laut.de-Kritik
Das Quartett zelebriert 20 Jahre New York State Of Mind.
Review von Dominik Lippe"Me and the Snowgoons will save you like the cavalry", verkündete Nine auf seinem letztjährigen Kollaboalbum mit dem Produzenten-Quartett. Nun steigen die Snowgoons zu ihrem 20-jährigen Jubiläum von den Pferden ab, um als einfache Fußsoldaten in die Schlacht zu ziehen. Für ihre "Snowgoons Infantry" verpflichteten DJ Illegal, Det, Sicknature und J.S. Kuster eine Heerschar an US-Rappern. Neben dem noch immer ausstehenden Wunsch-Rapper Nas fehlt diesmal aber - um im militärischen Bild zu bleiben – die Panzertruppe in Form der ganz großen Namen.
Man habe mehr Wert auf den Sound legen wollen als auf Namen, ließ Frontmann DJ Illegal wissen. Begleitet von flirrenden Streichern und den Drum Corps fahren sie zur standesgemäßen Eröffnung dann aber doch Ill Bill auf, der sich als alter Bekannter bereits auf "Black Snow", "Goon Bap" und "Gebrüder Grimm" verewigte. Die folgenden 70 Minuten erweisen sich als wesentlich kohärenter als etwa Freshmakers "Fusion", was aber auch eng mit der Auswahl der Rapper zusammenhängt.
Von Onyx-Rapper Fredro Starr bis Sean Strange, Illa Ghee, Ali Vegas, Smoothe Da Hustler, Mr. Cheeks, J57, Nine, Ruste Juxx oder INTell dominiert der New York State Of Mind. Auch mit den nachwachsenden Underground-Rappern Crimeapple, Eto, Mooch, Rigz, Jay Royale, Ill Conscious oder Ankhlejohn verlassen sich die deutschen Beatbastler ganz auf die mit Eastcoast-Hip-Hop sozialisierten Künstler des Big Apples. Mit dem Hardcore-Rap erprobten Skits Vicious von Dope D.O.D. und Ras Kass sind zwei sich nahtlos einfügende Ausnahmen von der Ostküsten-Regel dabei.
Diesen Artists kredenzen die Snowgoons eine Palette geschmackvoller Boom-Bap-Beats. Als nahezu ständige Begleiter lassen sich darin die Streicherteppiche ausmachen, die je nach Bedarf einen gemächlichen ("Dragon Blood"), sehnsuchtsvollen ("Honesty & Hard Work") oder dominanten Eindruck ("The Struggle Box") hinterlassen und mal um einen unaufgeregten Piano-Loop ergänzt ("Bad Generals") oder von Bläsern in den Hintergrund gedrückt werden ("The 90's Are Back Pt. 2").
Reef The Lost Cauze, Mooch und Skrewtape sorgen in "Cold Facts" für eine bedrückte Atmosphäre. Adäquat untermalt eine einsame Gitarre ihre Geschichten aus wenig glanzvollen Tagen. Dagegen wirkt "Wardance" vor allem enervierend. Positiv fällt wiederum "Supa Goon" mit dem aus Sicknature und Napoleon Da Legend gebildeten Duo Supa Kaiju aus dem Rahmen. 'Kaijū' bezeichnet die übergroßen Monster rund um Godzilla, die in Japan ein eigenes Filmgenre prägten. Ein passender Name angesichts der Schneise der Verwüstung, die der Song mit jedem Bassschlag hinterlässt.
Überhaupt ziehen sich kinematographische Vorbilder durch die Produktionen. "Murderer's Move" entfaltet mit seinen Spinett-Sounds zunächst Grusel-Flavour, bevor es schließlich das Thema aus "Love Story" musikalisch zitiert und damit den Song ironisch bricht. Während sich das unheilvolle "It's Jamo" an älteren Thrillern orientiert, spielt "The Struggle Box" mit melodischen Assoziationen zum Horrorfilm. Und für das abschließende Highlight "Blessings" scheint der Maestro Ennio Morricone seinen Segen gegeben zu haben.
Einen ähnlichen Film wie Nine auf "King" fahren unter anderen der Bostoner Edo. G und Krazy Drayz von Das EFX auf dem Posse-Track "The 90's Are Back Pt. 2": "Take a walk back in time when Hip Hop was dope / In the 90s we wore timberlands and dookie-ropes." Statt auf dem oldschooligen Instrumental ins neue Jahrtausend zu reiten, beißt sich das Ensemble in der Golden Era fest. Dabei mahnt Reef The Lost Cauze korrekterweise: "Time waits for no man / That clock don't turn back."
Wenn sich die versammelte Mannschaft von den Newcomern distanziert ("Fuck these new niggers") und die goldenen 1990er Jahre hochleben lässt ("Nothing was soft, nothing was whiny, nothing was shiny") wirkt das schnell, als erzähle Opa vom Krieg. Dabei hatte DJ Illegal bereits klargestellt, dass das Kriegsmotiv von "Snowgoons Infantry" natürlich nur stellvertretend für ihren Kampf gegen die Industrie stehe: "Wir sind ja keine echten Kämpfer oder irgendwelche militanten Typen."
2 Kommentare
In der Tat sehr nices Release. Sehr stimmige, klassische NY Boombap Produktionen. Wenn die Snowgoons mal für Nas produzieren würden, könnte das in der Tat gut werden! Das Plattencover ist natürlich übelster Schund!
Brett und stärker als die letzten Alben