laut.de-Kritik

Fuzz, du hast den Glanz gestohlen.

Review von

Im Kern funktionieren alle City & Colour-Stücke seit 2008 auch im akustischen Singer/Songwriter-Gewand. Alexisonfire-Gitarrist Dallas Green schmückt sie von Mal zu Mal mit unterschiedlicher klanglicher Opulenz aus. 'Viel Hall, viel Ambient, viel Epik, viel Ehr' lautet nun die Losung für "A Pill For Loneliness".

Der Einstieg mit "Living In Lightning" klärt umgehend die Verhältnisse. Sanft perlende Gitarren, Greens androgyne Vocals und viel Beiwerk triggern Erinnerungen an die früheren Werke von Ben Howard und Bon Iver, You+Me, Real Estate oder in manchen Americana-Momenten auch The War On Drugs. Der Audio-Autopilot springt an und tuckert im Modus Indie-Melancholie quer durchs Album. Die Stimme fungiert dabei als ein Licht im Dunkeln.

"Astronaut" steht als Metapher für die Einsamkeit des tourenden Musikers, wirkt dabei mit seinen sechs Minuten aber so belebend wie ein Schwebeflug im Vakuum. "Difficult Love" behandelt eine verwandte Thematik. Feste Beziehungen und stetes Unterwegssein schließen sich nahezu aus. Der Song bringt den Gegensatz wesentlich direkter, fokussierter und trotz der zwei Minuten kürzeren Spielzeit abwechslungsreicher auf den Punkt. Fluffig gerät auch "Young Lover". Hier punkten die Gitarren sowie die Abstimmung zwischen krachigen Sounds, cleanen Arpeggio-Voicings und pointiert gesetzten Chords - die im Albumtitel anklingende positive Sogwirkung der Musik wird deutlich .

"Song Of Unrest" wildert wieder in den Achtzigern. Der Kompass von "The War Years" schlägt in seiner Monothematik und Wall of Sound-Dynamik dann in Richtung Postrock aus - hier funktioniert der vergleichbare Closer "Lay Me Down" mit seinem schwermütigen Piano besser. "Strangers" besticht durch flottes Tempo und treibende Gitarren, wobei der Sound in Anlehnung an das alte Kinderlied 'Fuzz, Du hast den Glanz' gestohlen in einem Meer aus Hall baden geht.

Unterm Strich halten die Kompositionen dem Anspruch an Produktion und Konzept so nicht stand. Auf eine Formel gebracht, hört man in Struktur und Aufbau schwache Songs, die zwar mit großer Klangvielfalt vorgetragen werden: Das Gebot 'Weniger ist mehr' ist manchmal aber eben doch zu wenig.

Trackliste

  1. 1. Living in Lightning
  2. 2. Astronaut
  3. 3. Imagination
  4. 4. Difficult Love
  5. 5. Me and the Moonlight
  6. 6. Mountain of Madness
  7. 7. Song of Unrest
  8. 8. Strangers
  9. 9. The War Years
  10. 10. Young Lovers
  11. 11. Lay Me Down

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