laut.de-Kritik

An Bob Dylan kommt keiner vorbei.

Review von

Die umfangreich wie liebevoll zusammengestellte Anthologie "Troubadours" bietet seit Sommer 2014 eine hörenswerte Übersicht in Sachen US-Folkmusik in ihren verschiedenen Ausprägungen seit den 1950er Jahren. Doch hört sie abrupt Anfang der 70er Jahre auf, als hätte es danach keinen Folk mehr gegeben.

Das ist natürlich nicht der Fall, wie einige mehr oder weniger international bekannte Musiker (Devendra Banhart, Sufjan Stevens oder Joanna Newsom) beweisen. Auch auf der eher lokal angesiedelten Roots-Ebene erfreut sich das Genre ungebrochener Beliebtheit, zeigt die vorliegende CD.

Der Münchener Fotograf Sebastian Weidenbach stellte die Stücke zusammen und schoss auch die sehenswerten Bilder fürs Booklet. Gleichzeitig ist die Platte der Soundtrack zum Dokumentarfilm "Hard Soil" (2014) des Regisseurs M. A. Littler über die Roots-Szene.

Das äußere Erscheinungsbild mag sich beim ein oder anderen Szenemusiker mit Tattoos, Metal-T-Shirt oder fieser Gesichtsbehaarung gewandelt haben, doch im Prinzip hat sich wenig geändert: Die beliebtesten Mittel bleiben Akustikgitarre, Banjo, Fiddle, Kontrabass und eine mehr oder weniger markante Stimme, die über die Unzulänglichkeiten der menschlichen Existenz singt. "Love, God, Life and Death" von Johnny Cash fasste dies schon 1968 einprägsam zusammen, schreibt der Roots-Musiker Joey Henry von den Calamity Cubesim Booklet.

Die hier vertretenen 16 Bands und Singer/Songwriter sind eher unbekannt. So lehnt man sich gemütlich zurück und genießt das gut abgemischte Akustik-Feuerwerk, das von Rockabilly- und Metal-Anleihen ("Cupid's Gun", "Hold On", "Anchor's The Way" oder "Drunk On Jesus" des großartigen Reverend Deadeye) über Country & Bluegrass ("Lead Me Astray", "The Very Best", "Henry, O My Henry") oder Balkan-Einflüsssen ("Trying Times") bis hin zu Greenwich Village-Folk der Marke Dave Van Ronk (darunter das bemerkenswerte "A Few Towns More") reicht. Natürlich schimmert immer wieder Bob Dylan in seinen verschiedenen Schaffensphasen durch - an ihm kommt auch heute noch keiner vorbei.

"Strange & Dangerous Times" präsentiert sich als spannende Zusammenstellung, die Neuentdeckungen bereithält und dabei auch noch gut klingt. Der einzige Makel, wenn man so will, bleibt, dass keine einzige Frau vertreten ist. Die eine oder andere Dame, die sich von Joan Baez , Hedi West oder Joni Mitchell hat inspirieren lassen, dürfte es doch geben, oder?

Trackliste

  1. 1. Cupid's Gun - Phillip Roebuck
  2. 2. Hold On - My Graveyard Jaw
  3. 3. Wreck Of A Fine Man - Tom VandenAvond
  4. 4. Anchor's The Way - The Calamity Cubes
  5. 5. Hummingbird - Willy Tea Taylor
  6. 6. Drunk On Jesus - Reverend Deadeye
  7. 7. We Might Not Have To Die - The Harmed Brothers
  8. 8. Lead Me Astray - Jayke Orvis And the Broken Band
  9. 9. A Few Towns More - Scott McDougall
  10. 10. Dying Healer Waltz - James Hunnicutt
  11. 11. The Very Best - The Good Luck Thrift Store Outfit
  12. 12. Henry, O My Henry - Hillstomp
  13. 13. Heavy - Possessed By Paul James
  14. 14. Tomorrow Is Another Night - Graham Lindsey
  15. 15. Trying Times - Carrie Nation and the Speakeasy
  16. 16. Bell On A Rope - Joseph Huber

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