laut.de-Kritik

Sicheres Songwriting mit Schlafzimmer-R'n'B und Herzschmerz-Theater.

Review von

Folgten seine ersten beiden Alben noch Schlag auf Schlag, hat sich Craig David für "The Story Goes ..." vergleichsweise viel Zeit genommen. Das kann er sich problemlos leisten; wer bereits im zarten Alter von 24 Jahren Grammys, MTV- und MOBO-Awards galore abstaubt und Usher, Beyoncé und Hitköchin Missy Elliott gleichermaßen zu seinen Fans rechnen darf, der hat nichts zu fürchten, außer vielleicht den Erfolgsdruck. Sollte dieser den Jungen aus Southampton heimgesucht haben, so ist er ihm gut bekommen: "The Story Goes ..." präsentiert sich insgesamt als gelungene, sicherlich auch massenkompatible Angelegenheit, mit der sich Major-Label Warner problemlos einverstanden erklären dürfte.

Unüberhörbar verlagert Craig David das Gewicht in Richtung Songwriting. Seine Tracks sind nach wie vor amtlich produziert, eingängige Melodien und (ungewöhnlich genug für das Pop-Geschäft) Inhalte ziehen allerdings einen weit größeren Teil der Aufmerksamkeit auf sich. "The Story Goes" bedient sich nicht zu knapp im boomenden Schlafzimmer-R'n'B. Klar, dass das Auswirkungen auf die Texte hat: Über weite Strecken macht Craig David die Liebe, bevorzugt in ihren aufwühlendsten Phasen, ganz zu Beginn und am Ende, zum Thema. Neu ist das nicht, der Weg in den Club, auf den Dancefloor, zur Afterparty, von da ins Schlafzimmer und - über kurz oder lang - in den Katzenjammer ist sattsam bekannt. Das funktioniert über weite Strecken gut. "All The Way" gibt mit synthetischen Streichern eine durchaus clubtaugliche Disconummer ab, auch "Hypnotic" und (entgegen des Titels) "Just Chillin'" entbehren nicht einer gewissen Tanzbarkeit.

Während mit "Don't Love You No More (I'm Sorry)" noch einen wirklich schöner, schaurig-trauriger Popsong an den Start geht, dem akustische Gitarre und dezentes Schlagzeug als Instrumentierung ausreichen, greift Craig David dann mehrfach tief in die Schmalztöpfe. Bei "Seperate Ways" drängt sich mir Jaheims "Ghetto Love" in den Sinn; vergleichbares Stimmvolumen bringt Craig David allerdings nicht auf. Trotzdem ist er gut anzuhören, zumal er dankenswerterweise auf R.Kelly-mäßige Herumknödeleien auf den Vokalen verzichtet.

Die Schmachtfetzenansammlung "Do You Believe In Love", "One Last Dance" und "Unbelievable" ist, zumal hintereinander gesetzt, trotzdem kaum zu ertragen. "You and me / Will always be / Together for eternity" ist genau wie "together - forever" ein Reim, den ich einfach nicht mehr hören möchte. In keinem Zusammenhang, nein. (Tones Reimroboter müsste, spuckte er derartig ausgelutschten Blödsinn aus, sofort einer Funktionsprüfung unterzogen werden.) Und dann noch "Take 'Em Off". Zieh dich aus, Baby. Die Schuhe darfst du anbehalten. Mann, Mann, Mann. Kann jemand sicherstellen, dass ich nie, nie an einen Kerl gerate, der so etwas für adäquate Schlafzimmerbeschallung hält, bitte? Danke.

Nein, Craig David sollte sich auf Storytelling verlegen, das beherrscht er nämlich ausgezeichnet: In "Thief In The Night" ist mitzuverfolgen, wie sich die Liebste mit dem besten Freund auf und davon macht, "My Love Don't Stop" erzählt von einer Sandkastenfreundschaft, die - "tausendmal berührt" - kurz davor steht, in eine Romanze zu kippen. Am anrührendsten jedoch: "Johnny", die Geschichte eines kleinen Jungen, der tagein, tagaus (von besagtem Johnny) auf dem Schulweg bedroht, erpresst und verprügelt wird. Jenseits des Herzschmerz-Theaters bewegt sich Craig David ganz offensichtlich auf sicherem Parkett. Von dieser Sorte gerne mehr!

Trackliste

  1. 1. All The Way (Album Version)
  2. 2. Don't Love You No More (I'm Sorry)
  3. 3. Hypnotic
  4. 4. Separate Ways
  5. 5. Johnny
  6. 6. Do You Believe In Love
  7. 7. One Last Dance
  8. 8. Unbelievable
  9. 9. Just Chillin'
  10. 10. Thief In The Night
  11. 11. Take 'Em Off
  12. 12. My Love Don't Stop
  13. 13. Let Her Go

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