laut.de-Kritik

"Hip Hop, that's what I do!"

Review von

"Hell On Wheels"? Common macht Hip Hop as hell aber warum vergeudet dieser begnadete Rapper so viel Zeit mit irgendwelchen halbgaren Serien und versucht sich als Schauspieler? "You know they be asking 'bout Common, where he at? / I'm doing what I do, hip hop, that's what I do".

Tatsache. Denn besinnt er sich mal auf sein wahres Talent, kommt Mister Lynn mit einem überragenden Album um die Ecke! Zumal, wenn er auch noch den Altmeister und Godfather of Chicago Hip Hop No I.D. zurück an die Regler holt.

Gleich zu Beginn des Spektakels feuert Common ein Boom Bap-Geschoss par excellence aus der Doppellaufflinte No I.D./Nas. Testosterongetrieben spinnen sie ihr perfektes Chick, ihre "Ghetto Dreams", zusammen. Ein The Fellows-Sample treibt den Beatmeister zu erneuten Glanzleistungen an. Der von Funk und Soul geschwängerte Beat harmoniert besonders mit Nas' Flow: "Call me a pro in the pussy category". Wenn das geplante Projekt "Nas (Dot) Com" ähnlich geil aus den Boxen wabert, könnte mir glatt einer abgehen!

Der Musikliebhaber No I.D. gräbt aus seinem tiefen Fundus ein Electric Light Orchestra-Classic heraus, stutzt und trimmt es auf das Hip Hop-Minimum, ohne dabei einen Hauch von Authentizität zu verlieren. "Blue Sky" benötigt einige Durchläufe, um sich voll zu entfalten, wirft dann aber dank seiner Leichtigkeit einen Soundteppich auf, über den Common wie ein König stolziert. "Immortal view of a star doing what I'm born to do / I see the blue sky, say the Lord's coming through".

War "Be" noch eingängig bis zur Perfektion und tropfte zuckersüß aus den Kopfhörern, ist die musikalische Begleitung hier tiefschürfender. Mit dieser Platte kann man zwar seine Schwiegermutter nicht von seinem Lieblings-Genre überzeugen, dafür passen die Beats maßgeschneidert zu Commons Flow und seiner Art und Weise zu Rappen. Kanye West versteht sein Handwerk, I.D. aber kennt seinen Schulfreund schon seit Kindestagen an, begann mit ihm die Erfolgsstory und hievte ihn auf den Conscious-Rap-Thron, auf dem er sich heute breit macht.

Mit dem manchmal nervigen, teilweise stressigen, aber doch genialen Sample in "Sweet" wirft ihn sein Produzent in einen Ringkampf. Der Zuschauer lauscht einem atemberaubenden Zusammenspiel aus Reimen und dem hier und da überhand gewinnenden Sound. Common geht als Sieger hervor, bezwingt dieses Beat-Ungeheuer zwar, kommt hier aber an seine Grenzen. Es erfordert all sein rappendes Können – zum Erquicken des Publikums.

Die Idee zum Track kam dem bald 40-Jährigen, als er den Beat hörte. Angepisst von diesen Besserwissern zeigt er mit diesem einmaligen Diss-Track, mit wem man sich besser nicht anlegt. "How can I say this, fuck I'm the greatest!" Nachdem dieser Standpunkt klar ist, wird aufgeräumt. Der Weichspüler und Jammerlappen Drake will der Best Lyricist sein? Pah! "Sweet ass bitch motherfucka". So siehts aus. "When I drop a single, it's really like a pair of Air Jordans, important to the culture".

Wie zuletzt vor drei Jahren packt der gläubige Träumer wieder seinen afrozentristischen Native Tongue aus und streckt den Zeigefinger dabei so weit, dass er sich fast die Schulter auskugelt. Er rappt wieder tiefgründiger, Gott spielt fast in jedem Song eine Rolle, und Vater Lynn hält am Ende des Silberlings einen Vortrag ("Pop's Belief") über das irdische Kommen und Gehen, den Glauben und das Leben.

Bei den Hooks räumt "C – O double-M – O – N" häufig das Feld und lässt die Samples wirken. "Celebrate" lädt mit staubigen Drums und einer angenehm verträumten Piano-Melodie zum Feiern ein, bevor er in "Windows" von dem Heranwachsen seiner Tochter Omoye Assata erzählt. "Raw (How You Like It)" klingt wie das warme Gefühl auf der Couch vor einem lodernden Feuer im Kamin, wenn man nass und durchgefroren nach Hause kommt. Einfach umwerfend!

Commons bereits neuntes Studioalbum zeigt, wie schön Sample-basierter Hip Hop sein kann, abseits von Hustlern und pumpendem Straßenrap. Das ist ehrliche Rapkunst auf extrem hohem Niveau. Das Beste kommt immer zum Schluss? So auch im Rapjahr 2011!

Trackliste

  1. 1. The Dreamer (feat. Maya Angelou)
  2. 2. Ghetto Dreams (feat. Nas)
  3. 3. Blue Sky
  4. 4. So Sweet
  5. 5. Gold
  6. 6. Lovin’ I Lost
  7. 7. Raw (How You Like It)
  8. 8. Cloth
  9. 9. Celebrate
  10. 10. Windows
  11. 11. The Believer (feat. John Legend)
  12. 12. Pops Belief

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