Beim Stichwort Jamaica assoziiert man schnell Urlaub, Gras, Sonne, Fussball oder rodeln. Alles richtig, alles toll. Doch hier soll es um Reggae gehen, jenen Sound, der die Landesfahne des Eilands bis in die entlegendsten Erdenwinkel trieb und als Markenzeichen etablierte. An dieser Stelle an Bob Marley zu denken, ist anhand dessen kommerzieller Verdienste zwar legitim, verstellt allerdings den Blick auf die Ursprünge.

Als Ska Anfang der 60er en vogue war, hüpfte Klein-Bob mit seinen Kumpels Bernie Livingstone und Peter Tosh unter dem Namen The Wailers äusserst erfolgreich durch die Gegend. Er avancierte erst zur Kultfigur, als die Plattenfirma "Island" das kreative Dreigestirn sprengte, um unter veränderten Vorzeichen (Bob, der Star) in Europa die Sau zu schlachten. Den Rest kennt ihr ja...

Zurück zum Thema: Der heisse Sommer 1967 verlangsamte den Ska und Toots Hibbert von den Maytals prägte den Begriff auf deren Single "Do the Reggay". Charakteristisch sind der langsame Gitarren-Offbeat, Einflüsse aus afrokaribischen Rhythmen (Merengue, Calypso, Rumba) und traditionellem Mento. Zugleich diente der legere Beat als Plattform für sozialkritische und politische Texte, während Anhänger der Rastafari-Bewegung vorallem ihrem Gott Jah huldigten.

Eric Clapton mit seiner grausigen Version von "I shot the sheriff" und Paul Simon mit dem gediegenen Reggae-Beat seiner "Mother And Child Reunion" spielten fleissig Geburtshelfer, um den sommerinfizierten Gute-Laune-Sound den bleichen Europäern näher zu bringen. Jimmy Cliff drehte mit "The harder they come" einen Kassenknüller, der ihm und seiner gleichnamigen Single zu einmaligem Weltruhm verhalf, während Lee "Scratch" Perry an einer psychedelischen Klangvariante arbeitete und seither als Erfinder des Dub gilt.

Als Marley 1981 den Kampf gegen den Krebs verlor und die Musikpresse mit Schlagzeilen wie "Reggae-Musik - Ist das das Ende?" Auflösungserscheinungen prophezeite, lag es an Formationen wie Black Uhuru, Linton Kwesi Johnson, Burning Spear, Lucky Dube und wie sie alle heissen mögen, der Welt aufzuzeigen, wie vielfältig sich Reggae anhören kann. Die zahlreichen, meist im Sommer stattfindenden Reggaefestivals erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit - das Mauerblümchen hat sich durchgesetzt.