"Auch wenn das Glas sogar mehr als halb leer ist: Immerhin ist etwas drin."

Berlin (dill) - Kölschrock-Urvater, Solokünstler, erfolgreicher Maler, Autor, Charity-Schirmherr im Engagement für eine bessere Welt und selbst durch schwere Zeiten gegangen. Ich frage nach beim BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken: Was macht die Welt besser? Wie überlebt man eine Krise? Unter welchen Voraussetzungen wachsen unsere Kinder auf? Welche Werte wandeln sich - und warum? Ein Gespräch über Sorgen-Domino, über sich leerende und füllende Gläser. Alles fließt.

In seiner Reihe "Kunst & Kopfkrieg" spricht Laurens mit großen und kleinen Größen im Biz über allerhand emotionale Themen, von Selbstverwirklichung bis hin dazu, wie sich die Gefühlswelt in der Kunst widerspiegelt.

Laurens Dillmann: Was denkst du zum Thema mentale Gesundheit?

Wolfgang Niedecken: Es ist sehr, sehr schwer, in einer Gesellschaft der Reizüberflutung mental heil zu bleiben. Du wirst beeindruckt und beeinflusst von Sachen, die du eigentlich gar nicht wissen willst, die aber da sind. "Ach, das gibt es ja auch noch." Das schlägt sich in deinem Denken nieder, und natürlich habe ich auch schlaflose Nächte. Das nenne ich das Sorgen-Domino. Eine Sorge tritt die nächste los. Das ist kein schöner Zustand. Da wirst du morgens mit Kopfschmerzen wach und bist gerädert. Ich denke, wenn das überhand nimmt, gehst du auf die Grenze zu, an der daraus eine Depression werden kann.

Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, in der ich nicht mal wusste, was eine Depression ist. Auf dem ersten Jimi-Hendrix-Album war das Stück "Manic Depression" drauf. Ich habe mich dann schlau gemacht: Manische Depression, was ist das eigentlich? Wollte ich wissen, wie so vieles, was ich bei irgendwelchen Songs aufgeschnappt habe. Am Anfang war es nur ein amerikanisches Begriffspaar, das sich interessant angehört hat. Aber definieren konnte ich das überhaupt nicht.

Was für Gefühle verbindest du mit dem Thema mentale Gesundheit?

Ich bin eher jemand, der viel grübelt. Ich mache mir eher schwere Gedanken. Wo ich selbst dann nicht mehr so richtig rauskomme. Ich kann von Glück sagen, dass ich meine Familie habe. Meine Frau ist ein Sonnenschein. Bei ihr ist das Glas halb voll, bei mir eher halb leer. Wenn sich das ausgleicht, ist das schon mal sehr viel wert.

Ich glaube, wenn ich alleine wäre, wäre es um mich ziemlich schlecht bestellt. Ich würde mich wahrscheinlich in einer Depression verlieren können. Aber ich bin Gott sei Dank gut in meiner Familie aufgehoben. Aber muss da schon aufpassen, dass ich nicht all zu oft meine Familienmitglieder anzapfe (schmunzelt). Das ist auch unverantwortlich. Wenn du ständig derjenige bist, der schlimme oder traurige Gedanken hat, und dann immer wieder darauf wartest, dass dich jemand besser drauf bringt, dann ist das nicht fair.

Bist du eher ein Kopf-oder ein Gefühlsmensch?

Ich bin eher ein Gefühlsmensch. Natürlich kann ich auch denken. Aber zuerst reagiere ich aus dem Bauch. Und gehe dann allerdings gerne zwei drei Mal geistig um den Block. Um zu überlegen, ob die Bauchentscheidung auch okay ist. Ich werde nächstes Jahr 70. Ich habe eine Menge Erfahrung und Situationen erlebt, an die ich mich sehr gut erinnern kann. Ich weiß, wo ich mich richtig entschieden habe und wo es anders besser gewesen wäre. Ich muss keine Fehler wiederholen. Situationen sind nie gleich, aber ähnlich. Ein schöner Nebeneffekt des Alters ist, dass man gelassener wird. Man muss nicht alles so schwer nehmen, wie es im ersten Moment den Anschein hat.

Welche Rolle spielt die Kunst für mentale Gesundheit? Für dich persönlich und generell?

Wenn ich selbst der Rezipient bin, bin ich immer sehr froh, wenn ich merke, dass der Künstler authentisch ist. Dass mich jemand für voll nimmt. Ich möchte nicht gerne bevormundet werden. Sobald ich merke, jemand versucht mich zu bevormunden, mir eine Meinung aufzuoktroyieren, mache ich eigentlich zu. Sowas ist nicht besonders respektvoll. Das hat den großen Vorteil, dass ich das dann auch selbst nicht tue. Ich würde ungerne in einem BAP-Song jemanden bevormunden wollen. Ich singe, was mir auf der Seele liegt. Was ich loswerden will. Manchmal habe ich das Gefühl, beim Psychiater Niedecken auf der Couch zu liegen. Ich habe das schöne Privileg, das rauszulassen zu können, was mich beschäftigt.

Musik handelt immer von Gefühlen. Ich finde es furchtbar, dass es bestimmte Muster in der formatisierten Musik gibt. Diese ganzen gecustomizeden Song-Texter, die momentan im Radio laufen. Das handelt nicht von wahren Gefühlen. Das handelt von vorgetäuschten Gefühlen, die gut ankommen und gerne genommen werden. Da schalte ich ab. Will ich nicht hören. Mir muss niemand Gefühle vortäuschen. Vorgetäuschte Orgasmen sind fake. Hat keiner was von.

In deinem Song "Volle Kraft voraus" von deinem neuen Album geht es um einen Tag am Baggersee. Darin singst du: "Es hat nichts mit Nostalgie zu tun, eher mit Therapie."

Dieses Stück ist wirklich eine Therapie für mich. Ich wusste zu Beginn nicht, wo es hingeht. Wusste nur, die Musik ist kraftvoll, also "volle Kraft voraus". Und so bin ich am Schauplatz des Baggersees gelandet und habe die Szenerie ausgemalt, wie es damals war. Ich war 22, "Angie" der große Hit der Stones, und in Chile lief der Militärputsch ab. Es war die Zeit, als ich Malerei studierte. Meine ganzen alten Freunde kommen in dem Lied vor. Zwei sind mittlerweile schon verstorben. Ich komme natürlich auch darin vor. Ich singe das Lied an mich und die, die noch leben.

Und natürlich habe ich auch meine unglücklicheren Phasen. Ich habe vor neun Jahren einen Schlaganfall gehabt. Das Gehör lässt nach. Wenn du auf die 70 zugehst, kriegst du einige Zipperlein, die du lieber nicht hättest. Dann der gesamte Zustand der Welt. Macht auch nicht gerade euphorisch. Manchmal muss man sich wie Baron Münchhausen an den eigenen Haaren aus diesem Sumpf ziehen. Und das Lied ist dazu angetan. Es geht an mich und an Leute, die ähnlich wie ich ticken. Bitte: Nicht hängen lassen! Versuch', dich an das Gute zu erinnern. Jeder hat ja seinen Tag am Baggersee. Jeder hat etwas, das ein wohliges Gefühl verschafft, wenn man daran denkt. Dieses "Das war richtig und gut". An dem kann man sich aufrichten. Auch wenn das Glas sogar mehr als halb leer ist: Immerhin ist etwas drin.

Stimmst du mir zu, dass das Leben vieler Menschen sich eher in ihrem Verstand abspielt als in ihren Gefühlen?

Ich stimme dir zu. Aber ich würde daraus keinem einen Vorwurf machen. Die meisten Leute haben Erfahrungen gemacht, mit ihren Gefühlen schon so oft über den Tisch gezogen worden zu sein, dass sie irgendwann zwangsläufig rational versteinern. Gefühle werden immer wieder enttäuscht. Ich kann mich an meine eigenen fast 70 Jahre noch gut erinnern. In welchem Jahrzehnt ich wie drauf war – wie naiv, wie sorglos. Auch da denkt man sich, ich muss nicht zwei- oder dreimal ins gleiche Klo greifen. So wird man rationaler. Es wäre wunderschön und großartig, immer nur nach seinen Gefühlen zu leben. Immer nur aus dem Bauch zu entscheiden. Aber wahrscheinlich wäre ich dann unbelehrbar. Und man muss belehrbar bleiben. Kritikfähig sein. Selbstkritik ist die wichtigste Form von Kritik. Aber ja, mich stört dieser Zustand schon. Ich lebe schließlich von meinen Emotionen. Sonst könnte ich mich nicht vor eine Menge Leute stellen und sie rauslassen. Dann wäre ich besser Schauspieler geworden. Ritter oder Bösewicht spielen. Aber ich spiele immer den gleichen Typ. Mich selbst. Den muss ich nicht mal spielen, denn der bin ich.

Wie war es in deiner Jugend, gab es da gesellschaftliche Orte und Institutionen, wo man sich mit seinen Gefühlen zeigen konnte?

Gab es nicht. Du konntest glücklich sein, wenn du ein paar gute Freunde hattest, denen du vertrauen konntest. Denen man seine Sorgen mitteilen konnte. Die einen dann nicht als lästig empfanden, sondern Anteilnahme zeigten. Zum Glück hatte ich zu den meisten Zeiten meines Lebens diese guten Freunde, deren Meinung und Mitgefühl ich geschätzt habe. Im Englischen gibt es den Begriff "good listener". Leute, die gut zuhören können. Menschen, die gar nicht viel sagen müssen. Wenn ich denen etwas erzähle, merke ich, es fällt nicht unter den Tisch. Ich fühle mich verstanden. Das ist sehr wichtig, es gibt Kraft. Jemand, zu dem du ein enges Verhältnis hast, muss dir gar nicht die Lösung nennen. Das Gefühl, dass jemand mitfühlt, ist manchmal schon genug.

Ich musste das lernen, bei einer meiner Töchter. Sie sagte mir irgendwann: "Papa, du musst mir gar nicht sagen, wie ich das Problem lösen kann. Nimm mich einfach in den Arm." Da hat es bei mir im hohen Alter nochmal Klick gemacht. Das hat geholfen. Und ich habe es von dem Moment an immer beherzigt. Und es hat mich stolz gemacht, daraus zu lernen.

Mein Vater ist ein ähnlicher Jahrgang wie du und in einem katholischen Dorf aufgewachsen. Aus seinen Erzählungen verstehe ich, warum es vielen Menschen so schwer fällt, ihre Gefühle auszudrücken.

Ein Papst wie der jetzige wird hoffentlich überall als Chance empfunden. Aber ich finde es unfassbar, dass noch immer versucht wird, dieses katholische System aufrecht zu erhalten. Ein Unding. Ich bin aus der Kirche ausgetreten, aber erst nachdem mein Vater gestorben war, denn das konnte ich ihm nicht antun. Mein Vater war sehr katholisch. Hatte einen regelrechten Kinderglauben. An die unbefleckte Empfängnis. An das Konzept, das Bodenpersonal würde einem die Sünden vergeben können. Ich war in einem katholischen Internat, wo ich sehr schlimme Erfahrungen gemacht habe.

Andrerseits beruht unsere ganze Kultur auf dem christlichen Glauben. Da gibt es ja auch eine Menge Gutes. Nächstenliebe. Anweisungen, wie man mit den Mitmenschen umgehen soll. Sämtliche Religionen zeigen Möglichkeiten auf, wie man sich sozial verhalten kann. Aber auch in diesem System wurden und werden unfassbare Gräueltaten begangen. Hexenverbrennungen, Sklaverei, Inquisition, Ablasshandel. Es hat sich gelohnt, unchristlich zu sein. Da staunst du Bauklötze, was da alles gelaufen ist.

Die ersten paar Male, als ich mit Hilfsorganisationen in Afrika war, war ich auch in einem Lepra-Hospital. Da war eine relativ alte italienische Nonne. Sie war gerade dabei, einen Leprösen zu waschen. Ich fragte sie, ob sie die AIDS-Politik der katholischen Kirche eigentlich okay findet. Wie sie damit zurecht komme. Sie sagte den wunderbaren Satz: "You know, the pope is in Rome. But we are in Africa." Das war eine Frau, die mitten im Leben stand. So jemanden respektiere ich natürlich total. Dieser Mensch hat umgesetzt, was die Religionsstifter sich womöglich mal gedacht hatten. Praktizierte Nächstenliebe.

Für mich ist das die größte Paradoxie, in der wir leben. "Diener Gottes", die sich an Kindern vergehen. Und dahinter steht eine Jahrtausende alte Sexual- und Körperfeindlichkeit, die uns von uns selbst entfremdet.

Das ist so schlimm. Es ist so unfassbar schlimm. Ich habe es ja erlebt. Es gibt mittlerweile auch Aufdecker in der katholischen Kirche. Aber dahinter steht eine große vatikanische Lobby, die nach wie vor will, dass alles unter Verschluss bleibt. Religion ist ein Machtfaktor. Zum Gefügighalten. Natürlich nicht nur der katholische Glaube. Viele Religionen.

Ich bezeichne mich ja selbst gelegentlich als rest-katholisch. 51 Prozent gläubig, 49 Prozent agnostisch – vielleicht. Ich weiß zwar nicht, wer dieser Gott ist, aber ich halte ihn für möglich. Im Schlafzimmer hängt ein mexikanisches Kreuz, das habe ich mal von einer Reise mitgebracht. Es vergeht kaum ein Abend, an dem ich da nicht mal kurz hin nicke. Man hat gewissermaßen eine Instanz, an der man sich selbst überprüft.

Ich glaube sogar, dass der Mensch für seine mentale Gesundheit diese Instanz braucht. Praktizierte Nächstenliebe ist doch wirklich eine Möglichkeit, wie wir Krisen überstehen und uns weiterentwickeln können.

Religiöse Symbole helfen. Um meinen Hals hängt ein Kreuz – vor vielen Jahren in Griechenland gekauft. Ein Koranspruch – aus Marokko, uraltes Teil. Einen Anhänger mit den Geburtsdaten meiner vier Kinder. Und das Om-Symbol. Für Gelassenheit (lacht). Aber das alles habe ich nicht gesucht. Das hat mich gefunden. Und ich dachte, das gehört um meinen Hals. Als Erinnerung: Bedenke, du bist sterblich. Memento mori.

Aber man muss Glauben überhaupt nicht religiös aufladen. Du kannst auch den kategorischen Imperativ nehmen. Auch darin ist man gut aufgehoben. Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem andern zu. Das versteht jedes Kind. Wenn wir alle so leben würden – toll! Eine wunderschöne Utopie, die ich noch nicht aufgegeben habe. Ich hoffe, dass es nach dieser Corona-Geschichte bei vielen Leuten angekommen ist. Wir können nicht so weitermachen. Wir können nicht mehr nur Gewinnmaximierung, Immer-mehr und Mauern-bauen propagieren. Das ist der Irrweg, er kommt zu einem Ende. Wenn wir in Zukunft nicht wirklich grün denken und handeln, wird es ganz bitter. Die großen Katastrophen, die zur Zeit ablaufen, sind alle menschengemacht.

Ich stimme dir zu, dass "Zurück zur Natur" ein guter Lösungsansatz für die aktuellen Probleme ist. Aber gerade in Bezug auf unsere Kinder halte ich es für wichtig, dass wir ihnen nicht nur das Bild einer unheilvollen Zukunft zeichnen. Ich glaube, wenn wir gesellschaftliche Veränderungen anstoßen wollen, ist Angst kein gutes Mittel. Das hat für mich auch der Umgang mit Corona gezeigt.

Wir können aber nicht mehr viel lavieren und abwägen. Es gilt jetzt, ernsthaft zu sein. Ich mag zum Beispiel keine populistischen Politiker, die ihren Wählern nach dem Mund reden. Es gibt auch Populisten, die nicht als Populisten zu erkennen sind. Die einfach nur wiedergewählt werden wollen, um in irgendeiner Partei ihr Brot zu verdienen. Momentan höre ich Karl Lauterbach von der SPD sehr gerne zu. Er hört nicht auf zu sagen: "Wir sind nicht vorsichtig genug, es reicht nicht. Wir machen große Fehler." Er weiß ganz genau, das wird nicht honoriert werden. Ich bewundere Politiker, die in der Lage sind, auch schlechte Botschaften rüberzubringen, denn in der Regel wird der Überbringer der schlechten Botschaft bestraft. Das sollte man nicht tun. Lauterbach hat da nichts von, schlechte Botschaften zu überbringen. So jemanden kann ich für voll nehmen. Andere nicht.

Ich habe auch einen großen Respekt vor Angela Merkel, auch wenn ich sie nie gewählt habe. Spätestens seit der sogenannten Flüchtlingskrise. Seit ihrem Satz "Wir schaffen das", der hat mir in seiner Positivität sehr imponiert. Ich weiß nicht, ob der spontan kam oder vorkomponiert war. Sowas ist jedenfalls eine sehr gute Headline.

Was glaubst du, warum fällt den Menschen Veränderung so schwer?

Weil wir Gewohnheitstiere sind. Aber Veränderung fällt gar nicht so schwer. Es ist die Frage, wo die Veränderung hingeht. Ob man für eine Veränderung auch in Kauf nimmt, selbst auf etwas zu verzichten. Ständiges Wachstum zu predigen – das ist wie dem Esel die Mohrrübe vor die Nase zu halten, damit er weiterläuft. Oder du sagst: Uns wird es nur besser gehen, wenn wir alle bereit sind, auch mal auf etwas zu verzichten. Das ist nichts Neues. Zur Zeit meines Studiums war Konsumverzicht schon ein großes Schlagwort. Ich glaube, Joseph Beuys hat das geprägt. Damals dachte ich, was meint er eigentlich? Jetzt weiß ich: Verzichten kann und muss man lernen.

Es gibt ja bereits ganz handfeste Sachen. In allen Städten ist mittlerweile klar, dass die Motorisierung nicht mehr so weitergeht. Dass man sie sogar eindämmen muss. Und von Mal zu Mal wenn ich nach Berlin komme, stelle ich fest, mehr Menschen fahren auf Fahrrädern. Das ist ein guter Weg. Auch die Art und Weise der Ernährung verändert sich. Ich bin seit 25 Jahren Vegetarier und zuhause lebe ich sogar vegan. Ich will nichts mehr essen, was Eltern hat. Vor zehn Jahren war das Thema noch viel komplizierter und weniger akzeptiert. Da sind mittlerweile bereits Prozesse eingeleitet, wo man merkt, etwas Fundamentales wurde verstanden. Denn man kann leider nicht alles dem Markt überlassen. "Der Markt regelt das schon", hieß es immer. Tut er nicht.

Gott sei Dank ist auch durch Corona die Massentierhaltung richtig in die Medien gekommen. Eigentlich ein Thema zum Weiterzappen, Weiterblättern. Wie im alten Peter-Sellers-Film "Being There", wo Mr. Chance mit seiner Fernbedienung alles wegzappen will, was ihm Angst macht. Aber jetzt kann man nicht mehr wegzappen. Die Krise ist da und ist real. Und jetzt sehen es viele Leute. Und auch das gibt Hoffnung zur Veränderung.

Du sprichst einen Wertewandel an. Bist du mit dem Bild aufgewachsen, dass Männer nicht emotional sein dürfen?

Das mag sein, aber in meiner Familie war das nicht so. Indianer weinen nicht. Das ist völliger Quatsch. Ein Klischee. Warum sollen sich Männer weniger gefühlsbetont als Frauen verhalten? Ich bin Vater von zwei Söhnen und von zwei Töchtern. Ich weiß Bescheid (lacht). In meinem Elternhaus ist mir damit auch nie jemand gekommen. Meine Eltern waren sehr herzlich. Sie waren beide grundverschieden. Gemeinsam haben sie mich geformt. In meiner Familie gab es den Aberglauben, ich sei die Reinkarnation meines Großvaters, der Kirchenmaler war. Meine Mutter hat immer dafür gesorgt, dass ich alles, womit ich mich künstlerisch verwirklichen wollte, auch tun konnte.

Nach welchen Werten erziehst du deine Kinder?

Zunächst mal mit ganz viel Liebe. Verständnis. Wenn ich meine Kinder respektiere, werde ich auch Respekt zurück kriegen. Respekt kannst du ja nicht verordnen, den musst du dir verdienen. Wir sind ja nicht auf dem Kasernenhof. Kindern beibringen, was Empathie ist. Kinder sind sehr empfänglich dafür. Man muss sie nicht überreden. Und so früh wie möglich auf Augenhöhe agieren. Als Elternteil bist du natürlich verpflichtet, dass du deinen Kindern etwas beibringst. Aber milde. Mildes Beibringen. Nicht schlimme Erfahrungen machen lassen und anschließend eine Moralpredigt halten. Eigentlich, wie ein Schutzengel hinterhergehen und gucken. Wenn du ausrutschst, bin ich da. Vielleicht mal ins Ohr flüstern "da lang". Aber nicht aus dem Helikopter (lacht).

Danke für das Gespräch. Eine letzte Frage: Wenn du heute – dir selbst am schlimmsten Tag deines Lebens – einen Rat geben könntest:

Kennst du die Peanuts? Charly Brown und Snoopy? Snoopy ist gewitzt und Charly Brown immer etwas grüblerisch. Sie sitzen zusammen irgendwo auf einem Bootssteg. Charly Brown sagt: "One day we will all die." Snoopy antwortet: "That's true. But all the other days not."

Das gefällt mir. Diesen Comic hat mir eine Bekannte geschickt, die selbst unter ihrer Krebserkrankung leidet. Mit dem Bewusstsein: "Verdammt, irgendwann geht es zu Ende." Sie schickte mir nur diese zwei kleinen Bildchen. So what?!

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Bap

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