laut.de-Kritik
Schon hundertmal gehört? Aber nicht so!
Review von Alexander CordasDas muss man sich mal vorstellen. Wenn es nach den ursprünglichen Plänen gegangen wäre, wären diese Aufnahmen nur in Japan erschienen. Damals hatte noch niemand eine Vorstellung davon, dass "Made In Japan" als eines der wichtigsten Live-Alben ever in die Geschichte eingehen würde. Das Album avancierte zum Instant-Klassiker und rief schon bei Erscheinen begeisterte Reaktionen hervor. Die gesamte Fangemeinde dürfte der Ansicht zustimmen, dass die in Osaka und Tokio aufgezeichneten Konzerte perfekt die Quintessenz dessen einfingen, wofür der Name Deep Purple steht.
Wie es mit Klassikern Usus ist, feierte auch "Made In Japan" im Laufe der Jahrzehnte diverse Reinkarnationen. Zuletzt nahm sich der Wunderwuzzi des Prog-Rock, Steven Wilson, der Scheibe an und ließ den Tapes einen Remix angedeihen, der dieser Tage auch in Dolby Atmos erfahrbar sein wird. Wer zu der Mehrheit gehört, die keine adäquate Abspielmöglichkeit besitzt, kann sich aber trotzdem die Stereo-Ausgaben zu Gemüte führen, und meine Herren, hat Wilson hier eine Arbeit abgeliefert!
Es wird unter Garantie wieder Puristen geben, die Wilsons Arbeit nichts abgewinnen können, geht man jedoch vorurteilsfrei an die Sache ran, kommt man nicht umhin, ihm zu attestieren, dass er seinen Job absolut perfekt erledigt hat. Im neuen Mix präsentieren sich vor allem Glover und Paice prominenter. Schon im Opener "Highway Star" hört man das, wenn sich die Band zusammen eingroovt, Gillan den Track ankündigt und Glover die Saiten seines Basses bearbeitet. Paice gibt im Zentrum des Mixes die Groove-Maschine und dann heißt es: Abfahrt.
Das geht vom Empfinden her eventuell ein wenig zu Lasten von Blackmores Gitarre, der Gesamteindruck des Klangs zeigt jedoch eine Band, die absolut perfekt harmoniert und auch so klingt. Selbst Dudes, die das Teil hier schon hunderte Male durch die Boxen gejagt haben, dürfte auffallen, das man aus den Achtspur-Aufnahmen nicht hätte mehr herausholen können. Und ja, Blackmore ist auch im neuen Mix auf der linken Seite zu hören. Wer das originale Setting mit dem Klampfer auf der rechten haben möchte, kann ja einfach seine Kopfhörer drehen oder die Boxen umstellen. So erschien das eben anno Tobak, und hätte Wilson an dieser Stelle Hand angelegt, das Geschrei wäre wieder groß gewesen.
Wie auch immer, die Dynamik, die der Klang hier entfaltet, kommt an einigen Stellen so rüber, als würde man die sieben Songs zum ersten Mal hören. Im Vergleich dazu hört sich der ursprüngliche Mix gerade zu blechern an. Überzeugt euch selbst. Und wer Geld übrig hat, kann sich das Gesamtpaket der damaligen Tour als dicken Brocken in einer 10-LP-Box ins Haus holen, in der neben der neu gemischten Version der Original-LP noch alle drei Japan-Konzerte von 1972 enthalten sind, nebst allerlei Bonus-Krimskrams.
8 Kommentare mit 19 Antworten
Schnuckiputzi des Prog-Rock
Man kann seit einiger Zeit mittels einem KI unterstütztem Verfahren (Stem Selektion) die einzelnen Instrumente wieder auf extra Tonspuren extrahieren. Demnach mit etwas Verfeinerung die Drumspur in die einzelnen Bestandteile von Pacey‘s Ludwig set aufdröseln. Das eröffnet tolle Möglichkeiten für weitere Bearbeitung. Trotzdem eine Wahnsinnsaufgabe die viel Mut erfordert, sich an dieses Meisterstück zu wagen …
Stems mittels KI isolieren geht, ja. Ne Drum-Masterspur in die einzelnen (zwischen zwei und 20) Stems zerteilen aus denen sie sich zusammensetzt - nein.
Warum nicht? 3 Toms, Snare, Bassdrum, Hihat, 3 Becken. So viel muss die KI nicht auswerten. Aber ich widerspreche dir nicht, bevor ich mich in der Sache nicht schlau gemacht habe und/oder ich das Album gehört habe.
https://www.youtube.com/watch?v=NjxUPlkWUT…
Drums können sehr sparsam mikrofoniert werden - soll Cracks geben die mit nur einem(!) Mic ein Kit aufgenommen haben.
Im Regelfall hast du aber sehr viel mehr Mics - Toms, 2x Snare (oben/unten), 2x Kick (außen/innen), HH, 2x OH's, ggf das sog. Wurstmic, dazu noch Raummics, ggf extra Ride Mic, Sidesnare, Gong Kick, usw, usw. Können je nach Größe des Kits 20 Signale oder mehr sein.
Bei mehreren Mics gleichzeitig entstehen Übersprechungen, sog. bleeding. Z. Bsp. hört man auf den Tom Mics die Snare, die Becken usw. Um den Gesamtmix "aufzuräumen", kann der Mixing engineer nun entscheiden, ob er gates auf manchen Signalen einsetzt, d.h. den Laustärke-threshold verändert. So würde man dann auf Tom-Mics nur noch Tom-Schläge, aber kein bleeding mehr von anderen Instrumenten haben.
Der Witz ist aber, dass die Qualität, die "Lebhaftigkeit" von Drum Mixes wesentlich von (gewollten) Übersprechungen und sog. phasing abhängen. Hier sind ein geschultes Ohr, das bewusste Platzieren von Mikrofonen und die Art des Mikrofons, die Wahl und akustische Beschaffenheit des Aufnahmeraums entscheidend.
Desweiteren sind Drummixe processed, d.h. mit Effekten, Kompression, Equalizer etc. belegt. Um einen neuen Mix zu erstellen, braucht man aber die rohen, unbearbeiteten Stems.
Also, selbst wenn, wie in dem Video gezeigt, Stems isoliert werden können, wäre dieses Verfahren für seriöse mixing engineers keine Option, selbst wenn es darum ginge, einen Mix zu re-engineeren, etwa weil die Originaltapes verloren gegangen sind.
Das stimmt für heute, wenn bei jedem Schlag auf die snare 150 kleine Lampen angehen. Das war zu der damaligen Zeit aber überhaupt nicht der Fall und ich gehe davon aus, dass Meister Wilson die Original Tapes vom mittlerweile verstorbenen Martin Birch bekommen hat. Sagen wir mal, wir haben 3 Spuren Ludwig Kit. Mit bleeding und all das lebhafte Zeugs. Egal ob mit stem selection oder ohne, ein Crack wie Wilson kann damit einen fundamental anderen mix rausziehen, wenn er will. Dazu glaube ich, dass er noch ein paar andere Tools im Kasten hat, von denen homeproducers nur träumen können. Ich freue mich aber mordsmässig, dass es hier mal um technische Dinge geht, die letztendlich zu ihrer Zeit State of the Art waren, wenn das Album lausig geklungen hätte, hätte es leider einen beschwerlicheren Weg gehen müssen. So und jetzt kommts was ich immer mal sagen wollte: höre dir mal who do we trink we are über eine wirklich gute Anlage auf Platte an. Gegenüber dem überinszeniertem Zeugs von DP heute, habe ich da regelmäßig Pipi in der Hose, so unmittelbar und fantastisch ist die Aufnahme. Aber, man, ich respektiere deine Ahnung von der Aufnahmesituation voll und ganz , bin selbst Schlagzeuger und (manchmal leider) zählt das Ergebnis. So un jetzt zähle ich noch die micros auf dem originalcover von mij, mehr wie 8 Stück werden es aber sicher nicht…
…. Think …. Haha!
"...ich gehe davon aus, dass Meister Wilson die Original Tapes vom mittlerweile verstorbenen Martin Birch bekommen hat."
Ja logisch. Es ging doch gar nicht um den MIJ-Mix den Wilson offenbar "from scratch" angefertigt hat, sondern darum, mittels KI Stems aus vorhandenen Mixes rausziehen zu wollen und diese dann für nen neuen Mix zu nutzen. Wie gesagt, kann nicht funktionieren.
"Egal ob mit stem selection oder ohne, ein Crack wie Wilson kann damit einen fundamental anderen mix rausziehen"
Wenn er die tapes hat, braucht er doch überhaupt keine KI oder irgendwas. Wat redest du?
"höre dir mal who do we trink we are über eine wirklich gute Anlage auf Platte an. "
Geht nicht, hab weder ne gute Anlage noch Platten. Keine Teufel-Boxen. Bin überzeugter Digital- und Kopfhörernutzer.
Teufel Boxen wirst du in keinem Studio finden oder nur bei Leuten, die der aggressiven Werbung auf den Leim gegangen sind. Spar dir das Geld. Bei 8 Spuren habe ich maximal 3 Spuren für den Drummer. Also eine Sauce bei 8 bis 10 Mikros. So und jetzt willst du die soundedge hihat von Paiste typischer klingen lassen ohne die snare zu verändern. Wie macht man denn das? Ich habe keine Ahnung. Mal Wilson fragen. Du sagst es geht nicht, ich sage es geht. Keiner kann’s beweisen. Gleichstand.
"Teufel Boxen wirst du in keinem Studio finden"
Was ich auch nie behauptet habe. Du sagtest, hör dir XY auf ner guten (Hifi)-Anlage an. Und freilich würde ich mir auch für zuhause kein Teufel kaufen, das mit Teufel ist ein laut'scher running gag bezogen auf die Werbekampagne, die Teufel mal auf laut.de gefahren hat.
"Bei 8 Spuren habe ich maximal 3 Spuren für den Drummer. Also eine Sauce bei 8 bis 10 Mikros."
Äh, nee. Ein Mikrofon = eine Spur.
"Wie macht man denn das? Ich habe keine Ahnung. [...] Du sagst es geht nicht, ich sage es geht."
Du hast keie Ahnung, aber du sagt es geht? Aha. Tipp: Kauf dir mal'n bisschen Kohärenz...
Mittlerweile hab ich deinen Punkt begriffen...du sagst, man kann mittels moderner Technik bestimmte Instrumente am Drumkit (wie ne Hihat), das von wenigen Mics aufgenommen wurde (Gly Johns, Recorderman etc) isolieren und separat mixen. Das stimmt natürlich. Bitte das nächste mal direkt verständlich formulieren.
Braucht man das oben verlinkte Programm gar nicht für, es gibt spezielle Equalizer(-Programme) die sowas können.
"Um einen neuen Mix zu erstellen, braucht man aber die rohen, unbearbeiteten Stems."
Quatsch. Um einen neuen mix zu erstellen kannst du auch stem separation machen und das ergebnis neu mixen. Oder noch mit Filtern die basedrum von den anderen trennen. Oder die spur auseinanderschneiden, gerade wenn der Drum Track relativ leer ist.
Korrektur: Um möglichst viel Freiheit und Entscheidungsspielraum zu haben, braucht man die rohen stems.
"Egal ob mit stem selection oder ohne"
Heißt Stem Separation.
"Dazu glaube ich, dass er noch ein paar andere Tools im Kasten hat, von denen homeproducers nur träumen können."
Da liegst du falsch.
"Und freilich würde ich mir auch für zuhause kein Teufel kaufen, das mit Teufel ist ein laut'scher running gag bezogen auf die Werbekampagne, die Teufel mal auf laut.de gefahren hat."
Na toll... Habe mir nur wegen des Docs "Empfehlung" deren MASSIVE Headphones zugelegt und finde sie eigentlich sehr geil - und jetzt muss ich sowas lesen!
Es ist so sexy, wenn Schwingster Ahnung hat. Ba-Baam!
"und jetzt muss ich sowas lesen!"
Der Doc ist auf der Gehaltsliste des Teufels. Leider wahr
Auch, ja... deswegen durfte ich in dem Werbe-Post auch nicht dazu schreiben, dass ich für Aufnahmen im eigenen Wohnzimmerstudio immer ein Paar aus der Sennheiser Studio Line nutze.
Aber freut mich, wenn dir die MASSIVEs für unterwegs taugen, Duri - tun sie mir nach wie vor ebenfalls außerordentlich gut und die Anekdote(n) in besagten Werbepost waren entsprechend zu 100% meinem RL entnommen.
Such relief
Muss ich mir mal geben, schon aus Nostalgiegründen. Als Teen rauf und runter gehört wie kaum etwas. Mit die wichtigste Platte meines Lebens.
Das war eine meiner ersten LP´s. Damals ein Weihnachtsgeschenk und ich habe diese Aufnahme durchgehört. Insgesamt glaube ich 4* neu gekauft weil ab geliebt und immer noch faszinieren mich diese Scheiben. Über den Mix freue ich mich wenn ich ihn auch inzwischen bei Quobuz höre.
insgesamt waren auf dem Original Release nicht die Songs, die ich gerne live gehört hätte zu der Zeit als ich sie zu Ohren bekam. zB mehr von der Fireball, welche ich heute noch grandios finde.
Es gibt bereits einen Remix von 2014 in einer Deluxe Edition von Deep Purples Made in Japan. Ob dieser neue nun nötig war,muss jeder für sich entscheiden. Ich tendiere eher zu nein.
Ist er, ein Unterschied wie Tag & Nacht. Ich habe beide, der neue bleibt da.