Macht den Grill an, es gibt Beef: Bushido macht Werbung für Aral, einen Energydrink und sein nächstes Album. Sein Opfer schoss bereits präventiv mit "Ja Capi" zurück.

Dubai / Berlin (dani) - Bin ich in ein Zeitloch gefallen? Werden wieder Disstracks gemacht? Es sieht fast so aus: Anscheinend besinnen sich Bushido und Capital Bra darauf, wie der Kampfsport Rap einst funktioniert hat, und gehen sich gegenseitig in Trackform an die Gurgel. So sollte es ja eigentlich laufen, und in aller Regel sorgt Disstrack-Ping-Pong ja doch für ganz gutes Entertainment. Als Bushido dieser Tage aber angekündigt hatte, er wolle es einem seiner vielen Ex-Busenkumpel am Freitag, also heute, aber mal so richtig zeigen, hielt sich meine Erwartungshaltung dennoch in übersichtlichen Rahmen. Das letzte Mal, dass Bushido mich (abseits seiner unvergleichlichen Gerichtsshow-Telenovela, die ist episch!) gut oder auch nur leidlich unterhalten hätte, liegt doch schon ziemlich lange zurück. Aber die Hoffnung ist ein zähes Biest, deswegen schauen wir uns "Dark Knight" erst einmal unvoreingenommen an:

Uff. Ja, was soll ich sagen? Das Beste an diesem Track dürfte seine Länge sein. Es wäre leicht vorstellbar gewesen, dass das Ding wieder zu so einem Zwanzig-Minuten-Endlos-Geseiere ausufert, wäre ja nicht das erste Mal gewesen. Dankenswerterweise stiehlt uns "King Bushido" aber nur gut fünf Minuten Lebenszeit, das geht ja noch. Den Beat verantwortet er zusammen mit Gorex und Alex Dehn selbst: Nichts Aufregendes, ein bisschen finster, ein paar unheilvolle Chorschnipsel im Hintergrund, insgesamt atmet das Ding massive Massive Attack-Vibes, "Teardrop", etlichen wahrscheinlich noch aus dem "Dr. House"-Vorspann vertraut, lässt grüßen. Kann man so machen, als Basis für einen charismatischen Rapper, der irgendetwas zu sagen hat: sicher tauglich. Der Beat lenkt jedenfalls nicht allzu sehr von den Lyrics ab.

Charisma? Lyrics?

Womit wir schon bei den beiden Problemen wären: dem Charisma und den Lyrics. Ersteres geht Bushido halt leider komplett ab. Er rappt den Kram, den er da angeblich über Capital Bra zu sagen hat, in einer Weise stoisch und unbeteiligt runter, ich kaufe ihm einfach keine Sekunde ab, dass da auch nur ein Funken echtes Gefühl im Spiel ist. Keine Enttäuschung, keine Verletztheit. Auf mich wirkt das, als habe sich sein Manager in einem sterilen Konferenzraum mit irgendwelchen Werbeagentur-Fuzzis zusammengesetzt und auf weißen Flipcharts ein Marketingkonzept ausbaldowert:

"Früher gabs doch mal dieses 'Beef', damit ließen sich doch immer ganz gut Platten verkaufen, und wir haben ja demnächst dieses Album am Start, 'Rex Aeternum' ..." "Ja, stimmt, lass das machen, das wirkt dann auch gleich back-to-the-roots-mäßig real und authentisch, das mögen die alten Fans. Ist bestimmt gute Werbung." "Apropos Werbung, wir können da gleich noch eine Tankstellenkette und einen Energydrink-Hersteller ins Boot holen, dann finanziert sich das Video von selbst." Am Rande die Frage an meine Jura-Dudes und -Dudesses da draußen: Ab wann müssen Produktplatzierungen in so einem Video eigentlich gekennzeichnet werden? Der Clip selbst, verantwortet hat ihn Orkan Ce, wirkt dann auch wie eine überlange Reklame, durch die ein Typ stolpert, der wohl ein Capital-Bra-Look-A-Like sein soll, was ohne die Kappe und den Gucci-Sweater aber wirklich niemand bemerkt hätte. So weit, so lahm.

Im Vergleich zum Text erscheinen die Bilder aber immer noch wie eine Musenkuss-Orgie. Wer auch immer Bushido diesmal die Verse geschrieben hat, vielleicht war er es sogar einmal selbst, hat jedenfalls dafür gesorgt, jeden Funken eventuell aufkeimender Originalität auszumerzen. Als Haupt-Angriffspunkt hat Bushido Capital Bras Drogensucht ausgemacht, auf der er Zeile für Zeile herumreitet und dabei wirkt, wie der Schulhofmobber, der sich über einen Klassenkameraden mit Behinderung lustig macht. Wenns denn stimmt, dass Capital Bra ein Drogenproblem hat (und es sah zeitweise schwer danach aus), dann zeichnet es schon ein armseliges Bild, wenn ein erwachsener Mann, der sich zudem als verantwortungsbewusster Familienvater in Szene zu setzen versucht, dahinter keine Krankheit erkennen kann oder will, sondern mitleidslos eine Demütigung nach der anderen daraus strickt.

Unfreiwillig komisch

Das bisschen Komik, das "Dark Knight" bietet, entsteigt aber ohnehin dem klaffenden Abgrund, der sich inzwischen zwischen der Kunstfigur Bushido und dem ja ebenfalls unentwegt medial dauerpräsenten Herrn Anis Ferchichi auftut. Alter, hört der sich eigentlich noch zu? Bushido spricht Capital Bra, mit Recht oder nicht, die Vaterqualitäten ab, beschwert sich darüber, Capi habe gedroht, seinen Kindern Gewalt anzutun, hat selbst mit Gewaltandrohungen gegen dessen Mutter offenbar aber kein Problem: "Heute fick ich seine Mutter radikal", zieht er eine an Ranzigkeit schwer zu überbietende Line aus dem verstaubten Hut, mit der er wahrlich auch kein gutes Vorbild abgibt. Was genau hat jetzt Capitals Mutter mit der Sache zu tun? Ganz davon abgesehen, dass Anna Maria Ferchichi ihrem Gemahl derlei wohl niemals gestatten würde und inzwischen wahrscheinlich niemand auf diesem Planeten mehr glaubt, Bushido würde wagen, irgendetwas ohne ihr Einverständnis zu tun.

Auch sonst lehnt er sich gefährlich weit aus dem Fenster, wenn ausgerechnet er Capital Bra Wendehalsigkeit vorwirft, oder, dass er Schutz, wahlweise bei irgendwelchen organisierten Kriminellen oder den Behörden gesucht habe, sobald ihm die Dinge, finanziell und/oder zwischenmenschlich, über den Kopf gewachsen waren. Immerhin kann man Bushido nicht vorwerfen, sich auf diesem Gebiet nicht bestens auszukennen. Wenn er allerdings Capital Bra ein Schicksal als "der erste Drogentote der Geschichte" herbei-orakelt, frage ich mich schon, unter welchem Stein er wohl die letzten Jahre Hip Hop-Historie verschlafen haben mag.

Relativ entlarvend finde ich, wenn jemand, der unentwegt über fehlende Loyalität, Treulosigkeit, Gewinnstreben und Untreue der anderen herumheult, als einzig wirklich glaubwürdigen Satz einen des Kalibers "Du bist mir nicht mehr von Nutzen" raushaut. Tja, würde sagen: Wie man in den Wald hineinruft ... Bin mittelmäßig gespannt, wie viel Selbstdemontage dieser Sorte Bushidos Album noch bergen mag. "Rex Aeternum" erscheint, so heißt es jedenfalls momentan, am 9. Februar.

Ja, Capi!

Capital Bra hat übrigens, gewohnt überlegt, schon auf Bushidos Ankündigung seines Disstracks reagiert und selbst einen Schnellschuss veröffentlicht. Auf "Ja Capi" verspricht er neben Bushido auch gleich Yakary und NGEE Geschlechtsverkehr. Zudem prophezeit er darin: "Vielleicht kommt jemand und schießt dir in dein Hinterkopf, vielleicht könnte das passieren." Ähem. Ja, das finde ich stellenweise zwar auch erheblich dumm, hab' dabei aber wenigstens nicht den Eindruck, dass da eines Rappers eigene Wachsfigur agiert:

Fotos

Bushido

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