laut.de-Kritik

Die türkis-graue Tristesse des Covers setzt sich im Klang fort.

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Die türkis-graue Tristesse des Cover-Bildes setzt sich im Klang fort. Bernhard Eders "Golden Days" zeichnen ein Stimmungsbild aus Melancholie, Sehnsucht nach besseren Zeiten, Resignation, Verwaschenheit. Der Wiener Musiker wohnte in Berlin, als er anfing, Alben aufzunehmen. Das war, als Mieten dort relativ günstig waren in den 2000ern. In der Indie-Szene florierte das Modell 'The quiet is the new loud". Diese Strömung vertritt der Selfmade-Künstler bis heute ein bisschen, aktuell in "Glorious Land".

Schon lange weilt der Ambient- und Psychedelic-Rocker wieder in Österreich. Die Verbindung nach Deutschland riss nicht ab, das Artwork malte eine Hamburgerin.

Vorzugsweise lange Tracks rollt Eder hier aus, Stücke mit verschwommener Psychedelic und zugleich nachvollziehbar klaren Strukturen, "The Unbeauty Regime" zum Beispiel. Auf der anderen Seite fiept eine fragmentarische Tonstudie in grellen, hohen Lauten eine Minute lang: "Number 2" hört sich so an wie das, was Eder als Soundtrack-Gestalter für Theater-Inszenierungen konzipiert.

Die Stimme des studierten Jazzsängers zeichnet sich durch Klarheit, helle Klangfarbe und Hang zum Harmonischen aus. Al Stewart kommt mir in Verbindung mit Eders wippender Rhythmik und seinen malerischen Melodien in den Sinn. Die meisten Lieder haben knackige Konturen durch prägnante Kickdrums und Surf-Twang an der Bassgitarre. Gelegentliche Orgel-Grundierung verleiht einigen Stücken etwas Erhabenes, zum Beispiel "Impassable" im Intro. Wer das "White Album" der Beatles, Badly Drawn Boy und zugleich die Bossa- und Sixties-Nostalgie der Allah-Las zu schätzen weiß, findet in die Platte sicher gut hinein.

"Nowayout" spannt einen in einem gezupften Intro auf die Folter. Zuerst auf Unplugged gedimmt, pulsiert der Track langsam, ziellos. Nachdem er in flächigem Ambient auftaktet, metamorphisiert sich der Siebenminüter zu einer polyrhythmischen Percussion-Studie nach Art des Tied And Tickled Trio, samt üppigem Dolby Surround-Kinosaal-Sound.

"Consequence" kommt hingegen sofort pointiert zur Sache, unterhält als Singer/Songwriter-Powerpop zum Mitschnippsen mit fetten Riffs, Understatement und einem psychedelischen Instrumental-Mittelteil.

Wo nun ohnehin vieles aus der Musikgeschichte widerhallt, bietet sich eine Spurensuche an. Eder selbst nennt mir folgende Referenzen, um seinen Plattenkoffer mit unverzichtbaren Wertstücken für die einsame Insel zu packen: "Ich muss auf jeden Fall ein Album von den Beatles mitnehmen, würde 'Abbey Road' wählen. Heiligtum! Ich muss ein Album von Radiohead einpacken, da würde ich sogar 'A Moon Shaped Pool' nehmen, das letzte. Das ist nicht so abgenudelt, das kann ich dann noch hundert Mal hören. Dann Beth Gibbons und Rustin Man, 'Out Of Season', von Ben Folds Five 'The Unauthorized Biography Of Reinhold Messner', ein völlig unterschätztes Meisterwerk. Das höre ich immer wieder in ausgewählten Momenten, und da sind wir wieder beim Thema Melancholie: Ich bin dann in einem Ausnahmezustand, wenn ich dieses Album höre. Da kann ich mich einfach so fallen lassen ... Dann darf ich auf keinen Fall Blur vergessen, '13'. Vor allem ab dem vierten oder fünften Track, wo dieser Psychedelic Run dann losgeht, wo's keine Songs mehr gibt, sondern nur noch Strukturen."

Weiß man von dieser Vorliebe für Blur und Ben Folds Five, wirkt der Song "Along Alone" gleich ganz anders - wie ein Déjà-Vu von Momenten dieser Bands. Andere Präferenzen finden sich in Eders nachdrücklichem Spiel mit Wumms wieder: "Ich brauch auch ein Album, wenn ich wütend bin, da würde ich von Faith No More 'King For A Day, Fool For A Lifetime' nehmen, und dann von dEUS "The Ideal Crash'. Die waren ein Einfluss für mich. Ich hab auch die Band persönlich kennen gelernt. Und eine deutsche Künstlerin würde ich mitnehmen, Ilgen-Nur. Ihr aktuelles Album 'It's All Happening' hat etwas von Seventies-Vibes, Fleetwood Mac. Alles Alben, die mich in gewissen Momenten abholen, mir helfen." - Mit seiner intensiven Stimmung hilft auch Bernhard Eders "Golden Days"-LP. Und zwar in Phasen, in denen man sich treiben lassen, aber auch einen gewissen Schwung verspüren möchte.

Trackliste

  1. 1. Touropa
  2. 2. Consequence
  3. 3. In Greece
  4. 4. Number 2
  5. 5. The Unbeauty Regime
  6. 6. Golden Days
  7. 7. Along Alone
  8. 8. Impassable
  9. 9. Glorious Land
  10. 10. Nowayout

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