laut.de-Kritik

Warum nicht mal auf Deutsch?

Review von

Wer hat nicht alles die Hände vors Gesicht geschlagen, als im vergangenen Jahr die Nachricht von einem bevorstehenden deutschsprachigen Album der Donots die Runde machte? Auch ich gehörte dazu. Selbst im näheren Umfeld der Band gab es vermutlich den einen oder anderen Zweifler, schließlich standen Texte in deutscher Sprache noch nie so wirklich zur Debatte.

Nun kam aber wohl irgendwie eins zum anderen. Ein paar kurze Jams, überraschte, grinsende Gesichter, und dann war sie plötzlich da: die Lust auf den Sprung ins kalte Wasser. Warum auch nicht? Es kann ja auch nicht so schwer sein, international konkurrenzfähige Musik mit kitschbefreitem einheimischem Vokabular zu vereinen.

Nun, ganz so einfach gestaltete es sich dann wohl doch nicht. Donots-Texteschreiber Ingo Knollmann habe wochenlang gebraucht, um seiner eigenen Sprache näherzukommen, so die Band. Oh je, wenn davon die Pegida-Gefolgschaft Wind bekommt ... Vielleicht hören sie aber auch zuerst den Song "Dann Ohne Mich", aus welchem Autoradio er ihnen auch immer entgegenschallen möge. Der wird dem frustrierten, sich von innen und außen bedroht fühlenden "Volk" sicherlich gefallen.

Hier gibt sich Ingo in punkto deutlicher Aussprache nämlich besonders große Mühe. Nur über den Inhalt würde aller Voraussicht nach heiß diskutiert werden. Mit einem Statement wie "Kein Mensch ist illegal" kann man in den Reihen der islamfeindlichen Protestierer in Dresden und anderswo dieser Tage bekanntlich nur sehr wenig anfangen.

In gesellschaftsfähigeren Kreisen hingegen dürften derart klar auf den Punkt gebrachte Sichtweisen Applaus zur Folge haben. Richtig so, man kann fleischgewordenem Stumpfsinn gar nicht oft genug ans Bein pinkeln.

Musikalisch macht der Song übrigens auch etwas her. Mahnende Ohohoh-Chöre treffen auf überdurchschnittlich arrangierte The Clash-Erinnerungen. Ähnlich rückblickend gingen die Ibbenbürener bereits auf ihrem letzten Studioalbum "Wake The Dog" zu Werke.

Auch der Rest von "Karacho" präsentiert eine Band, die schon lange nicht mehr nur unter dem Punkrock-Banner ihre Spuren hinterlässt. Zwischen schepperndem Alternative-Rock ("Ich Mach Nicht Mehr Mit", "Du Darfst Niemals Glücklich Sein"), Offbeat-lastigen Gute-Laune-Klängen ("Problem Kein Problem") und knatterndem Hinterhof-Krach ("Kaputt", "Hier Also Weg") haben die Gebrüder Knollmann und Co. eine Nische gefunden, an deren Pforte sich Mainstream-Freunde und Underground-Fanatiker gleichermaßen begeistert auf die Schenkel klopfen.

Da hat sich mittlerweile so viel Selbstbewusstsein angesammelt, dass man bei drei Songs sogar komplett auf den Einsatz von verzerrten Gitarren verzichtet hat. Abermals fragt man in die Runde: Ja, warum auch nicht? Poppige U2-Strukturen ("Weiter"), Folk-Rock-Experimente ("Immer Noch") und kurzweilige Frank Turner-Kniefälle ("Hansaring, 2:10 Uhr") lassen das Donots-Herz genauso kräftig schlagen wie gewohnter, zwischen Stadion und Kleinclub pendelnder Distortion-Rock.

Am Ende überrascht aber die Tatsache am meisten, dass der vermeintlich ach so Ängste schürende "Sprung ins kalte Wasser" kaum ins Gewicht fällt. Die Donots kommen nämlich auch mit der Muttersprache ans Ziel, und das schnörkellos, ohne Umwege und mit "Karacho". So, und nun schwimmt mal schön weiter in den neuen Gewässern.

Trackliste

  1. 1. Ich Mach Nicht Mehr Mit
  2. 2. Dann Ohne Mich
  3. 3. Junger Mann Zum Mitleiden Gesucht
  4. 4. Problem Kein Problem
  5. 5. Du Darfst Niemals Glücklich Sein
  6. 6. Kaputt
  7. 7. Weiter
  8. 8. Kopf Bleibt Oben
  9. 9. Hier Also Weg
  10. 10. Straßenköter
  11. 11. Das Ende Der Welt Ist Längst Vorbei
  12. 12. Besser Als Das
  13. 13. Immer Noch
  14. 14. Hansaring, 2:10 Uhr

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