Porträt

laut.de-Biographie

The Slits

Sie gelten als die relevanteste All-Girl-Group des Punk. Obwohl im Spannungsfeld ihrer männlichen Kollegen angesiedelt, gelang es den Slits, eine feministische Note in die Punkszene zu tragen. In Ari Up (Arianna Forster) hatten sie eine der charismatischsten Gesichter des Genres als Frontfrau.

Film-Premiere: "Punk Girls"
Film-Premiere "Punk Girls"
Die Doku von Christine Franz erzählt anhand von Bands wie The Slits, Hans-A-Plast oder X-Ray Spex die weibliche Geschichte des britischen Punks.
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Ari Up, eine in München geborene, aber in England aufgewachsene Deutsche, kommt im August 1976 im Alter von 14 Jahren zum Punk, nachdem sie ein Konzert von The Clash in London sieht - ein Abend, der ihr Leben verändert. "Danach war ich nicht mehr derselbe Mensch. [...] Ich fing an, meine Klamotten in Stücke zu schneiden und mit Farbe zu besprühen", gibt sie im 2007 erschienenen "Punk Rock" von John Robb zu Protokoll.

1976 ist die Londoner Punkszene noch überschaubar - und Aris Mutter Nora mittendrin. Ihr Haus steht "all the young punks" offen, 1979 heiratet Nora den 14 Jahre jüngeren Ex-Sex-Pistols-Frontmann John Lydon. Kein Wunder also, dass Ari schon früh mit Musik und der rebellischen Subkultur in Berührung kommt. Zu dieser Zeit entschließt sie sich, Gitarre zu lernen.

Ein weiteres Konzert ist 1976 wichtig für die Geschichte der Slits. Bei einem Gig von Patti Smith lernt Ari die zukünftige Schlagzeugerin Palmolive (Paloma Romero, eine gebürtige Spanierin, die seit 1972 in London lebt und zeitweise die Freundin von The Clashs Joe Strummer war) der Slits kennen. Nach einer kurzen Unterhaltung fragt Palmolive, ob Ari Interesse hätte, in ihrer Band zu singen. Die sagt zu, und die Slits sind geboren.

Die Gruppe wird komplettiert von der Gitarristin Viv Albertine, die mit Palmolive schon zusammen bei The Flowers Of Romance gespielt hatte, und der Basserin Tessa Pollitt. Vor den beiden spielten für eine kurze Zeit Kate Korus und Suzy Gutsy in der Band. Obwohl ihre ursprüngliche Ausrichtung eher klassischen Punkrock-Prinzipien folgt (nicht viel können, das aber mit Hingabe), interessieren sich die vier recht früh für eine Fusion von hartem Krawall mit jamaikanischem Reggae und Dub. Entsprechend prägen oft tribalistische Rhythmen und schwere, groovige Basslinien ihre Musik. Darüber singt Ari Up mit ihrer markanten hohen Stimme und ihrem fast schon penetranten Vibrato. Der Punk-Dokumentarist Don Letts beschreibt den Sound so: "Die Slits waren die ultimative Symbiose aus Punk und Reggae, sie hatten diese schweren Bässe."

Über ihre Rolle als erste reine Frauenband in einem männerdominierten Genre sagt Ari: "Politisch gesehen waren wir nie Feministinnen, aber wir haben mehr im Dienste feministischer Interessen gearbeitet, als irgendjemand anderes das hätte tun können. Wir waren stolz darauf, uns ganz ohne Männer selbst organisiert zu haben."

Dennoch versuchen Männer immer wieder, Einfluss auf die Slits zu nehmen. Mick Jones von The Clash möchte die Band gerne in einen weiblichen Rock-Act nach dem Vorbild seiner eigenen Band formen, ebenso Malcom McLaren, der Manager der Sex Pistols. Ihm schwebt eine weibliche Version seiner Skandalband vor. Beiden verweigern sich die Frauen.

The Slits - Cut Aktuelles Album
The Slits Cut
Mit Kriegsbemalung und nackter Haut gegen das Männer-Establishment.

Zur Hochzeit des Punk sammelt The Slits 1977 Live-Erfahrungen, unter anderem mit The Clash, den Buzzcocks oder Subway Sect. Als es dann 1979 endlich ins Studio geht, um das Debütalbum "Cut" aufzunehmen, ist nicht nur schon die erste Punkwelle vorbei, sondern auch schon Drummerin Palmolive weg: Für die mittlerweile gereifte musikalische Vision der Gruppe fehlen ihr die Skills.

Die schließt sich 1978 den Raincoats (einer weiteren All-Girl-Punkband) an, für sie übernimmt Siouxsie-Drummer Budgie (mit bürgerlichem Namen Peter Edward Clarke). Der Sound hat sich mittlerweile vom roheren Punksound der ersten Tage zum typischen, basslastigen, reggae-infizierten Slits-Sound entwickelt. Er wird auf "Cut" 1979 konserviert. Legendär ist auch das Cover von Pennie Smith, die die drei Frauen quasi nackt und von oben bis unten mit Schlamm bedeckt ablichtet (Budgie war angeblich beim Fototermin nicht zugegen).

1981 erscheint "Return Of The Giant Slits", eine Sammlung von frühen Aufnahmen der Band. Im gleichen Jahr löst sich die Band auf, doch alle Mitglieder bleiben auf der einen oder anderen Art dem Musikbusiness erhalten. Im Jahr 2006 reaktivieren Up und Pollitt die Band, die EP "Revenge Of The Killer Slits" kommt auf den Markt.

Auf dieser EP sind neben den beiden Originalmitgliedern Paul Cook (Ex-Sex Pistols) und Marco Pirroni (Ex-Adam & The Ants, Ex-Siouxsie & The Banshees) zu hören. Hollie, die Tochter von Cook, gehört dem neuen Line-Up der Slits an. Weitere Bandmitglieder sind NO und Anna Schulte. In dieser Formation touren die Schlitze 2007 durch Australien, die USA und Japan. Unter anderem stehen sie dabei mit Sonic Youth auf der Bühne. Im Dezember 2007 wird ihr zweites Album "The Return Of The Giant Slits" als Doppel-CD wiederveröffentlicht.

Mit dem Tod Ari Ups im Oktober 2010 endet die Geschichte der Slits auf tragische Weise. Im Alter von 48 Jahren stirbt die Sängerin nach langer und schwerer Krankheit, wie ihr Stiefvater John Lydon auf seiner Homepage mitteilt. Einen schönen Rückblick auf die Bandgeschichte, Punk, Feminismus und Mutterschaft und ein Musterbeispiel in Haltung und Attitüde gibt Gitarristin Viv Albertine 2016 in ihrem außergewöhnlichen Buch "A Typical Girl".

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The Slits - Cut: Album-Cover
  • Leserwertung: 5 Punkt
  • Redaktionswertung: 5 Punkte

1979 Cut

Kritik von Michael Schuh

Mit Kriegsbemalung und nackter Haut gegen das Männer-Establishment. (0 Kommentare)

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  • Infos

    Diskographie und mehr.

    https://www.discogs.com/de/artist/33930-The-Slits

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