Porträt

laut.de-Biographie

NoJazz

Zuweilen liefert die Realität die besten Satiren: Einen unpassenderen Namen als NoJazz hätte sich die Formation, die laut der französischen Tageszeitung "Le Monde" als die "Zukunft des Jazz" gehandelt wird, schwerlich auswählen können. Die Entscheidung erweist sich dennoch als nachvollziehbar, liefern die fünf Franzosen doch weit mehr als "nur" Jazz.

NoJazz - Have Fun
NoJazz Have Fun
Funk, Rap, House und, ja doch, Jazz.
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Mit dem neuen Jahrtausend wächst in Paris, der Stadt der Liebe, die Einsicht: Frischer Wind muss auf den Dancefloor. In diesem Sinne finden sich fünf junge Herren, die sich bereits, jeder für sich, in ganz unterschiedlichen musikalischen Bereichen einen Namen machten. Michael Chekli, als DJ Mike bei NoJazz an den Decks, stellt beispielsweise eine zentrale Figur der Pariser Hip Hop-Szene dar, während Saxophonist Philippe Selam (kurz Slam) zuvor unter anderem mit dem Pianisten und Big Band-Leader Gil Evans zusammen arbeitete. Der zweite Philippe im Bunde, Philippe "Balat" Balatier, verdient seine Brötchen eigentlich mit Kompositionen für Werbefilme; er bringt (neben einer Vorliebe für James Brown und die Propellerheads) Keyboards und Sampler mit. Guillaume Poncelets Trompete erschallte bisher in den unterschiedlichsten Kontexten. Nach seinem Studium am Pariser Konservatorium spielte er mit Frank Zappas ehemaligem Posaunisten Glenn Ferris ebenso, wie in den Reihen von Reggaebands und Elektronik-Projekten, neben der Trompete auch gerne Fender Rhodes. Fehlt noch Bassist und Schlagzeuger Pascal "Bilbo" Reva, und NoJazz sind komplett.

Der Sound von NoJazz erweist sich als ebenso vielseitig wie die Hintergründe der Beteiligten: Dominierende jazzige Bläsersätze treffen auf amtliche Scratches, funklastige Rhythmen auf eingängige Hooklines; der Cocktail wird zudem mit immenser Spielfreude serviert. Ab ihrer Gründung im Frühjahr 2000 absolvieren NoJazz zwei Jahre lang einen Live-Auftritt nach dem anderen. Die so gewonnene begeisterte Anhängerschaft schreit allerdings bald nach dem längst überfälligen Debüt-Album.

Dieses erscheint (zumindest in Frankreich) im April 2002. Ursprünglich soll die Produktion den kundigen Händen Fatboy Slims anvertraut werden; tatsächlich durchkreuzt nicht der schlechteste Zufall diesen Plan: NoJazz' Material kommt Teo Macero zu Ohren. Der Saxophonist und Produzent, der für und mit Größen wie Charles Mingus, Miles Davis, Thelonious Monk und Art Garfunkel arbeitete, zeigt sich begeistert und kehrt noch einmal ans Mischpult zurück.

Auf die Veröffentlichung von "No Jazz" folgen zwei hektische Jahre: Die Combo tourt durch ganz Europa, quer durch die USA und Kanada, und schafft es bis nach Japan. Unterwegs knüpfen sie Kontakte, die sich als lohnend herausstellen sollen: Das 2004 erscheinende Remix-Album "No Limits", auf dem von Ragga bis House alle Dancefloorstile vertreten sind, dokumentiert erstmals eine Kollaboration mit Maurice White und den Earth, Wind & Fire-Horns. Zudem machen NoJazz Aufnahmen mit dem französischen Chanson-Star Claude Nougaro, der bereits in den 30er Jahren Poesie mit Swing kombinierte. Gerade noch rechtzeitig, muss man sagen: Nougaro verstirbt 2004, nur wenige Wochen später.

Bei "Have Fun", dem mittlerweile dritten Album, vertieft sich der Kontakt zu den Earth, Wind & Fire-Kreisen: Wayne Vaughn, langjähriger Partner von Maurice White, zeichnet federführend für die Produktion verantwortlich. Ihm sind darüber hinaus die Kontakte zu Stevie Wonder und Terrace Martin zu verdanken. Diese wirken, neben vielen weiteren, wie zum Beispiel dem Flamencogitarristen Louis Winsberg oder dem Percussionisten Mino Cinelu, auf dessen Dienste bereits Pat Metheny, Sting, Peter Gabriel und Miles Davis vertrauten, an "Have Fun" mit. Im Dezember 2005 präsentieren NoJazz ihr aktuelles Material auch einem deutschen Publikum.

Alben

No Jazz - No Jazz: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2002 No Jazz

Kritik von Kai Kopp

Energiegeladenes Hip Jazz-Debut zum Feiern und Abhotten. (0 Kommentare)

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