laut.de-Kritik

"Ich fick' auf euren Gendertrend", blökt der deutsche Andrew Tate.

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King Orgasmus One hat schon einige Phasen durchlaufen. Er kam aus dem tiefsten Untergrund ("Es Gibt Kein Battle"), konzentrierte sich auf Hardcore- ("Schmutzige Euros") oder basslastigen Porno-Rap ("Porno Mafia") und begab sich mit Schwartz auf das hierzulande wenig beackerte Exploitation-Feld ("Folterkeller Der Zombienutten"). Eine kommerzielle Periode als Imbiss Bronko ("Fettsack 4 Life") findet sich ebenso in seiner Diskografie wie literarische Ausflüge ("La Petite Mort"). Seit einigen Alben tritt Alice Schwarzers Erzfeind nun mit rechter Identitätspolitik in eine neue Entwicklungsstufe ein.

"Ich fick' auf euren Gendertrend, ich bin Menschenfeind", lautet die rückschrittliche Marschroute in der Auskopplung "Orgi Macht Rap". Muffelig zieht er gegen Transgender und die One-Love-Binde der Nationalmannschaft zu Felde. Visa Vie erfährt Spott für ihre chronischen Erkrankungen, während er Mia Julia und Cardi B für ihre mutmaßlichen Bettqualitäten belobigt. Um die rechten Kommentarspalten gänzlich abzudecken, zieht er auch die Impfung ins Lächerliche. "Er sagt das, was wir denken", lobt er sich aus der Perspektive des wankenden Publikums für seinen mutigen Widerstandsgeist.

Wann sagt ihm jemand, dass es eben kein Zeichen männlicher Souveränität ist, sich mit Händen und Füßen gegen alles abseits patriarchaler Strukturen zu wehren? "Hip Hop ist zurück, doch du bist nur ein Gay", betont King Orgasmus One über das verschrobene Instrumental von "Oh Wie Gut". Die meisten Vertreter der Generation Z würden seine Einlassungen wohl kurzerhand als 'cringe' abkanzeln. Doch die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit. "Du klebst dich auf Straßen, ich fahr' drüber. Klimaaktivisten? Fick deine Mutter!", grölt er der Letzten Generation in "Mein Schnapp" entgegen.

Neben derlei Fremdschammomenten dominieren auf "I Luv Money" die bekannten toxischen Ansagen. Da begattet der selbsterklärte "King" allerlei Mütter, während Buaka und Semibeatz den Representer längst nicht so breitbeinig produzieren, wie sie zu denken scheinen. "Ich mag Frauen nur, wenn sie zu mir aufschauen", bietet der deutsche Andrew Tate in "Das Orgus" halbfreiwillige Einblicke in seine marode Psyche, "Mein Herz ist gebrochen. Hab' 'n Hass auf die Fotzen". Und in "Fick Die Ex 4" geht er ungeniert fremd, fährt aber völlig aus der Haut, weil sich die Partnerin wie eine "Hure" schminke.

"Fick Die Ex 4" bedient sich locker an Xzibit, wobei sich King Orgasmus One am "Restless"-Rapper gleich einen Bruch hebt. Seine US-Referenzen mögen sympathisch sein, im Album-Kontext ergeben sie zumeist wenig Sinn. Da beruft er sich mal auf Notorious B.I.G. und Ganksta N-I-P ("Oh Wie Gut"), Master P und Travis Scott ("Money & Fame") oder Mobb Deep und Cypress Hill ("Real Hip Hop"). Zumindest überzeugt letztgenannter Boombap-Lobgesang mit einem respektvollen Hauptdarsteller, einem hörbaren Part des wenig bekannten Benyo51 und einem klassischen Instrumental von Contrabeatz.

Wie ein Blick zurück mutet auch "Ghetto Aus Prinzip" an. Der längst in wärmere Gefilde abgezogene King Orgasmus One skizziert seine gentrifizierte Heimat als Moloch in Grauschattierungen. Ein betonfarbenes Berlin auf ewig konserviert im Beton-Kopf des Rappers. Gedankenverloren begleitet Jordan Beats die Räuberpistolen, in denen die Welt 1998 stehengeblieben ist. "Fick deine Mutter, ich bin immer noch der Gleiche", lautet das wohl ewig gültige Credo, bis er sich in "Nie Mehr" mit einer 180-Grad-Drehung von eben dieser unverbesserlichen Haltung abwendet.

Erneut beendet der Hardcore-Rapper ein Album damit, sich als geläuterter Familienmensch zu gerieren, den der ganze Trubel nicht anficht. "Liege wach und ich mache mir Gedanken. Ich bin gereift, euer Papa ist erwachsen", verspricht er seiner Sippe und ergänzt wie aus dem "Fast & Furious"-Fundus: "Familie ist alles." Doch wenn sich die Verwandtschaft zu Weihnachten versammelt, wird Orgi wohl trotz allem die Rolle des sonderbaren Onkels einnehmen, der sich extra zum Feste mit dem neuen "Ich gender nicht! Ich habe einen Schulabschluss"-Shirt aus Mario Barths Onlineshop eingedeckt hat.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. King (mit Avaz)
  3. 3. Oh Wie Gut
  4. 4. Jung & Verrückt (mit Fäbson)
  5. 5. Ghetto Aus Prinzip
  6. 6. Bist Du Glücklich? (Skit)
  7. 7. Fick Die Ex 4
  8. 8. Mein Schnapp (mit Papke)
  9. 9. Orgi Macht Rap
  10. 10. Nosferatu (Skit)
  11. 11. Das Orgus
  12. 12. Real Hip Hop (mit Benyo51)
  13. 13. Money & Fame (mit JamanOh)
  14. 14. Muchachos (mit Dadash069 und Mehmet Meth)
  15. 15. Geschöpf Ihrer Vorstellung (Skit)
  16. 16. House Of Pain (mit Jindo109)
  17. 17. Nie Mehr (mit Moe Phoenix)
  18. 18. Outro

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9 Kommentare mit 53 Antworten

  • Vor 4 Monaten

    Um Himmelswillen, jetzt war ich wegen im Mario Barth Onlineshop. Fremdscham ist gar kein Ausdruck.

    Achja, Orgi ist und bleibt halt ein lächerlicher Wicht.

  • Vor 4 Monaten

    man kann von orgi und seinen lyrics halten, was man will. der mann hat aber UNFASSBAR VIEL für den deutschsprachigen untergrund rap getan. ich kenne keinen künstler mit einem ähnlichen standing in der szene, der so konsequent den nachwuchs und unbekannte acts fördert. darunter auch female mcs. auf diesem album zb diese jindo109. sonst kitty kat, she-raw
    ansonsten waren die pörnchen sampler und die ilm lable sampler immer eine möglichkeit für junge und unbekannte künstler sich zu zeigen.
    orgi hat, damals, haufenweise leute aus dem bunker umfeld gepushed und released.
    orgi hat atzen aus dem vbt-umfeld wie porta-one oder duzoe und dollar john, die jetzt als ODMGDIA gefeiert werden, die chance gegeben sich jenseits des vbt zu etablieren.
    und orgi tritt den 490-kiffern in den arsch und hat die letzten auditive lebenszeichen von friedhof chillern und straßenspielern released...

    • Vor 4 Monaten

      Das ist ja alles richtig, aber dann hätte er sich vielleicht ma darauf konzentrieren und das selber Rappen bleiben lassen sollen. Diese Erkenntins hatten Leute wie Elvir oder Staiger ja nun auch.

    • Vor 4 Monaten

      und warum sollte er das rappen sein lassen? weil sein schaffen dein wokes gemüt zu sehr triggert?

    • Vor 4 Monaten

      Weil er es, wie die genannten, nicht vorzeigbar hinbekommt, zB. Aber klar: Von mir aus auf jeden Fall auch, weil er ein widerlicher Wichser ist.

    • Vor 4 Monaten

      ein widerlicher wichser zu sein ist doch teil dieser kunstfigur.

    • Vor 4 Monaten

      Ich glaube, das kriegt er auch ganz ohne doppelten Boden hin ;) Ist aber eigentlich auch egal, weil die Art Männerfantasie, die am Ende bei rumkommt, mMn sowieso spätestens durch die umgebende Realität verwerflich wird.

      Ja, über Imbiss Bronko und einige Lines seiner Hauptfigur hab ich auch mal gelacht, über seinen Auftritt bei Schwarzer sowieso, aber eigentlich finde ich auch daran aus heutiger Sicht vieles traurig. Dass er sich in den letzten Jahren vermehrt vermehrt humorbefreit und dafür umso verbitterter zu gesellschaftlichem Fortschritt äußert, tut sein übriges.

    • Vor 4 Monaten

      "und warum sollte er das rappen sein lassen? weil sein schaffen dein wokes gemüt zu sehr triggert?"

      Nein, weil er ein Wack MC ist. Deshalb auch der Verweis auf Slick One und Staiger. Das würdest du auch checken, wenn du deinen leicht retardierten Beißreflex mal ein bißchen im Zaum halten könntest.

    • Vor 4 Monaten

      Ich checke vor allem das du ein woker speckpesel bist, der die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat und sich von einer Kunstfigur triggern lässt.

    • Vor 4 Monaten

      0 triggered, der Typ rappt einfach nur wack. Das is auch alles, was ich hier gesagt hab.
      Clown.

    • Vor 4 Monaten

      Mensch brauch sich nur mal Vorhang auf anhören, um zu checken, dass Orgi ein schlechter Rapper ist. Geht vollkommen unter neben Bogy, Arzt und v.a. Takti. Hat er über die Jahre bisschen was dazu gelernt? Ja. Ist er dennoch ein ziemlich wacker Rapper? Ja. Und das sag ich ganz unabhängig von Sexismus-trarara-wokiwoki-blabla. Orgi ist halt auch massiv schwächer als andere Rapper mit fragwürdigen Ansichten/retardiertem Frauenbild.

    • Vor 4 Monaten

      Da gerät die geballte laut.de wokeness massiv in Wallung :lol: auf einmal sind sie alle orgy Experten und kennen jeden Track, während sie nebenbei den wack Mc Grim pumpen

    • Vor 4 Monaten

      Also ich hab von Orgi folgende Sachen gehört: Porno Mafia, Rap aus Berlin, Berlin bleibt hart, OrgiAnal Arschgeil, Schmutzige Euros 1 und 2, diverse Orgi Pörnchen Soundtracks und iwas von Imbiss Bronko gehört. Einfach weil die früher im Bekanntenkreis kursierten. Wahrscheinlich auch noch mehr, war aber auch nie ein sonderlich großer Fan. Wenn mensch sich freut, dass zur Abwechselung mal ein Arzt-Part kommt, dann muss der davor halt schon ziemlich kacke gesesen sein. :lol:

      Und seit dem Comeback fehlt ihm auch vollkommen der Humor. Total verkrampfter Jockel, der in einer Schwulenbar mit grimmigen Gesicht und Rücken an der Wand auf das Ende warten würde. Wenn er nicht 24/7 über der hot plate hängt. Da kommt einfach nur noch Gram, und dann hör ich lieber Grim, si.

    • Vor 4 Monaten

      Grim scheint den kleinen Sodhahn ja hart zu triggern :lol:

    • Vor 4 Monaten

      Gueldi mit einem Konter der exakt so vom Lautuser kommen könnte. Das letzte Wort hat er auch immer, ganz so wie es sich für einen zertifizierten Pesel gehört.

    • Vor 4 Monaten

      Dafür, dass du noch einen draufsetzten musst, hats ja offensichtlich gereicht.

    • Vor 4 Monaten

      Also ich hoffe ja inständig, dass dieses Scheissgelaber von Sodi wirklich nur Triggerung ist, muss aber zugeben, dass ich das inzwischen nicht mehr glaube. :(

      Wer konstant "woke" als abwertendes Attribut verwendet, sollte sich dringend löschen und uns hier ferlassn, auch wenn es Sodi ist.

      Zu Orgi: Der Typ ist einfach ein Stück Scheisse, sowohl als Mensch als auch als Rapper. Ist halt diese typische Berliner Rapmucke, die man irgendwann mit 15-17 halt gefeiert hat, weil "hehehe, er hat schon wieder F*tze gesagt, hehe!", aus der man aber halt irgendwann mal rauswächst, sobald das Gehirn nicht mehr durch Pubertätshormone überlastet ist und dazu ist er halt auch noch besonders wack im Vergleich zu anderen Berliner Rapper aus dieser Zeit.

    • Vor 4 Monaten

      @Hai: ich kann dir dichtmal die genaue definition von "woke" nennen, da ich ein ungebildeter erweiterter hauptschüler bin. mich störte hier einfach, dass nach meinem eindruck in diesem faden leute auftauchten, die den letzten orgy track 2004 gehört haben und sich dann trotzdem als rapexperten und vor allem als verfechter von frauenrechten aufspielen. bevor sich hier wieder der falschen angesprochen fühlen, caps und dich meine ich damit nicht. habe selber den fickificki und thai puff humor von orgy noch nie wirklich gediggt. mag an seinem schaffen eher tracks wie schlagstock sound ohne fäkal und fick humor. glaube auch nicht, dass sich irgendwo frauen von seinen texten herabgesetzt fühlen, zu gering die recihweite. orgy findet doch hauptsächlich im eddl-atzen umfeld in der platte statt. bildungsferne schichten, auch ohne den konsum seiner text. jetzt beruhigen wir uns alle, ich werde den begriff "woke" bei gelegenheit googlen und hier erstmal nicht mehr droppen. frohes fest für euch alle & sorry an gueldi, den "speckpesel" nehme ich hiermit ebenfalls zurück!

    • Vor 4 Monaten

      "woke" ist die möglichkeit für cuckservative boomer, die seit xx jahren als nazis und faschos bezeichnet werden, weil sie nicht links sind, sich an allem zu "rächen", was irgendwie links ist...

      ansonsten frohes fest und bald dann graf grim(m)2 mit feat von orgi

    • Vor 4 Monaten

      "Woke" kommt aus der schwarzen Community in den USA aus den 20er oder 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Es handelt sich um eine Selbstbezeichnung von Schwarzen, die den systemischen Rassismus der Gesellschaft erkannt haben. Irgend ein Autor/Dichter hat das zuerst in diesem Kontext benutzt.

    • Vor 4 Monaten

      ich denke woke is gegen teil von wack

    • Vor 3 Monaten

      Orgi ist halt ähnlich wie Bonez MC: Beide haben einen unglaublich hohen Output und waren so gut wie überall schonmal vertreten, haben dabei aber nicht einmal in ihren Texten etwas gesagt, was irgendwie hängengeblieben ist. In Orgis Fall brauchte es erst eine Rezitation Alice Schwarzers, um "ikonisch" zu werden (was auch schon was heißen muss). Manchmal sind sie unterhaltsam, immer vergessenswert. Sie sind eine Sitcom-Folge in Form eines Rappers.

  • Vor 3 Monaten

    ich kenn den Herrn und seine Musik nicht, aber beim Gendern bin ich voll bei ihm dabei!