laut.de-Kritik

Hip Hops Lindenberg qualifiziert sich für den ESC.

Review von

"Fresher than ever, endlich wieder meinen Job machen / Nach der Rockplatte, auf die keiner Bock hatte", heißt es im "Intro" von "Earth, Wind & Feiern". Tatsächlich beschäftigt sich Jan Delay auf seinem fünften Studioalbum mit Themen und Sounds, die ihn seit den Tagen im Eimsbush Basement begleiten. Das schmeckt der Stammkundschaft, schreckt aber diejenigen ab, die schon die Beginner-Comeback-Platte "Advanced Chemistry" für altbacken hielten.

Dabei strengt sich der Hamburger so sehr an, in den Zeitgeist zu passen. "King in meim Ding" fällt unangenehm mit Summer Cem und Autotune auf. Der Gzuz-Effekt wie auf "Ahnma" stellt sich nicht ein. Denn statt alt und neu schlüssig zu verbinden, schnappt sich Delay lediglich den heißen Scheiß und fügt nichts Eigenes hinzu. Vielleicht spricht Summer Cem in seinem Part den Gastgeber an: "Als allererstes wollt ich sagen, dass mir leid tut / Dass ihr alle zusehen musstet, wie der Hype wuchs."

Wie sehr es Delay übertreibt, zeigt "Lächeln". Darin packt der Musiker alles aus, was ihm zur Verfügung steht: ein eingängiger Funkbass, weiblicher Background-Gesang, Bläser, Synthesizer und wieder dieser Stimmverzerrer. Dass Delay sein markant-quäkiges Organ mit einem entsprechenden Effekt belegt, erzeugt Stirnrunzeln. Als würde man einen Ferrari rot anstreichen – quasi wirkungslos fällt das Ergebnis aus.

Uninspiriert klingt Jan Delay, wenn er sich vermeintlich witzig-kritisch an das Amazon-Überwachungsgerät Alexa richtet: "Lass mich nicht im Stich, denn ich hab dir allеs gegeben / Mеin Zuhause, mein Leben." Darüber haben selbst Die Ärzte aktuell auf "True Romance" besser gereimt. Wenigstens hat Delay fünf Jahre nach der Anti-Digitalisierungs-Hymne "Spam" den Anschluss an die Jetztzeit geschafft.

Mit "Saxophon" setzt Delay zur Ehrenrettung an und klingt dabei wie "Searching For The Jan Soul Rebels" in fröhlich. Delay erzählt in einfachen Worten Biografisches und wirkt dabei zur Abwechslung nicht oberflächlich: "Klamotten waren gebraucht / Und keine Ritterburg von Playmobil / Transparente an meinem Haus / Und immer da, wenn Papa auf der Demo spielt."

Im deutschen Vorprogramm des Eurovision Song Contests hat Jan Delay einige Songs spielen dürfen. Dort hat er reingepasst. Zwischen Sarah Connors Tattoos und Barbara Schönebergers extravaganten Kleidern fiel der Mann mit Trilbyhut nicht auf. Ob er will oder nicht, er ist seit 2006 der nette Rapper, den auch das ARD-Publikum mag. Dass er D-Flame für Adlibs auf die Platte und die Bühne holt, bringt den alten Flavour nur bedingt zurück.

So flach wie das Wortspiel im Albumtitel fällt auch die Platte aus. Wirklich viel zu sagen hat Jan Delay auf "Earth, Wind & Feiern" nämlich nicht. Das Album startet spektakulär mit Fanfaren und plätschert dann harmlos dahin. Dub, Reggae, Disco, Rap und Elektro – alles bedient der 45-Jährige. Ja, auf die Rockplatte hatte niemand Bock – was bei mehr als 100.000 verkauften Einheiten infrage gestellt werden darf. Doch "Earth, Wind & Feiern" ist so egal wie Tomatensauce mit Ketchup.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Eule (feat. Marteria)
  3. 3. King in meim Ding (feat. Summer Cem)
  4. 4. Alexa
  5. 5. Spaß (feat. Denyo)
  6. 6. Zurück
  7. 7. Gestern
  8. 8. Tür'n knall'n (feat. Lary)
  9. 9. Lächeln
  10. 10. Saxophon
  11. 11. Wassermann
  12. 12. Nich' nach Hause

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18 Kommentare mit 13 Antworten

  • Vor 2 Jahren

    Ist ein großartiges Album geworden. Mir gefällts und läuft gerade in Dauerschleife. Is mir egal was Stefan Mertlik schreibt. Musik muss gefallen und nicht irgendwelchen Ansprüchen gerecht werden und über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Jan, wenn Du das liest, das Ding rockt wie Sau. Klasse gemacht ????????????????. Achja, wegen dem Album überlege ich mir gerade ein Saxophon zuzulegen. Ohne Witz, wollte ich schon immer, bin in meiner Vergangenheit aber bei der Klarinette ???? hängen geblieben. Grüße nach Hamburg ????????‍♂️

  • Vor 2 Jahren

    Diese ewigen Verrisse. Ich kann’s nicht mehr hören. Wem‘s nicht gefällt, OK. Mach‘s doch selber besser. Selbst der geniale Titel wird kritisiert. Neid? Von mir 5 Sterne. Extra.

  • Vor 8 Monaten

    Meiner Meinung nach sein bisher bestes Soloalbum. Der Stilmix (musikalisch wie textlich) passt. Summer Cem und Marteria wären nicht nötig gewesen.