laut.de-Kritik

Ein paar Akkorde und die Wahrheit.

Review von

Katarina Pejak gilt zwar noch als Geheimtipp, man könnte sie aber als Carole King der 2020er bezeichnen. Die serbische Singer/Songwriterin, die in Südwest-Frankreich lebt, findet für ihren mitunter Beatles-geprägten Midtempo-Pop manch tolles Jazz-Arrangement, grandios auf "Woman", "Jeremy's Boat" und dem Kontrabass-Cover "Money" aus dem Pink Floyd-Katalog, mit Trommelwirbel, Bar-Piano, starken instrumentalen Freiflächen und neu betontem Text. Wer hätte geahnt, dass sich der abgedudelten Nummer noch ein wirklich frischer Spin mit elektrisiert-psychedelischen E-Orgel-Sounds abgewinnen lässt?

Im Blues beheimatet, den sie in "Honey Jar" der Wood Brothers heraus hängen lässt, legt Pejak mit "Pearls On A String" ein facettenreiches, melodieseliges, fokussiertes, zuhörfreundliches, interessantes und recht ruhiges Storyteller-Album vor. Zwischen countryeskem Steel-Sound ("Too Late", "It Only Takes A Song"), schwebendem k.d. Lang-Pop ("Sunglasses") und "Lady Madonna"-Rock mit explosiver Lead Guitar in Frampton-Manier ("Excuses") unterhält sie auf ganzer Linie und mit Leichtigkeit spannend.

Das unaufgeregte Geschichtenerzählen Carole Kings, über Beziehungen und Abschiede, setzt sich mit einer vergleichbar angenehmen und schauspielerisch gestaltungsreichen Stimme fort. "Witness" ist ein Musterbeispiel dafür. "Pearls On A String" entfaltet sich grazil und mit lockerer Selbstverständlichkeit als unwiderstehlich für alle, die es gerne süß mögen: Süß locken die Harmonien genauso wie die Vocals. Alles ist verblüffend eingängig. Heraus hörbare Einflüsse wie Norah Jones' Frühwerk nennt Katarina selbst. Auch das Dramaturgische, Kurvenreiche in den Songs von Tom Waits, der in der Plattensammlung ihres Papas vertreten war, eines Jazzclub-Betreibers in Belgrad.

Die 33-jährige Keyboarderin und Pianistin, die einst die renommierte Berklee-School absolvierte, hat für dieses vierte Studioalbum erstmals selbst die Rolle der Produzentin übernommen, zusammen mit ihrem Ehemann, der Toningenieur ist. Katarina fand es spannend, jedem Song ein maßgeschneidertes Outfit an Instrumenten zu verpassen. Andererseits hält sie die Rolle von Arrangements für überschätzt, erzählt sie uns. "Vielleicht denken andere Musiker:innen mehr über Instrumentierung nach. Ich persönlich achte nicht darauf, um welches Instrument es sich handelt. Sondern darauf, was die Person, die es spielt, zu sagen hat. Das könnte dann auch ein Didgeridoo sein, und wenn ich die Art mag, wie die Person, die es spielt, denkt, wird es mir gefallen, unabhängig von der Klangfarbe."

Sich mit Katarina Pejak zu unterhalten, ist so angenehm, wie ihrer Gesangsstimme zuzuhören. Sie denkt über Klischees und ungeschriebene Gesetze nach und hinterfragt diese, was wohl auch dieses unorthodoxe Album begünstigt hat. Während sie mit vielen Strömungen von Soul bis Americana keiner Szene so wirklich angehört, ist sie auf einem Blues-Label unter Vertrag und performt auf Blues-Events. Dort fällt ihr auf, wie festgefahren die Szene manchmal ist.

"Je mehr ich mit unterschiedlichen Leuten spreche, desto mehr treffe ich schon auf Aussagen wie 'oh, ich kann Mundharmonika nicht ausstehen... oder Akkordeon oder Querflöte'. Dagegen hab ich übrigens noch nie jemanden in der Blueswelt sagen hören, dass er keine Gitarre mögen würde. Da herrscht universelle Liebe. Dadurch frage ich mich, ob es Instrumente gibt, auf die sich Leute mehr einigen können oder die einfacher kommunizierbar sind. Okay, der Blues wurde ja quasi auf der Gitarre entworfen. Aber: Das rechtfertigt keine 'closed-mindedness' und erklärt auch nicht vollständig, warum Gitarren-Blues so eine große Nische wurde. Der Shredding-Kult führt aber weit weg von dem, was Blues ist: ein paar Akkorde und die Wahrheit."

Der Blick der Tastenspielerin auf ihr Milieu wirkt erfrischend, ihr Album sehr warm und auch sehr wahr. Es flowt von zu Track zu Track und entflammt beim ersten Hören sofort die Herzen.

Trackliste

  1. 1. Pearls On A String
  2. 2. Jeremy's Boat
  3. 3. Woman
  4. 4. It Only Takes A Song
  5. 5. Notes On Boredom
  6. 6. Excuses
  7. 7. Witness
  8. 8. Money
  9. 9. Sunglasses
  10. 10. Honey Jar
  11. 11. Too Late
  12. 12. Slow Explosion

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