laut.de-Kritik

Weltreise nach Hause.

Review von

Jedes neue Patrice-Album fühlt sich an wie eine Heimkehr. Man findet sich wie schlafwandlerisch sofort zurecht, und in der Sekunde, in der er mit seiner charakteristischen Stimme zu singen anhebt, weiß ich sofort wieder, warum er mich schon mit "Ancient Spirit", ach, eigentlich schon mit "Lions" am Haken hatte, seit 25 Jahren, inzwischen. Wahrscheinlich haben wir ein bisschen heimelige Vertrautheit selten dringender gebraucht als "in this time of tension".

Das Paradoxe daran: Sein so sinnig wie minimalistisch "9" betiteltes neuntes Album fühlt sich nicht nur wie Nach-Hause-Kommen an, sondern zugleich wie eine Reise. Was, rein logisch betrachtet, gar nicht gehen sollte, zugleich aber bestens einen großen Teil der Faszination beschreibt, die Patrice' Musik seit jeher innewohnt: Jeder Track umfasst eine ganze Welt, neun davon arrangieren sich zu einem handlichen kleinen Universum, in dem das ganze Spektrum an Empfindungen Platz hat.

"The best and the worst, a blessing and a curse": Patrice bekommt beides in ein- und demselben Song unter. Mir fällt auf die Schnelle niemand ein, der hinbekommt, im gleichen Moment so todeserschöpft, und dabei trotzdem voller Kraft und Leben zu wirken wie in "Become Who You Are": Die Suche nach sich selbst scheint eine wahrhaft kräftezehrende, und dennoch lohnende Aufgabe zu sein.

Das Musikalische schlägt einen ebenso weiten Bogen: Man hört, dass Patrice sich seit jeher auf der ganzen Welt beheimatet fühlt. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit handhabt er jamaikanisch gefärbte Dubreggae-Basslinien ("Become Who You Are"), fröhlich quietschende Keyboard-Sounds ("Such Is Love") oder westafrikanische Rhythmen ("No Want"). Seine Stimme steht jederzeit im Zentrum, zugleich eingebettet und in Szene gesetzt von den dichten, warmen Texturen seiner Songs.

Im Gesang setzt sich die stilistische wie emotionale Bandbreite fort. Ich möchte wirklich nicht entscheiden müssen, ob dieser Patrice nun ein Reggae-Deejay ist, ein Pop-Sänger oder doch eigentlich ein Soul-Crooner. Im abschließenden, sich wie eine Raubkatze anschleichenden "Stamina" nähert sich sein facettenreicher Vortrag zudem noch beinahe dem Rap.

Nur in "Never Will I Let You Go" holt sich Patrice eine Duettpartnerin an seine Seite. Ansonsten bestreitet er seinen neunten Trip, zumindest, was die Vocals betrifft, komplett alleine. Was "9" zu einer ausgesprochen intimen Angelegenheit macht.

Exemplarisch für den bizarren Kontrast zwischen Individuum und Kosmos, Klein und Groß, Ruhe und Chaos steht "Sentinel". "How much further can we stretch?", fragt sich Patrice da, und bietet zugleich Trost und Zuflucht. Der Song wirkt, als sitze man alleine im windstillen Auge eines Sturms und blicke zum sternengesprenkelten Nachthimmel hoch, während um eine*n herum der Orkan tobt.

"Such Is Love", "Sun Is Out" und "Celebrate" schlagen in der Folge deutlich leichtere Töne an. Mit Melodie, einem bisschen Gelassenheit und einer Menge Optimismus sind wir dann auch wirklich bestens gewappnet, für "this time of tension".

Trackliste

  1. 1. Become Who You Are
  2. 2. Sentinel
  3. 3. Such Is Love
  4. 4. Sun Is Out
  5. 5. Celebrate
  6. 6. No Want
  7. 7. Undefined
  8. 8. Never Will I Let You Go
  9. 9. Stamina

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