laut.de-Kritik

Das Allgäu tanzt den Dancehall-Bossa Nova.

Review von

"Verflixx'n'hoochnochmal", da scheint mir aber jemand scharf auf die Auszeichnung für den beklopptesten Albumtitel des Jahres zu schielen. Da lob' ich mir doch den Erstling: "Dancehalldisco" hieß der. Griffig. Damals wusste man auch gleich, was einen erwartet.

An ihrer Berufung hat sich nichts geändert: Noch immer versuchen sich Flixx'n'Hooch an Dancehall für die Disco. Partytauglichkeit ist gefragt, coole Grooves und gute Laune. "Wir tanzen heut' den Bossa Nova", verspricht das Duo aus dem Allgäu gleich zu Beginn, droht aber wenig später: "Es Kommt Ganz Anders". Stimmt: Musikalisch sollte man bei Flixx'n'Hooch tatsächlich mit allem rechnen.

Schräg quakende Synthiebeats mit Anflügen von Latin-Percussion ("Verflixx'n'Hoochnochmal"), hallende Keyboards mit dahinter entlang schummernden Streichern und getragenem Synthiepop-Vibe ("Hände Gehen Hoch"), verträumt-wattige Stimmungen ("Ich Will Mehr Sehen"): Alles drin.

"Tanzen Ist Der Auftrag" bedient sich mittlerweile hübsch antiker Computerspiel-Sounds. In "Einzigartige" sorgen Streicher und Kastagnetten für opulentes Flamenco-Gefühl. Mit all diesen Zutaten würzen Flixx'n'Hooch - respektive Bassrunners Luke Rich, der für den Großteil der Produktion verantwortlich zeichnet - taugliche Dancehall-Riddims, deren Detail- und Variantenreichtum amüsiert und mitreißt.

Um die inhaltliche Bandbreite ist es schon weniger gut bestellt. Wie die Titel - "Hände Gehen Hoch", "Party Hard", "Tanzen Ist Der Auftrag" - vorsichtig vermuten lassen, haben Flixx'n'Hooch den Soundtrack für ausgelassene Feierei in "Rudeboy, Rudegyal"-Kreisen im Sinn. Mehr nicht. "Hier In Deutschland" beleuchtet noch oberflächlich die einheimische Dancehall-Szene, ein Gruß geht raus an "Geschichtenerzähler", ein weiterer an die "Einzigartige".

"Ich Will Mehr Sehen", fernweht es ein bisschen. Einzig dieser Tune und "Never Give Up" transportieren den Hauch einer über den Club hinaus reichenden Botschaft. Was solls, das Ganze ist eben ein "Sommerding". Der inhaltliche Schmalspurkurs lässt sich in Badeshorts am See oder beim Schweben über eine brodelnde Tanzfläche schon aushalten.

Viel bedauerlicher wirkt die Blässe der Vocals, die insbesondere in gesungenen Passagen ins Auge springt. Wenn dann noch abgedrehte, charakteristische Stimmen wie die von Ward 21 oder Cookie The Herbalist ins Spiel kommen, stehen Flixx'n'Hooch doppelt bleichgesichtig da. In den Strophen, in denen sich die beiden so blendend gelaunt wie flüssig einen abtoasten, tritt dieser Makel zwar etwas in den Hintergrund, nagt dort aber munter weiter.

Möglicherweise treffen wir aber auf ein altvertrautes Problem: Wie beim Kollegen Slonesta macht sich auch hier der Eindruck breit, dass das Gebotene live dargereicht amtlichen Spaß garantieren könnte. Beim Weg in die Konserve haben Flixx'n'Hooch allerdings einiges an Aroma eingebüßt.

Trackliste

  1. 1. Verflixx'n'hoochnochmal
  2. 2. Es Kommt Ganz Anders
  3. 3. Hände Gehen Hoch
  4. 4. Party Hard feat. Ward 21
  5. 5. Hier In Deutschland
  6. 6. Geschichtenerzähler feat. Emiliano & Bjahm
  7. 7. Gut - Schlecht
  8. 8. Ich Will Mehr Sehen
  9. 9. Rudeboy, Rudegyal feat. Serengeti
  10. 10. Tanzen Ist Der Auftrag
  11. 11. Sommerding
  12. 12. Never Give Up feat. Cookie The Herbalist
  13. 13. Wir Schweben
  14. 14. Einzigartige

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