Porträt

laut.de-Biographie

Avicii

Während sich die meisten C-64-Nerds beim Spielen von "Lazy Jones" eher um die Belange des kleinen faulen Hotelangestellten kümmerten, beschäftigte sich Tim Bergling alias Avicii lieber mit der Titelmusik des Spiele-Klassikers.

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"Ich habe das Spiel tatsächlich nicht selbst gespielt. Ich habe bloß die Melodie gehört und sie gleich sehr gemocht", erinnert sich der Schwede. In mühseliger Heimarbeit bastelt er sich einen Remix zusammen. Die Folge: der Beginn einer steilen Karriere als DJ und Produzent.

Der Skandinavier fühlt sich schon in frühen Jahren zu elektronischer Musik hingezogen. Vor allem das House-Genre hat es Tim angetan. Nachdem er sich mit dem Klavier anfreundet, fängt er an, erste Ideen und Harmonie-Skizzen in die Tat umzusetzen.

Im Jahr 2008 setzt er sich mit der Titelmusik des C-64-Spiels "Lazy Jones" auseinander und werkelt daraus einen Remix unter dem Titel "Lazy Lace". Diese Klang-Tat bleibt nicht unbemerkt, und so klopft kurze Zeit später das Label Strike Recordings an die Tür des Schweden.

Plötzlich geht alles ganz schnell. Inspiriert von Künstlern wie Laidback Luke, Steve Angello, Tocadisco, Daft Punk, Eric Prydz und Axwell, tüftelt Tim an weiteren Songs und nimmt am "Pete Tong Fast Trax-Wettbewerb" teil, den er mit überwältigender Mehrheit für sich entscheidet.

Pete Tong, Gründer der Competition, britische House-Ikone und Label-Besitzer, schnappt sich den Jungen und veröffentlicht mit Avicii – wie sich Tim mittlerweile nennt – den Track "Manman". Für den bodenständigen Stockholmer ist dies der Moment der Erleuchtung: "Ich denke, das war genau der Augenblick, als ich realisierte, dass ich möglicherweise ein weitaus größeres Talent auf diesem Gebiet besitze, als bisher gedacht", erinnert sich Avicii.

Zwei Jahre und diverse Veröffentlichungen später steht er als DJ und Produzent ganz oben. Rund um den Globus wird ihm ein roter Teppich ausgerollt: "Mein Leben hat sich definitiv komplett verändert. Es kann teilweise Monate dauern, bis ich endlich einmal wieder Zeit habe, nach Hause zurückzukehren, um meine Familie und Freunde zu besuchen. Aber trotz dieser Nachteile liebe ich, was ich tue, und ich bin unglaublich froh, als DJ um die Welt reisen zu können", erfreut sich Avicii am Erfolg.

Die Singles "My Feelings For You", "Seek Bromance" und "Levels" schlagen in Szene-Kreisen ein wie eine Bombe. Das hat sogar zur Folge, dass Avicii zum Ende des Jahres 2011 auf Platz sechs der DJ-Mag-Top-100-Liste landet.

Er bastelt weiter an seiner Karriere und erobert im folgenden Jahr das erste Mal die Spitze der UK-Charts, als er "I Could Be The One" mit Nicky Romero & Noonie Bao. Gemeinsam mit seinen Landsleuten, den ABBA-Mitgliedern Benny Andersson und Björn Ulvaeus, schafft er außerdem 2013 die Hymne zum Eurovision Song Contest.

Die deutsche Hitparade und den Rest Europas stürmt Aviciis Zusammenarbeit mit Aloe Blacc. "Wake Me Up" ist der erste Vorbote des Debüt-Albums "True". Media Control ernennt den Track zum Sommerhit 2013. Damit sticht der junge DJ Erfolgstitel wie Robin Thickes "Blurred Lines" und Daft Punks "Get Lucky" aus.

Im Frühjahr 2015 produziert Avicii einen Track von Madonnas "Rebel Heart", später remixt er u.a. den Faithless-Hit "Insommnia". Im Herbst erscheint sein zweites Studioalbum "Stories" u.a. mit Features von Martin Garrix und Coldplay-Sänger Chris Martin.

Im Frühjahr 2016 erklärt Avicii, er sehne sich nach einem "normalen Leben" und wolle sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Mit 26 in Rente? Das finden viele Fans nicht so toll. Dessen ungeachtet schreibt Avicii weiter an neuen Songs: Im August 2017 erscheint seine "Avici EP" mit fünf neuen Tracks.

Hintergrund des Rückzugs ist jedoch womöglich auch eine Erkrankung. Im April 2018 stirbt DJ Avicii unter vorläufig ungeklärten Umständen im Oman.

Scheibchenweise erfährt die Öffentlichkeit, dass Tim sich das Leben nahm. Er war zudem chronisch an der Bauchspeicheldrüse erkrankt und litt bereits an den Folgen jahrelangen Alkoholkonsums. Dass seine Entscheidung, nicht mehr zu touren, bei den Fans auf wenig Verständnis stieß, mutet im Rückblick bitter an. The Beatles, zum Vergleich, stellten das Touren ein, als sie zwischen 23 und 26 waren, Avicii gelangte mit 26 am Tournee-Ende an und musste sich doch rechtfertigen.

Verfolgt man seine letzten Lebensjahre, fällt auf: Von jemandem, der an Musik einfach Freude hatte, entwickelte er sich zu einem Manager seiner selbst. Postings, Social Media-Strategien und Posen für die Kameras - dieses Programm absolviert er, wohl wissend, dass man sonst schnell ganz aus dem Business herausfällt.

Avicii löste diesen Druck zeitweise durch 16-stündige Arbeitstage auf. So zumindest berichten es einige, die mit ihm und in seiner Nähe gearbeitet haben. Manche Avicii-Kenner sprechen von etwa 200 fertigen oder fast vollendeten Songs, und Nile Rodgers von Chic reklamiert alleine schon zehn gemeinsame Produktionen mit Avicii für sich.

Aviciis Eltern bringen 2019 eine posthume Platte heraus. Im Hintergrund steht noch ein Vertrag mit Universal. Man wertet einige hinterbliebene Aufnahmen aus. Das fertige Album "Tim" klingt dann, ein gutes Jahr nach seinem Tod, sehr prall gefüllt mit Gesangstext. In einem Song "SOS" fehlten Vokal-Aufnahmen, und Aloe Blacc übernimmt sie. Die Überforderung Aviciis, mit Erwartungen umzugehen, hört man der ganzen Platte zwischen den Zeilen an.

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