laut.de-Kritik

Weltmusik für den Ballermann: Lasst die Orks los!

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Es ist keine Übertreibung, Oonagh als einen Shootingstar der jüngeren Vergangenheit zu bezeichnen. Ihre Nische zwischen Weltmusik, Pop, Schlager, Esoterik-Getüdel und Fantasy-Fee hat sie sich klug erwählt. Das neue Album "Aeria" soll den kommerziellen Erfolg zementieren und ihr den ersehnten künstlerischen Ruf etablieren. Doch vor allem für letzteres fehlen dem Konzept die nötigen Ideen. "Aeria" stellt sich musikalisch leider als nicht satisfaktionsfähig heraus.

Die ganze Platte schreit den Hörer plakativ an: "Ich wäre gern so richtig cool "Herr Der Ringe"/"Game Of Thrones", möchte aber auch die Fans von Schni-Schna-Schnappi, Kaufhausindianermucke, Helene Fischer und provinziellem Ethnoschleim ins Boot holen!" Keine gute Ausgangsposition, wenn man als eigenständige Künstlerin ernst genommen werden will.

Ähnlich verwässernd wie der Zielgruppenansatz gerät auch die Wahl der Songwriter. Sicherlich ist es keine Schande, so man reine Interpretin ist, auf die Dienste anderer zurück zu greifen. Das hat weder Sinatra, noch Turner oder Presley davon abgehalten, Qualität zu liefern. Wer jedoch zirka zwanzig Komponisten und Texter und ein halbes Dutzend Produzenten für gerade einmal 14 Lieder an den Start bringt, ist entweder Madonna oder setzt sich leichtfertig dem Verdacht aus, so gar keinen eigenen Plan zu haben.

Die Kernmitglieder der Mannschaft garantieren folgerichtig den gewohnten Provinzsalat. Der begräbt jeden gelungenen internationalen Trend samt Vorbildern genau dort, wo kein einziger Hahn außerhalb der deutschsprachigen Gegend auch nur ein müdes Krähen übrig hat. Vor allem die Vorbilder à la "Herr Der Ringe" ziehen sie dermaßen öde durch inspirationslosen Epigonenkakao, dass man fast Gollum nachfolgen und ins Flammenmeer springen möchte.

Ein Blick in die Liste ihrer Partners in Crime offenbart die üblichen Nivellierer. Thorsten Brötzmanns Wirken (DJ Ötzi, Modern Talking, Jeanette, No Angels) bleibt konsequent finster und toppt sogar die Unerträglichkeit seiner Arbeiten für Unheilig (darunter "Gipfelstürmer"). Sobald er im selbst verfassten "Yalúme - Der Ort Wo Alles Beginnt" das schmierigste Keyboard-Arrangement seit dem Fall Mittelerdes auspackt, würde man ihm gern den einen oder anderen Ork zum Wachrütteln vorbei schicken.

"Yalúme, folge dem Licht. Es gibt einen Ort, wo alles beginnt!" Der besungene Ort ist hörbar weit, weit weg von den Machern dieser CD. Denn auch die anderen Mitstreiter sind nicht weniger furchtbar. Weder Oliver Pade (Faun) noch Hartmut Krech und Mark Nissen (Santiano, Big Brother Allstars, "Das Schnappi-Album") sind eine Hilfe. Ihre größte Leistung besteht darin, der armen Oonagh das unhörbarste Album des Jahres auf den Fransenteppich zu schneidern, den sie auf dem Cover als Kleid trägt.

Sogar die elbische Sprache bekommt ein unverdientes Schandmal aufgebrannt. Gefangen im üblen Overacting typischer Castingshow-Krähen, bei denen es höchstens zur niedersten aller musikalischer Kunstformen reicht - dem zeitgenössischen Musical - hat das nichtssagende Stimmlein der ehemaligen "Tanz Der Vampire"-Aktrice wenig Gutes und gar kein Charisma zu bieten. Spätestens wenn "Simaril" und "Eccaia" mit Pseudoflöte und Bummsbeat das Elbische zu sich in den Sumpf eines kaum erträglichen Weltmusik-Ballermanns herunter ziehen, wendet der arme Elrond das geschändete Haupt sicherlich ein weiteres Mal von den Zwergen ab. Diesmal jedoch von dem musikalischen Zwergen.

Auch das Prädikat des fiesesten Openers seit langem ist Oonagh mit "Ananau" sicher. Um Welten schlimmer als die gängigen Panflötenterroristen vor den Heimwerkermärkten und dabei so penetrant, dass man dem Ohrwurm stundenlang nicht entfliehen kann. So erweist sich "Aeria" von A bis Z als echte Bewerbung für die goldene Musikhimbeere 2015. "Herr der Finsternis, du brachtest großes Leid über uns!" Nein, werte Oonagh, das schafft deine Platte schon ganz allein.

Trackliste

  1. 1. Ananau - Wo die Höhen Zum Himmel Reichen
  2. 2. Silmaril - Schöner Als Die Sterne
  3. 3. Eccaia - Von Der Flut
  4. 4. Tinúviël - Bis Die Stille Zerbricht
  5. 5. So Still Mein Herz
  6. 6. Lied Der Zeit
  7. 7. Tinta - Von Der Liebe
  8. 8. Ainulindalë - Der Lauf Der Welten
  9. 9. Yalúme - Der Ort Wo Alles beginnt
  10. 10. Sie Singt Für Die, Die Sie Nicht Hören
  11. 11. Aeria - Vom Wind
  12. 12. Feanor - Herr Des Lichts
  13. 13. Meldir Vilui Nîn

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18 Kommentare mit 36 Antworten

  • Vor 8 Jahren

    Mein Album des Jahres. Absolut frischer, feingeistiger Fantasy Folk für Genießer und Genossen, inklusive Metten-Catcher für ländliche Lustburschen.

  • Vor 8 Jahren

    Ein Konzept-Album das seiner Zeit noch lange nachwirken wird.

    Ja, noch eine Rezension über "Aeria" und noch dazu eine 5-Sterne Wertung. Da dieses Album jedoch solche riesigen, ja fast schon hysterischen Auswirkungen nicht nur für 'Oonagh' selbst hat, will ich hier dann doch mal versuchen, dessen Stellenwert für Interessierte klarzustellen, denen das Album oder die Band bis heute nicht sonderlich bekannt sind.

    Sie fingen eher bescheiden mit dem Debüt "Oonagh" an, das für Anfang der 2010er Jahre eine nette, kleine Indie-Rock Platte darstellte, die SEHR an Faun oder Santiano erinnerte und eigentlich für lange Zeit so niemanden hinter dem Ofen hervorlockte. Allerdings gab es diese eine unsterbliche Hymne genannt "Hörst du den Wind (feat. Santiano)", die die Band (vor allem durch massive Forderungen bei amerikanischen Radiosendern angetrieben) dann doch in den Pop-Himmel hievte.

    Als "One-Hit-Wonder" abgetan bringen sie nun schließlich 2015 ihr zweites Werk "Aeria" heraus, das den grungigen Fantasy-Rock des Erstlings durch perfekt produzierte Pop-Stücke ergänzte, die den Grundstein für den dann sehr typisch werdenden "schwermütigen" Charakter und gebrochene Soundstruktur der Band legt. Von Oonagh wir in Zukunft noch einiges zu hören sein.

    Bon Appetit :)

    • Vor 8 Jahren

      Ein perfektes Portrait des Werdegangs dieses großen Künstlerkollektivs.

      Eines macht mir jedoch Sorgen. Die Frontfrau macht auf mich einen hochsensiblen und emotional zerbrechlichen Eindruck.

      Ob sie dem Druch standhalten kann, oder man sie mit einem von Armbrustbolzen perforiertem Antlitz in einer Bruchtaler Garage auffinden wird, muss die Zeit zeigen.

  • Vor 8 Jahren

    Sie kriegt doch nur eine schlechte Bewertung, weil sie auf elbisch singt. Das ist doch hier immer so.