laut.de-Kritik

Wenn der Stoner Rock zu Drunk Rock mutiert ...

Review von

John Garcia und der Legendenstatus. Nach Kyuss kam Slo Burn, dann Unida und irgendwann Ende der 90er Hermano. Aber so richtig gebrannt hat die Wüste schon lange nicht mehr. Als ich den guten John vor zwei Jahren mit seinen neuen Freunden im Frankfurter Nachtleben sah, war er in viel zu enges Leder eingezwängt und gebärdete sich wie ein Desert Rock-Meat Loaf. Ein lustiger Abend, zu dem Sprüche passen wie der kürzlich von Garcia getätigte: "Even after playing so many gigs I can't remember many details ... damn Jäger!".

Aufhören tut jeglicher Spaß leider bei vorliegendem Nachfolgewerk seiner Band Hermano. Abgenutzte, tausendmal gebolzte Stoner-Riffs höre ich mir live ja unter Umständen aufgrund einer mitreißend umgesetzten Performance oder mit reichlich "damn Jäger" noch an, auf Konserve braucht die Retro-Veranstaltung der Herren aus Palm Desert allerdings kein Mensch. Schon beim Opener, der später durch schräg gedehnte Chöre heftige Josh Homme-Flashbacks verursacht, gilt die Stammparole 1-2-3 - und jetzt alle: "Won handräääd digriiiiis".

Wenigstens rockt die Nummer noch beachtlich und leitet über zum ebenso ordentlichen Slowriffstarter "Life", dessen sanfter Gesang in den Strophen an Brother Bjork erinnert. So heißt dann auch ein Song, den Spaßvogel Garcia nach seinem alten Kumpel Brant benannt hat, und der ihm Gelegenheit gibt, Bjork kluge Ratschläge wie "Keep Your Cool" zu erteilen. Humor hat er ja. Der Song selbst bleibt jedoch blass, obwohl er übliche Hurra Rock-Schemata verlässt und in düstere Gefilde abdriftet. Auch in "My Boy" klingt Garcia zunächst ziemlich nach Bjork, bevor das typische Gitarrengetöse einsetzt und er wieder in alter Manier losbrüllt.

Damit wir uns richtig verstehen: Garcias Stimme ist natürlich eine Bank, und auch dass er sie überraschend vielseitig einsetzt und nebenbei noch Akustik-Experimente wagt ("On The Desert", "Murder One"), ist nicht das eigentliche Problem. Es ist schlicht die Umsetzung, die unspannend bleibt, die in "Roll Over" oder "Let's Get It On" eben nichts anderes leistet, als die Vergangenheit schlecht aufzubereiten. Während Fu Manchus California-Karre vor zwei Jahren noch kräftig beschleunigte, verheddern sich Hermano schon beim Hochschalten. Und wenn der selbst formulierte Weg zurück zu ihren Heavy Blues-Wurzeln dann von peinlichem "Go, motherfucker, go"-Stumpfsinnsgebrüll oder Gröl-Kapriolen wie "Look at me I'm an angry american" begleitet wird, dann sehnen wir uns einmal mehr nach den Queens Of The Stone Age, die durch kompromisslose Weiterentwicklung heute als letzte Qualitätsinstanz einer eingerosteten Riege alter Stoner-Legenden steht. "Drunk Rock" beschrieb Garcia seinen Sound kürzlich recht treffend. Prost!

Trackliste

  1. 1. Cowboys
  2. 2. Life
  3. 3. Roll Over
  4. 4. Quite Fucked
  5. 5. Is This O.K.?
  6. 6. Brother Bjork
  7. 7. On The Desert
  8. 8. My Boy
  9. 9. Angry American
  10. 10. Murder One
  11. 11. Let's Get It On

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3 Kommentare

  • Vor 18 Jahren

    Weil ich's grad wieder hör. Mit dem zweiten Album, das ja nun auch nicht mehr so neu ist, haben die Jungs wirklich mal nen eigenen Thread verdient.

    Die neue Konstellation um John Garcia (Kyuss, Slo Burn, Unida) klingt wie auch alle anderen seiner Projekte der Post-Kyuss-Zeit: Simpler straighter Powerrock mit einer Stimme, mit der man überhaupt nichts mehr verkehrt machen kann.

    Während die erste Platte gerockt hat, aber etwas zu belanglos war, sind auf "Dare I say" einige wunderbare Rock-Kracher drauf.
    "Brother Bjork", "Is this ok?" und "My Boy" sind solche. Und "Quiet fucket" hat einen der besten je geschriebenen Refrains überhaupt :D
    Was der gute Laut-Redakteur als mangelnde Intellektualität bemängelt, ist nämlich - genau umgekehrt - das lyrische Werk eines Genies :D
    Der 2min-Song beschränkt sich auf's wesentliche, nämlich im Grunde auf die Aussage "Go Motherfucker! Motherfucker go!" und dazu ein herrlich treibendes Gitarrenriff :)

    Und da man kein Rockmusik-Review mehr schreiben darf, ohne Vergleiche zu Fu Manchu und QOTSA anzustellen, um zu beweisen, dass man sich in der Szene auskennt: Man kann's nicht vergleichen - ist was ganz anderes.
    Ok, ein Song klingt wirklich nach Queens, aber das liegt daran, dass die mittlerweile das "Und zwei und - und vier und"-Riff für sich gepachtet haben und es niemand anderes mehr benutzen darf.

  • Vor 18 Jahren

    Wer immer Vergleiche braucht, hat sprachlich eindeutig ein Problem.

    Will die Scheibe auch bald haben, aber das Geld, das Geld...

  • Vor 16 Jahren

    Wo ich grad die Ankündigung zur neuen Platte les.
    Hör mir die Platte grad nochmal an: Nach wie vor sehr geil, sogar mit der Zeit noch gewachsen – und die Rezi vom Herrn Schuh ist immer noch scheiße :hoho: