühnenhintergründe oder Fotografien für das Booklet, dann kennen wir direkt Leute, die das super können - das ist prima für uns, so können wir lauter Künstler involvieren.

"Den Beat machen die Gelben Seiten"

Eure Lieder sind trotz allem Pop-Appeal kompliziert geschichtet und verschachtelt. Wie schreibt ihr Songs?

Vincent: Ein bisschen so, wie man Tennis spielt. Es ist aber eher Pingpong als das Grand Slam-Turnier. Ich hab bei vielen der Songs den Aufschlag gemacht, also Referenzmelodien geschrieben, dann hab ich die zu Dave gebracht und er fing an, Brauchbares und weniger Brauchbares zu sortieren. Ich fange an mit einem Entwurf von Nonsensphrasen oder rhythmischen Ideen auf dem Diktiergerät, und dann gibt es irgendwo einen Zettel mit Stichworten dazu.

Dave und ich treffen uns dann bei ihm zu Hause und legen uns anhand dieser Stichworte auf ein gewisses Thema oder eine Geschichte fest. Dann betrinken wir uns und werfen diese Ideen hin und her, spielen uns die Bälle zu. Am Ende des Abends haben wir dann viel Spaß mit improvisierten Instrumenten gehabt und im besten Fall, äh, einen Schmuddelreim mit mehreren Strophen. Und am nächsten Morgen wird dann nochmal mit den anderen drübergeschaut: "Okay, lass uns das mal lieber nicht schreiben." So geht die Arbeit an den Texten drei oder vier Tage und am Ende kommt dann eine jugendfreie Geschichte heraus.

Und die dreht sich häufig um Abenteuer und Abenteurer?

Jimmy: Ja, es geht um Reisen, Rausgehen, Entdecken. Wären wir eine Truppe von Songwritern, wäre das Album sicher viel introspektiver geworden, viel persönlicher. Aber ich glaube, unsere Musik schaut eher von innen nach außen und erzählt über das, was sie dort sieht. Das liegt auch am regen Austausch, den wir untereinander betreiben – und daran, dass wir selbst mit allem rumspielen und experimentieren wollen.

Seid ihr eigentlich beeinflusst von schottischen Bands?

Vincent: Schon: Orange Juice, Franz Ferdinand, Egyptian Hip Hop, wir mögen ja generell vielerlei Musik. Aber ich bin ja eigentlich Ire und der Typ, der mir Gitarre beigebracht hat war tatsächlich der Gitarrist der Undertones. Hatte mir nie jemand gesagt, wer die Undertones sind. Nur meine Eltern waren dann plötzlich schwer beeindruckt, als ich irgendwann den Namen fallen ließ. Ich war als Teenie davon total ahnungslos. Wir haben ja eher MC Hammer gehört.

Im Booklet des Albums erwähnen wir ja dann auch so ziemlich jede Band, die man sich vorstellen kann, einfach weil wir so viele unterschiedliche Stile mögen. Dave macht schon seit vielen Jahren alleine Dance mit alten Flohmarkt-Synthies, Tommy hatte klassischen Klavierunterricht und ich habe mal in einer peinlichen Anthrax-Coverband gespielt.

Im Booklet ist dann auch noch ein eleganter, aber für mich völlig unverständlicher Text abgedruckt, von einem gewissen Lonely Piper. Ein bisschen erinnerte mich das an die Schreibweise von Tom Wolfe. Könnt ihr da mal ein bisschen Licht ins Dunkel werfen, ist das irgendeine schottische kulturelle Referenz, die ich nicht verstehen kann? Oder, äh, Kunst?

Vincent: Der Typ, der das geschrieben hat, ist tatsächlich ein befreundeter Künstler und hat auch das Cover für "Waveforms" entworfen. Er ist Schotte und ein sehr spezieller Typ. Er zieht sich an wie ein alter Fischer und macht ständig maritime Referenzen und Anspielungen aufs Fischen. Und er schreibt diese mystischen, verschwurbelten Texte, die eher ein Bewusstseinsstrom sind, sich aber total gut lesen lassen, wie die Beschreibung eines Trips. Da wären wir auch wieder bei Tom Wolfe.

Jimmy: Jede E-Mail, die ich von The Lonely Piper bekomme, ist völlig kryptisch und es ist verdammt schwer zu entziffern, was er jetzt genau sagen will. Alles ist voller Wortspiele und doppeldeutiger Anspielungen. Da dachten wir, das wäre doch super, wenn er uns die Sleevenotes schreiben könnte.

Vincent: Und den Pressetext! Wir fanden es lustig, statt dem üblichen PR-Blabla etwas derart Codiertes zu machen und haben ihn gebeten, sich die Platte mal anzuhören und etwas zu unserer Musik zu schreiben. Das Schöne war, viele Journalisten sind total darauf abgefahren, fragten sich, was zur Hölle das sei und haben ganze Artikel über uns geschrieben, nur basierend auf dem, was in dem Text stand. In Schottland ist er relativ bekannt und macht gerade ein paar Ausstellungen. Er ist ein guter Verrückter.

Was ist schottisch an Django Django?

Vincent: Ich erlaube mir als Bürger von Edinburgh mal ein Urteil, obwohl ich eigentlich Ire bin. Ich glaube, unsere Mentalität ist viel mehr amerikanisiert als bei den Briten im Allgemeinen. Bei uns zuhause sind die Leute total verrückt nach Western- und Countrymusik. Wenn du zum Beispiel in ein Pub in Irland oder Schottland gehst, dann gibt's da sicher diesen vor sich hin schrammelden Typ mit Fiedel und Banjo in der Ecke, und durch die irischen USA-Auswanderer ist ja der Country letztlich auch entstanden ... Ich glaube, da gibt es viel mehr Gemeinsamkeiten in der Musikkultur, als man sich eigentlich wünschen würde. Ebenso sehe ich viele Parallelen zwischen kitschigem Scottish oder Irish Folk und Psychedelikkram aus den Staaten. Ich denke, wir Schotten und Iren gucken unterbewusst eher nach Amerika und das spiegelt sich sicher auch in unserer Musik wieder.

"Ich vermoderte im Keller eines Buchladens"

Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass ihr fast drei Jahre lang nach euren ersten kleinen Hits (z.B. die Single "Storm" 2009, d. Red.) in der Versenkung verschwunden seid. Ihr habt euch viel Zeit gelassen mit dem Debüt und tatsächlich beruhte der Hype und die überschwänglichen Kritiken dann erst auf dem fertigen Album, richtig?

Vincent: Das stimmt und das freut uns auch ehrlich. Wir haben alles an Material für uns behalten und uns bei Dave eingeschlossen, wir wollten nicht, dass das Label die Dinge zu schnell angehen lässt und uns zu sehr pusht. Das haben wir auch mit denen abgesprochen. Ich hab das in letzter Zeit tausendfach gesehen: Eine Band wird gehypt und durchgenudelt, weil sofort nach der ersten Single irgendein Album auf den Markt geworfen werden muss.

Aber wo ist sie sechs Monate später? Bei uns ist das eher so, dass wir sehr kleine Schritte gehen, auf dem Label von Freunden veröffentlicht haben, hundertfünfzig traurige Supportgigs gespielt haben und im Hintergrund gelernt und unter uns am Album gewerkelt haben.

Ansonsten betreibt ihr einen sehr lockeren, transparenten Austausch mit der Öffentlichkeit und kommuniziert viel über Facebook, so zum Beispiel steht da lapidar "Any ideas for the name of the new record?". Wenn man eure Facebook-Zeitleiste zurückverfolgt, hat man tatsächlich das Gefühl, die Bandwerdung nachvollziehen zu können. Am schönsten fand ich den Eintrag: "The album is #14 in the charts - in a Katy Perry/Rihanna Sandwich!"

Vincent: Haha, ich erinnere mich gut. Schon peinlich, aber ich hatte echt keine Ahnung, wie das eigentlich funktioniert. Ich meine, wie viele Alben muss man denn heute überhaupt noch verkaufen, um in dieser Art Position zu landen? Keinen Schimmer. Und welche Charts sind das überhaupt? Sind da die digitalen Verkäufe eingerechnet? Sowas weiß ich gar nicht.

Das war so bizarr, ich hätte uns dort niemals erwartet. Ich dachte immer, wir seien ein bisschen mehr Avantgarde ... oh, das klingt jetzt furchtbar überheblich, oder? Klar hören und machen wir Pop, aber eben Weirdo-Pop. Ich habe mich aber schon kurz gefragt, ob wir dieselbe Hörerschaft haben wie Katy, weil unser Popverständnis eben doch etwas anders ist.

Ihr habt Edinburgh zugunsten von London verlassen. Findet ihr es wichtig für die Band, London als Basiscamp zu beziehen?

Jimmy: Schon - es ist vielleicht ähnlich, wie aus einer Kleinstadt nach Berlin zu ziehen. Ich hatte nach Edinburgh das Gefühl, freier durchatmen zu können, weil man sich müheloser im Trubel verliert. Edinburgh ist eine 'family affair', da kennen wir quasi alle. Daves Bruder ist der Keyboarder der Beta Band, mit der Phantom Band spielen wir an Weihnachten Trivial Pursuit. Es ist schön, sich so nahe zu sein, aber im räumlichen Sinne ist doch alles etwas klaustrophobisch. Vielleicht macht es auch Musik berechenbarer. Im Gegensatz dazu ist London eine ständig laufende Riesenmaschine mit mehreren Stadtkernen, es ist auf eine angenehme Art unübersichtlich.
Es ist toll, wenn man einmal um den Block geht und einen afrikanischen Textilmarkt, einen türkischen Plattenladen und pakistanische Restaurants nebeneinander sieht, hört und riecht. Die Muster, Farben und Typen sind facettenreicher, man kommt schneller auf Ideen und schneller an Material.

Vincent: Unser Album hat ja ein gewisses Wüstenthema, das ab und zu auftaucht - und um diese Leere und Weite herzustellen, haben wir gern einen ganz bestimmten Klang im Beat. Dafür haben wir immer halbierte Kokosnüsse genommen, die galoppieren so schön, wenn man sie aneinanderschlägt.

Neulich in Edinburgh hat uns jemand nach einem Konzert die Kokosnüsse geklaut und wir haben einen ganzen Nachmittag mit dem Versuch zugebracht, eine Kokosnuss in Schottland aufzutreiben. Es war wirklich ein mittelschweres Unterfangen. Das passiert dir in London nicht, da gibt es karibische Märkte in jedem Viertel und zack, hat man wieder Top-Equipment zum Galoppieren.

Habt ihr eigentlich eure Jobs gekündigt und falls ja, war das hart?

Jimmy: Wir haben gekündigt. Gott nein, ich bin wahnsinnig froh, dass ich nicht mehr arbeiten muss. Ich vermoderte im Keller eines Buchladens.

Warst du Lagerist?

Jimmy: Schlimmer, ich habe in der medizinischen Abteilung gearbeitet, kannte mich aber in dem Bereich so gut wie gar nicht aus. Wir mussten nicht nur Bücher verkaufen, sondern auch artverwandten Merchandising-Nippes – Plastikskelette, Hirnmützen aus Silikon, völlig unbrauchbare Kulis und so weiter. Es war das langweiligste Stockwerk von allen und ich habe auch nichts gelernt. Es war immer kalt. Und es gab keine Fenster.

Klingt nicht gut.

Jimmy: Dazu kam, dass die Abwassersysteme in London uralt sind, das heißt, es hat übel gestunken in meinem Skelettkeller. Die Leute kamen die Treppe runter in diese Gruft und murmelten angewidert "Oh Gott!" - wenn man sich vor der eigentlichen Beratung erstmal für den heftigen Mief nach Scheiße entschuldigen muss, hat man ja schon verloren.

Hattest du denn Vorwissen?

Jimmy: Nein. Es ist mir unbegreiflich, wie ich dort gelandet bin. Ich habe nie irgendwas in der Art studiert und war dementsprechend völlig ahnungslos von meiner Abteilung. Wenn Leute dann zu mir kamen, musste ich ihnen irgendwas wahllos empfehlen. Das ging dann so: "Nun, dieses Buch ist dicker, also steht mehr drin – nehmen Sie doch das!" Insofern freue ich mich riesig, dass ich doch noch mal die Sonne sehen darf.

Vincent: Ich war Architekt - ich arbeitete zumeist in Gebäuden mit Fenstern.

Konntest du etwas aus deinem Beruf in die Band mitnehmen?

Vincent: Ich mache gerne Listen mit Aufgaben, die ich an die Wände hänge und Dave schmeißt die dann wieder weg. Ich plane gerne, so wie ich das im Büro gelernt habe, aber keiner hört mir zu.

Eure Musik hat tendenziell eine enorm cineastische Qualität, und das liegt wahrscheinlich nicht nur an den galoppierenden Beats. Habt ihr bestimmte Filme als Inspiration geschaut?

Vincent: Auf jeden Fall mögen wir alle Abenteuerfilme: "El Topo" ist der Wahnsinn, ein echter Genrebastard. "True Grit" fand ich gut, ich mochte auch das Buch sehr gern. Und "Once upon a time in the Wild West" ist vielleicht mein liebster Western.

In einem anderen Interview wurdet ihr gebeten, eure Musik einem Achtjährigen zu beschreiben, und Daves Antwort war: "Cosmic Trucking". Seitdem kriege ich das nicht mehr aus dem Kopf, diese Mischung aus irdisch und abgespaced trifft den Nagel auf den Kopf, findet ihr das auch?

Vincent: Total! "Cosmic Trucking" klingt doch nett. Eine andere Variante ist "Soundtrack für Western aus der Zukunft". Wir versuchen also, Vertrautes und Neues kollidieren oder zumindest parallel nebeneinander herlaufen zu lassen. Wenn man sich die Introduction auf dem Album anhört, klingt das zunächst mal alles ein bisschen schleppend und düster. Tommy, unser Keyboarder, hat da versucht, mit den Synths eine Stimmung wie in einem alten John-Carpenter-Film nachzubasteln. Es könnte ein Western sein, aber auch der Anfang eines Zombiefilms aus den 70ern oder ein apokalyptischer Trashfilm, der in New York spielt.

Würdet ihr gerne mal Filmsoundtracks komponieren?

Jimmy: Das wäre super, viele Leute denken sofort an Western, wenn sie unsere Musik hören! Wir haben einige Songs, die wir nicht für das Album benutzen konnten, also liegt da schon was rum. Lass uns doch bald mal Library Music machen, dann gucken wir mal, in welchem Kontext die dann wieder im Fernsehen auftaucht.

Es ist nicht leicht, euren Klang zu vergleichen, aber mir fällt wegen der sanften Harmonien, der sonnigen Melodien und dem leicht wabernden Sound oft die kalifornische Sixties-Band Strawberry Alarm Clock als Referenzpunkt ein. Würdet ihr euch in einer Tradition von psychedelischen Bands einordnen?

Vincent: Jein. Es klingt hoffentlich nicht wie die Art von Psychedelik, bei der man mit leerem Blick in der Ecke sitzt und high wird. Aber psychedelisch im Sinne von kaleidoskopisch - das gern. Ich glaube, unsere Musik steht eher für Reiselust und ein Sich-Fortträumen in eine abenteuerliche Welt, so wie in "Storm", wo es um einen Roadtrip geht. Und wir mögen verspielte Rhythmik sehr. Das spiegelt sich auch schon im Bandnamen wieder: Django Django, wir fanden, das hat eine gewisse Rhythmik wie der Anschlag einer Gitarre. Klingt aber auch nach einem verlebten, exotischen Abenteurer, dessen Wurzeln überall liegen könnten – Spanien, Arabien, Afrika?

Jimmy: Genau, und dann kommen vier teigige Briten mit Kokosnüssen auf die Bühne. Das ist auch abenteuerlich.

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