laut.de-Biographie
King Gizzard & The Lizard Wizard
Auf die Produktivität dieser Combo aus Melbourne ist sicher so manche Band neidisch. In nicht einmal einem Jahrzehnt schmeißen King Gizzard & The Lizard Wizard mehr Alben auf den Markt als einige Acts, die zwanzig, dreißig Jahre länger unterwegs sind. Und das beste: Qualitativ gibts bei dem von Stu Mackenzie angeführten Jam-Kollektiv eigentlich nie was auszusetzen.
2010 schart Mackenzie (Vocals, Gitarre, Flöte) Ambrose Kenny Smith (Vocals, Mundharmonika, Keyboard, Synthesizer), Cook Craig (Gitarre, Sitar, Vocals), Joey Walker (Gitarre, Vocals), Lucas Skinner (Bass), Eric Moore (Schlagzeug, Percussion, Theremin) und Michael Cavanagh (Schlagzeug, Percussion) um sich. Nachdem das Septett sich zunächst nur zum Jammen trifft, wird die Sache ernster, als ein Freund ihnen nahelegt, einen Gig zu spielen. Kurzfristig muss ein Name her und weil Mackenzie "Gizzard Gizzard" ein Kollege aber Jim Morrisons Spitzname "Lizard King" am besten findet, einigt man sich auf King Gizzard & The Lizard Wizard. Die erste Single "Hey There – Ants & Bats" folgt auf dem Fuße, im Jahr darauf erscheinen die EPs "Anglesea" und "Willoughys's Beach".
2012 folgt schließlich das Full-Length-Debüt "12 Bar Bruise". Mit hübscher Eidechse im vom baldigen Stammkünstler Jason Galea gestalteten Artwork, fuhrwerkt die Truppe darauf in Garagen- und Noise-Rock-Gefilden herum. Exzentrisch klingt nur das Ergebnis, sondern waren auch die Aufnahmemethoden. Die Vocals etwa sang Mackenzie nicht über handelsübliche Recording-Mikros ein, sondern übers iPhone.
Weil der Bandleader Western-Filme mag, gehts beim Nachfolger "Eyes Like The Sky" konzepionell in diese Richtung. Die Musik passen King Gizzard & The Lizard Wizard entsprechend an. Die Gitarren spielen heroische Melodien, gewandet in Vintage-Sound. Und Singer/Songwriter Broderick Smith erzählt währenddessen eine verschwurbelte Geschichte von Kindersoldaten, Mexikanern, Indianern und Revolverduellen. Als verschwurbelt lässt sich auch die dritte Platte "Float Along – Fill Your Lungs" beschreiben, die noch im selben Jahr (2013) erscheint. Allerdings diesmal vor allem deswegen, weil die Band auf psychedelischen 70er-Rock-Pfaden wandelt. Zwischen ausufernd spacige Gitarrensoli schiebt Mackenzie auch gern mal Sitar.
Weniger chaotisch geht es auf "Oddments" zu, obwohl auch dieser Output seine ganz eigene Duftmarke trägt. Die laidback-bluesige Garagenrockatmosphäre mit gehörigem Weed-Einschlag durchbrechen Anleihen an die Beatles. "I'm In Your Mind Fuzz" dreht dann wieder eine Groove- und Geschwindigkeitsstufe nach oben – textlich begeben sich die Gizzards in Science Fiction-Welten.
Das rahmengebende Konzept beim bereits sechsten Album in dreieinhalb Jahren, "Quarters", ist ein technisches: Jeder der vier enthaltenen Songs ist exakt zehn Minuten und zehn Sekunden lang. Jazz-Einflüsse kommen nun zum Tragen. Anlässlich des Releases veranstaltet die Band zum ersten Mal das sogenannte Gizzfest. In Melbourne wächst sich dieses zum dreitägigen Event aus, außerdem reisen die Musiker unter dem Banner für jeweils einen Tag nach Adelaide, Perth, Sydney und Brisbane. Die Line-Ups variieren jeweils. Ab sofort wiederholt sich das Happening jährlich.
Den Veröffentlichungsrhythmus beeinträchtigt das wenig. Schon Ende 2015 steht mit "Paper Mâché Dream Balloon" die nächste LP bereit. Diesmal steht alles ganz im Zeichen akustischer Instrumente. Klanglich lassen mal wieder die Beatles und auch Folk grüßen und Mackenzie packt die Flöte aus. Ungleich lauter und hektischer wird es auf "Nonagon Infinity", dem "niemals endenden Album", wie es Mackenzie ausdrückt. Die neun, teils überlangen Tracks münden nahtlos ineinander – und ja: das gilt auch für die letzte und erste Nummer, so man denn schnell genug auf Replay drückt.
Schon auf "Nonagon Infinity" greifen King Gizzard & The Lizard Wizard auf mikrotonale Intervalle (sprich Töne außerhalb des gewöhnlichen Halbton-Musiksystems) zurück. Wie der Titel schon nahelegt, intensivieren sie diese Art des Musikmachens auf "Flying Microtonal Banana", dem Auftakt zum bislang produktivsten Jahr der Bandgeschichte. Ganze vier weitere Scheiben sollen 2017 noch folgen und wie es der Tradition gebührt, haben die Musikanten auch nicht vor, sich dabei stilistisch zu wiederholen.
Für "Murder Of The Universe" engagiert sich die Bande mal wieder einen Erzähler, diesmal Landsfrau und Folk-Musikerin Leah Senior. Die führt durch ein in drei Aufzügen dargelegtes apokalyptisches Szenario, in dem unter anderem ein Roboter mit seiner Kotze Angst und Schrecken verbreitet und der "Lord Of Lightning" gegen "Balrog" kämpft.
Weil King Gizzard & The Lizard Wizard keine Unmenschen sind, versorgen sie ihre in der Postapokalypse zurückgelassenen Fans auf "Sketches Of Brunswick East" mit entspannendem Lounge Jazz. Mackenzie beschreibt das Album als Reaktion auf große Veränderungen in der Welt: "Das ist unser Versuch, Schönheit an einem Platz zu finden, an dem wir so viel Zeit verbrachten." Sowas tut man idealerweise in guter Gesellschaft und so rekrutiert Mackenzie Mild High Club-Mastermind Alex Brettin, um die Songs auszuarbeiten und der Bandname auf dem CD-Sleave wird noch länger: King Gizzard & The Lizard Wizard with Mild High Club.
1 Kommentar mit 14 Antworten
Von King Gizzard reden ja gerade fast alle in meinem erweiterten Subkulturenbekanntenkreis... Mein Brudi hat mich aber zu King Buffalo aus NY State mitgenommen... Haben hier kein Profil, trotz zweier im letzten Jahr veröffentlichten Alben und einem weiteren, das noch diesen Sommer kommt, keine Rezi hier...
...jedenfalls kamen wir gerade eben aus dem Wiesbadener Schlachter gestolpert wo sie ihre aktuelle Deutschland-Tour begonnen haben. Mein lieber Exoplanet... Die sind zu dritt, machen mit Korgs, Soundscapes und Pedal-Overkill locker Atmosphäre für 7 Bandmitglieder und alle Menschen, die die verträumt melodischen Aufbauten von Tool, Oceansize oder auch mogwei who? xD lieben, aber keinesfalls auf den staubtrockenen Groove oder die Riffwalzen klassischer Desert- oder Stoner-Rock-Granden wie bspw. Kyuss, Monster Magnet und Baroness verzichten können werden von King Buffalo echt zur vollsten Zufriedenheit bedient.
War mir vorm Konzi heute völlig unbekannt und nach der Erfahrung gleich Mal Instant Top 20 Live-Erlebnisse. Lange auch nicht so spezifisch in meinem Geschmack abgeholt worden von einer mir unbekannten neuen Band - absolute dringende Austest- und Kaufempfehlung für alle, die sich durch den o.g. Stil- und Referenzmix angesprochen fühlen. Und Red. bitte Mal ne Rezi zu den 3 Herren gleich nach VÖ der Everything Everything-Rezi ca. 2069, hm? Danke.
kannte ich gar nicht. top, danke! eine der besten empfehlungen der letzten jahre hier... hör mich erst in die disko ein, aber burning ist ja sowas von ein geiles prog stoner brett
Bin ebenfalls noch am Anfang der disko, Brudi meinte aber schon richtigerweise, dass die sich aus fast schon bluesig dezenter Instrumentierung über 3 Alben langsam aber stetig zu diesem Stoner-Prog-Monster entwickeln, das sie auf den beiden Alben aus letztem Jahr und wahrscheinlich dann wohl noch mächtiger auf der demnächst erscheinenden Platte entfesseln.
Wäre sicher skeptisch gewesen, ob sie ihre atmosphärischen Albenversprechen live zu dritt wirklich einlösen können, aber Wiesbaden hat da alle Zweifel ausgeräumt - gerade das Looptrack-Game des Gitarristen/Sängers... da ist einfach jede Spur vom Album auch live präsent, selbst seine zweistimmigen Soli... Einfach nur mitreißend, auch wegen der Spielfreude der anderen beiden auf technisch bemerkenswertem Niveau.
Sie sind aktuell noch einige Dates im deutschsprachigen Raum am spielen und ich kann nur sagen, dass ich für nen Ticketpreis von ca. 20€ (Schlachthof WI, je nach Venue evtl. paar €s mehr...) schon viele Jahre nicht mehr so ne in vielen Punkten voll überzeugende Liveshow von einer Band erlebt hab. Mein Bruder und ich haben tags drauf gleich beschlossen, Tickets für ihrn Gig Anfang August in KA zu organisieren.
Freut mich, dass es dich gefunden hat und anspricht!
Sehr guter Tip mal wieder. Scheitern aber trotz größerer Finesse wie die Kollegen von Prisma dann dennoch auch spätestens am stimmlichen und Songwriting-Part im Tool-Vergleich. Kyuss ist auch 'ne sehr großzügige Referenz. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass die live sehr gut reingehen. Auf Kopfhörern bleibe ich aber eher bei ausgewählten Perlen von King Gizz.
Grüße gehen raus
Gebe dir bzgl. stimmlicher Qualitäten recht - das ist mir live schon auch aufgefallen, dass er kein Maynard ist (der er aber auch nicht sein will, imo), jedoch das, was er auf dem Alben macht, das bekommt er live auch uneingeschränkt hin. Im Songwriting steeckt schon unglaublich viel Entwicklung vom Debut bis zu den Platten aus letztem Jahr. Meinte auch bzgl. der Tool-Referenz eher, dass die melodischen Parts schon immer mal wieder an Tool erinnern, jedoch für sich selbst betrachtet - so geschickt mit dem Restsong verwobene Leitmotive wie bei dem L.A.-4er suchst Du im Moment bei King Buffalo häufig noch vergebens.
Und zur Kyuss-Referenz hat sicher beigetragen, dass ich sie erst mal live gesehen hab bei einer Show, die die Band im Nachhinein selbst als außergewöhnlich gelungenen Tourauftakt beschrieb. Gewöhnlich läuft's bei mir wie den meisten ja andersherum und in der Reihenfolge gehört sind sie schon eher im Feld guter bis herausragender Stonerbands wie bspw. OM anzusiedeln als bei den Desertrock-Genregründern. Dass sie jedoch live noch so viel mehr Druck, Groove und Riffgewalt in ihre Kompositionen zu bringen wissen, dass es mir in dem Moment die Kyuss-Referenz entlockt sehe ich aber als zusätzliches Qualitätsmerkmal für King Buffalo.
Viele Grüße zurück!
Bitte nicht vergessen, daß die Kyuss- und Stoner-Anleihen vielleicht mal auf ein paar Platten auftauchen. Sie haben insgesamt 20 Stück geschrieben, darunter war halt auch Jazz, Boogie, Pop, Hip-Hop usw.
Was die Band so auszeichnet ist, daß sie eben nicht wie jede dahergelaufene Rockband ein Pferd komplett totreitet!
@Ragi: Bitte nicht nur die letzten zwei Zeilen jedes Posts lesen, hm? Danke!
Mehr als zwei Zeilen haste aber nicht geschrieben
Insofern sich das nur auf meinen letzten Kommentar bezog, wollte ich dir damit nur eine Hilfestellung geben
Lieb von Dir!
Jedenfalls: Warte mal ab, was aus der relativ gewöhnlichen Frühphase später wurde! Im Moment eine der Handvoll Bands, die Rockmusik endlich mal den Stock ausm Arsch ziehen.
Dieser Kommentar wurde vor 10 Monaten durch den Autor entfernt.
Diggi, wir reden hier über King Buffalo, die leider noch kein Profil und keine Rezi auf laut.de haben, weswegen ich den Tipp hier zu King Gizzard gepackt hab, da die eh gerade in vieler Munde sind und sich deren Fanbase u.U. auch mit King Buffalo anfreunden kann.
Werde das Gefühl nicht los, dass Du Valle hier gerade eine Band empfiehlst, die er bereits allzu gut kennt und zu der er nach ner Hörprobe bei King Buffalo nun wieder zurückkehrt, denn anders interpretiert machen deine Einwürfe im Fred irgendwie gerade nicht so wirklich Sinn für mich...
Ich meine es ergibt Sinn. Sie fangen beide mit King an. Und King Crimson war dem Doc nicht gut genug.
Infame Unterstellungen ma wieder, hab doch geschrieben, dass ich es v.a. aufgrund der mMn momentan häufig angepriesenen und weiterempfohlenen King Gizzard zu denen gepackt hab.
Mit der Fanbase von King Crimson könnten sicher auch leicht Überschneidungen entstehen, denke aber, dass hier und zumindest momentan schon noch 3-5 mehr Musik-Geeks pro Monat aufs KIng Gizzard- als aufs King Crimson-Profil klicken...
So Ragi, dann wollen wir doch mal wenigstens deine Top 20 an KGLW-Songs haben