Porträt

laut.de-Biographie

A Sunny Day In Glasgow

Ben Daniels sieht sich selbst als antisozial und irgendwie autistisch – ein Mathe-Freak, wie er sagt. Damit tut er sich selbst nicht unrecht, schließlich entwickelt Daniels Algorithmen, die die Wirksamkeit von Chemotherapien voraussagen sollen. Nach dem Bandleader einer Shoegaze-Band, die sich über den ganzen Globus erstreckt, klingt das weniger.

Seitdem das 2006 gegründete Bandprojekt aus dem Schlafzimmer von Daniels und seinem Kumpel Ever Nalens ausgezogen ist, haben sich die wechselnden Bandmitglieder über die ganze Welt verteilt. So hängt jedes neue Album von A Sunny Day in Glasgow vor allem an Daniels kommunikativen Fähigkeiten in Sachen E-Mail.

In einem Interview beschreibt er nicht enden wollende Mail-Ketten mit seinen Bandkollegen. Letztendlich sitzt er aber alleine vor dem Laptop und zerstückelt einzelne Spuren immer wieder, um sie völlig anders zusammen zu setzen. Wenn Daniels dann zufrieden ist, stellt sich die nächste Frage: Wie bringt man so ein Frankenstein-Gebilde auf die Bühne?

Die Lösung bietet seit den ersten Tagen in Philadelphia die Improvisation. Jedes Konzert von A Sunny Day In Glasgow klingt anders, aber auch jedes Album wird von einem wechselnden Stab eingespielt. Dazu gehörten in der Vergangenheit neben Ever auch Daniels Zwillingsschwestern Robin und Lauren, die sich gemeinsam ans Keyboard setzten. Jedoch behält der Bandleader stets die Kontrolle über Mailverkehr und Mixing, weshalb sich zumindest ein grober Sound festmachen lässt.

Bereits seit dem Debüt "Scribble Music Comic Journal" steht ein poppiger Shoegaze-Sound für die Arbeit von A Sunny Day In Glasgow. Die Musik ist dabei aber nicht überproduziert, sondern erhält ihren Charme aus der DIY-Ästhetik, die auf Daniels Zeit in Montréal verweist. Deutlich hörbar ist die Verbindung zu Soundkollagen dortiger Szenegrößen wie Broken Social Scene oder Stars.

Dabei findet A Sunny Day In Glasgow aber immer einen Hang zum Pomp – das war selbst in den verworrenen Alben der Shoegaze-Altmeister von My Bloody Valentine nicht anders. Deutlich stringenter klingt der Zweitling "Ashes Grammar" von 2009. Daniels wählt hier einen ähnlichen Zugang zu Pop-Strukturen wie das New Yorker Quartett The Pains Of Being Pure At Heart. Das klingt nach zärtlichem Twee-Pop, der sich trotzdem an gutturalen Klängen und sägendem Reverb abarbeiten muss.

Ein Jahr später präsentiert sich A Sunny Day In Glasgow wesentlich melancholischer. "Autumn, Again", das dritte Album des Projekts, spielt über weite Teile mit reduziertem Electronica. Reverb-Flächen fährt Daniels auf ein Minimum zurück, was die einzelnen Instrumente ungewohnt klar wirken lässt.

Als eine Art Gegenreaktion lässt sich das 2014 veröffentlichte "Sea When Absent" sehen. Deutlicher als je zuvor treten die Shoegaze-Wände hervor und legen sich über Gesang und Instrumentarium. Aus allen Ecken hallen Stimmen, die sich mit harten Gitarrenriffs zu einem unüberblickbaren Äther verbinden.

Zum ersten Mal arbeiten A Sunny Day In Glasgow mit einem Produzenten zusammen, der jedoch keineswegs den eigenwilligen Sound plattbügelt. Jeff Zeigler, der mit Kurt Vile und The War On Drugs kollaborierte, spitzt das Klangbild wesentlich zu.

Ebenso erschaffen Einflüsse von Postrock bis R'n'B den breiten Sound des Albums, das mit einem Schlag ein so vergessenes Genre wie Shoegaze neu auf den Plan bringt.

Alben

Surftipps

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    http://www.asunnydayinglasgow.com/
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