laut.de-Kritik

Der kaum greifbare Shoegaze-Versuch einer Noise-Band.

Review von

Erwartungen gleichzeitig erfüllen und dekonstruieren, das können Metz wirklich gut. Vor mehr als zehn Jahren nahm Sub Pop, einst Heimat von Nirvana, das Trio unter Vertrag. Und nicht wenige rochen schon die vielleicht nächste Sensation. Einerseits klang das Debüt ähnlich wie "Bleach", und die Anzahl der Bandmitglieder erinnerte dazu noch an die Seattle-Legenden.

Metz sahen allerdings weder so gut wie Kurt Cobain aus, noch gingen sie auf den nachfolgenden Alben irgendeinen Kompromiss in Sachen Mainstream ein. Ja, vielleicht hätten Nirvana so geklungen, wenn Kurt eben kein so gutes Händchen für Melodien gehabt hätte, und selbst Noise-Produzenten-Legende Steve Albini den Pop-Appeal auf "In Utero" nicht austreiben konnte. So wüten Metz eben schon auf fünf Alben und hinterlassen beständig verbrannte Erde, auch, wenn es mittlerweile mehr Nuancen in dem anfänglichen Krawall gibt.

Der Einstieg "No Reservation/Love Is Coming" geht in dieser Hinsicht fast als Shoegaze durch, wenn auch mit deutlich weniger Zärtlichkeit. Leider zeigt sich hier ein Dilemma, das im weiteren Verlauf keine unwichtige Rolle spielt. Metz haben ihre großen Momente, wenn sie einen krachige Sogwirkung entfalten, die alles in Einzelteile zerlegt. Das langsame Aufbauen eines Dramas gelingt ihnen hingegen nicht. Der zu Beginn interessante Ansatz, ihren Punk-Stil mit Shoegaze-Verträumtheit in neue Sphären zu pushen, verliert über Albumlänge seinen Reiz. Die löbliche Intention, nach all den Jahren auch mal die Komfortzone zu verlassen, hört man natürlich trotzdem heraus: Das bekannte Schema, punkiger Aufbau, dem irgendwann ein keifender Noise-Ausbruch folgt, vermeiden sie, so gut es geht.

So wartet man bei "Superior Image" auf den Moment, in dem Sänger Alex fast die Halsschlagader platzt, und er all seinen angestauten Frust herausschreit. Doch die Minuten vergehen, und tatsächlich geschieht gar nichts. Die Melodie bleibt in einem Loop gefangen, ohne ein plötzliches Feedback-Aufheulen oder befreienden Moment. Dieser wird nervtötend angeteasert und passiert einfach nicht. Ähnlich einem startenden Moshpit, der unruhig mit den Füßen scharrt, aber eine gefühlte Ewigkeit verharrt. Metz schreien diesmal nicht ihren Frust hinaus, sie sind der Frust. Eine nervenaufreibende Zeitlupenfahrt in einen zunehmend düsteren Raum, an dessen Ende kein Jumpscare die unerträgliche Anspannung auflöst.

Gitarrist und Sänger Alex Edkins lotete mit seinem Nebenprojekt Weird Nightmares schon vor zwei Jahren aus, wie viel Jazz in Noise drinstecken kann. Für den bekennende Charles Mingus- und Brian Eno-Fan reicht das abgesteckte Lärm-Territorium ganz offensichtlich nicht mehr aus. "Up On Gravity Hill" klingt dementsprechend nicht mehr nach dem brachialen Instinkt-Rock der Anfangszeit, legt dafür umso mehr Gitarren-Spuren drauf und verschleppt den Sound in "Enwinded" so lange, bis der Punk-Anteil immer mehr verschwindet.

Ein in der Theorie spannender Ansatz, der auf diesem Album leider ziemlich verpufft. Metz wirken im Gegensatz zu ihren vorherigen Alben nicht mehr selbstsicher, ganz so, als behage ihnen ihre Neuausrichtung selbst nicht so recht. Ein merkwürdiges Album, dessen Platz in der Diskographie der Kanadier (noch) nicht klar ersichtlich ist: einmaliger Fehlversuch, visionär oder der erste zaghafte Schritt einer Transformation. Metz bleiben weiter spannend, aber dieses Mal auch wenig greifbar.

Trackliste

  1. 1. No Reservation / Love Comes Crashing
  2. 2. Glass Eye
  3. 3. Entwined (Street Light Buzz)
  4. 4. 99
  5. 5. Superior Mirage
  6. 6. Wound Tight
  7. 7. Never Still Again
  8. 8. Light Your Way Home

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