laut.de-Kritik

Pennäler-Lyrik trifft Poesiealbum-Gothic.

Review von

Spielbann bringen mit der Unterstützung prominenter Szenegäste (ASP, Vogelfrey) ihr Trisol-Debüt "In Gedenken" heraus. Die Ambitionen der Band scheinen dabei ebenso groß wie ihr vollmundiges Versprechen: "Spielbann entheben die Szene-Musik ihres oftmals allzu einengenden Korsetts, um etwas Einzigartiges innerhalb der heimischen Musiklandschaft entstehen zu lassen. Und 'In Gedenken' stellt den ersten großen Meilenstein des außergewöhnlichen Quintetts dar." Die gruftige Wahrheit sieht indes anders aus. Die Platte klingt konventionell, steckt voll sprachlicher Klischees und transportiert kaum eine packende Story.

Musikalisch zeigen Spielbann sich allzu mutlos und blutarm. Es gibt viel symphonisch aufgehübschten Durchschnitts-Metal ("Gefrorenes Blut", "Auferstehung"), der leider kaum über mitreißendes Songwriting verfügt. Die immer gleichen Ladidah-Stromgitarren sind ohnehin eine weit verbreitete Pest der Limitierung in der Schwarzen Szene. Spielbann bilden hier leider keine Ausnahme. Im Gegenteil.

Der einfallslose Rhythmus-Salat beraubt ihrer Musik jeglicher Wärme und degradiert die meisten Lieder zur gängigen Schwarzwurzelsoße Marke 'Rammstein-Stakkato sucht Nightwish-Ableger für gemeinsames Gähnen." Warum ausgerechnet die allermeisten deutschsprachigen Combos es versäumen, besonders im Gitarrenbereich von vielseitigen Gothrock-Ikonen à la Robert Smith, Danny Ash oder Wayne Hussey zu lernen und lieber dem Pfad schablonesker Inspirationslosigkeit folgen, bleibt ein Rätsel.

Die Produktion verordnet ihrer Musik zusätzlich das Diktat enttäuschender Harmlosigkeit. Sound und Mix sind so angelegt, dass auch die breitbeinige Rock/Metal-Attitüde nicht mehr als eine hohle Geste bleibt. Jeder Song könnte auch lässig als Poesiealbum-Goth im Formatradio laufen. Mehr als Mittelmaß ist damit nicht drin.

Die Vocals versuchen sich aussichtslos am theoretisch gut gedachten Female/Male-Kontrast. Konzeptionell geht es hier erkennbar in Richtung Lacrimosa oder L'Ame Immortelle. Doch der beabsichtigte Ausdruck scheitert an der ebenso theatralisch angerauten wie nichtssagenden Stimme des ehemaligen Mittelalter-Frontmans Seb Storm. Das übertrieben künstliche Verstellen soll wohl bedeutsam klingen, transportiert über weite Strecken jedoch lediglich Farblosigkeit ohne echtes Charisma. Darauf hat die Gothwelt nicht gewartet.

Seiner Partnerin kann man derlei Vorwürfe nicht machen. Nic Frost legt ihre Vocals sehr feminin und handwerklich blitzsauber an. Es nützt nur nichts, wenn der Hörer das Gefühl bekommt, es singe hier eine echte Chanteuse mit dem überagierenden Sänger einer örtlichen Gauklertruppe. Mit den Texten verhält es sich kaum besser.

Einerseits bemühen sich Spielbann um jenen archaischen Sprachstil, der in der Szene ohnehin weit verbreitet ist. Andererseits halten sie diese Methode nicht konsequent genug durch und haben zu wenig Ideen jenseits von Pennälerlyrik und angedeutetem Zauberlehrling-Zitat.

Selbstverständlich muss man als Gothrocker kein zweiter Poe oder Lovecraft sein. Wer hingegen die eigenen Zeilen und Worte so hervorhebt, wie Spielbann, der sollte getrost mehr Storytelling bieten als hundertfach gekaute Stereotypen auf Musical-Niveau. Weit und breit wird wenig mehr geboten als die sattsam bekannten Bilder und Schlüsselbegriffe. Sie sollten bei Altmeister Paul Roland nachschauen, wie man sowas richtig gut macht.

Mittendrin zeigen Spielbann, dass es dennoch Potential zur Entwicklung gibt. Das atmosphärische "Aquarell" etwa glänzt mit ausgefeiltem Arrangement und ansprechend originellem Text. Sogar Sänger Storm hält sein Overacting zurück und liefert eine natürliche Vorstellung. Besonders ihre simultane Zweistimmigkeit kommt hier angemessen emotional und dramatisch zur Geltung. Hiervon hätte man sich mehr gewünscht.

Trackliste

  1. 1. Der Hüter
  2. 2. Auferstehung
  3. 3. Geister, Die Ich Rief
  4. 4. Die Weiße Frau
  5. 5. In Alle Ewigkeit
  6. 6. Aquarell
  7. 7. Gefrorenes Bluti
  8. 8. Haus Des Vergessens
  9. 9. Monster, Monster
  10. 10. Lebewohl
  11. 11. Hydra
  12. 12. Heimsuchung

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LAUT.DE-PORTRÄT Spielbann

Spielbann ist eine klassische Band der deutschsprachigen Schwarzen Szene und seit 2000 aktiv. Gegründet in Saarbrücken verschreiben sich Seb Storm (Vocals), …

5 Kommentare mit 9 Antworten

  • Vor 8 Jahren

    In diesem Fall "Daumen runter" als Antwort auf die leidige Gretchenfrage des Genres. Ich bewundere ihr unerschütterliches Urteilsvermögen in der Hinsicht, Herr Rich..Anwalt. :D

  • Vor 8 Jahren

    Wie oft hab ich das Wort "Pennäler" jetzt schon vom Anwalt vernommen?...

  • Vor 8 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 8 Jahren

      möglicherweise das längste comment-posting der laut.de-geschichte...falls selbst verfasst und kein promotext, dann gratulation f d mühe des entwurfs einer gegenansicht :)

    • Vor 8 Jahren

      Dieser Kommentar wurde entfernt.

    • Vor 8 Jahren

      der versuch diese dünne, aufgewärmte suppe zu erklären, macht trotzdem kein 5-gänge menü daraus. "musikalischer friedhof" ist eher die treffende kurzbeschreibung für das komplette album.

    • Vor 8 Jahren

      Schon nett, meine Rezension ungefragt hier reinzustellen. Wie man darauf wohl kommt?

      Zum Review: Zum Glück ist Musik ja bekanntlich Geschmackssache. ;) Meiner Meinung nach sind auf der Platte einige echt ansehnliche Refrains drauf und auch das Gesamtkonzept ist angesichts der Vielfalt, die es bietet, durchweg interessant. Zudem ist gerade die Stimme von Nic Frost, wie man im Review ja auch angemerkt hat, wirklich wunderbar. :)

  • Vor 8 Jahren

    Durch den Sänger klingt das ganze wirklich lächerlich.. Ist halt blöd, wenn man versucht böse zu klingen, aber es nicht kann.
    Die Sängerin ist ganz nett, reicht aber nicht aus um das ganze abzuheben.
    Texte sind grottig. Musik ok, aber eben alles zu vorhersehbar und langweilig.

    Braucht kein Mensch.

  • Vor 8 Jahren

    Ich verstehe nicht wirklich was Asp an Spielbann so großartig findet. Die Sängerin kann zwar noch überzeugen aber der Sänger kann stimmlich mal gar nix und musikalisch klingt Spielbann wie eine schlechte Kopie von ASP oder auch Rammstein. Bei den Texten wundert es mich dass Asp hier mitgewirkt hat, davon merkt man bei den klischeehaften und peinlichen Texten eigentlich nicht wirklich was, das kann der gute Asp weitaus besser.... Sorry aber Spielbann kann man getrost vergessen, wie schon gesagt ich verstehe es nicht wirklich was Asp an denen findet....